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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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unsereins ohne Unterlaß beschützten, bis die Zeit kam, um uns abzuservieren. Lieber hätte ich Lester in den Armen gehalten; ich befürchtete, mich später, nach Jahren, nicht mehr daran erinnern zu können, wie er sich anfühlte, obwohl ich wußte, was für eine alberne Sorge ich da hegte. Der Sonnenuntergang war so schön, daß er mir schmerzliche Wehmut einflößte. Gott nimmt sich wahrhaftig bevorzugt der Details an; Göttin macht sich nur durch ihre Abwesenheit bemerkbar, und ich sah keine Anzeichen für Regen.

E L F
    Drei Stunden danach brachten Jake und Bernard mich eilends erneut zum Auto, drängten mich beim Einsteigen; Thatcher saß bereits im Wagen. Nach der Rückfahrt zur Dryco hatte man mich in meinem Büro eingeschlossen, nicht anders, als läge Fluchtgefahr vor. Für eine Weile hatte Thatcher sich zu mir ins Büro gesetzt; als er nach einiger Zeit ging, hatte er weder eine Erklärung geliefert noch mir irgendwelche Schlußfolgerungen zu ziehen ermöglicht.
    »Was macht ihr mit ihm? Wo ist er?«
    »Du mußt uns den Fall regeln lassen, Schatzi«, sagte Thatcher. »Du nimmst das ernster, als es sein müßte …«
    »Solchen Quatsch will ich nicht hören«, erwiderte ich. »Was für Papiere hat Avi da gehabt? Würdest du mir bitte einmal etwas anderes als Lügen erzählen?«
    »Was sollten wir Ihnen sonst bieten können, meine Liebe?« fragte Bernard. »Falls Sie die Wahrheit zu ertragen fähig sind, werde ich Sie Ihnen gerne mitteilen, das wissen Sie.«
    »Die Papiere beweisen, daß Mitarbeiter Otsukas sich im Frühjahr an Lester rangemacht haben«, sagte Thatcher, blickte durch die Windschutzscheibe voraus auf die schmale Straße. »Er hat's zugegeben. Weiter soll, behauptet er, nichts gelaufen sein. Wir haben keinen Grund, um etwas anderes zu glauben. Er sagte, ihm wäre erst vorgestern eingefallen, daß die Kontaktaufnahme mit Otsuka im Zusammenhang gestanden haben könnte. Es wären keine Japaner gewesen, die sich an ihn gewandt hätten, sagt er. Das ist gar keine erfreuliche Geschichte.«
    »Anscheinend hatte Otsuka die gleichen Gerüchte wie wir gehört«, ergänzte ihn Bernard, »und durch seine Agenten ähnliche Optionen vorgeschlagen. Er hat sich bloß nicht so tüchtig wie wir um ihn bemüht, und sicherlich hatte er auch keinen so guten Köder zur Verfügung. Es kann Spekulation sein, aber ich bezweifle, daß bei ihrem Vorgehen Theologie eine große Rolle gespielt hat. Ich denke mir, messianische Wahnvorstellungen mit Shintoismus zu vereinbaren, dürfte sich als problematisch erweisen.«
    »Ich finde es noch immer komisch«, sagte Thatcher, »daß die Europäer sich nicht reingehängt haben …«
    »Wahrscheinlich haben sie es ebenfalls versucht«, mutmaßte Bernard. »Was soll jemand bei so vielen Bewerbern bloß machen?«
    »Wenn er mit niemandem von ihnen etwas zu schaffen gehabt hat, welchen Unterschied bedeutet es dann, daß sie ihn kontaktiert haben?« fragte ich. »Wozu diese Aufregung?«
    »Er hätte sich mit ihnen einlassen können«, antwortete Thatcher, als wäre nun das eine Erklärung. »Er hat's zwar nicht … Aber möglich wär's gewesen.«
    »Macaffrey ist zu besessen, um Geheimnisse für sich zu behalten«, sagte Bernard. »Das ist nicht gerade eine günstige Eigenschaft für eine Person, die die Art von Position einnehmen soll, die er, wenn es läuft, wie es hier manche gerne hätten, haben soll. Es ist doch so, daß er es als angebracht hätte betrachten müssen, uns über diese Annäherungsversuche zu informieren, aber er hat sie verschwiegen. Und Ihnen gegenüber hat er auch nichts erwähnt, da bin ich sicher …«
    »Das ist doch Irrsinn«, sagte ich. »Niemand hat mehr Geheimnisse als Sie und Thatcher.«
    »Von denen er, seit er bei uns arbeitet, eine Anzahl erfahren hat. Und er hat eine unheimliche Begabung, sich ausgerechnet in Situationen einzumischen, von denen er besser die Finger ließe. Es führt kein Weg dran vorbei, Joanna, dem großen Meister muß eine Lehre erteilt werden.«
    »Nicht mal 'n Messias darf sich einbilden, er könnte sich alles erlauben, was ihm gerade paßt«, sagte Thatcher. »Haben wir schon Nachricht von Susie erhalten? Müßte sie nicht inzwischen dort sein?«
    »Sie landet jetzt erst, Thatcher. Warten Sie bis neun oder neun Uhr dreißig. Lassen Sie sie doch erst einmal eintreffen, ja?«
    »Ich habe bloß gefragt …«
    »Was geschieht mit Lester?« fragte ich nochmals. »Wo ist er?«
    »Bitte beruhige dich, Schatzi«, sagte Thatcher. »Wir

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