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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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Armeefahrzeuge, die unterwegs zum Javits Center waren, fuhren unaufhörlich die Straße hinunter. Untersuchungen der Armee hatten ergeben, daß der normale Straßenverkehr hier zu jeder Stunde und an jedem Tag weniger als einen halben Meter pro Minute vorankam.
    »Gehen wir ostwärts«, sagte ich und hielt sie fest an meiner Seite, um zu verhüten, daß sie von der Menge fortgerissen wurde. »Dann hinunter durch Murray Hill. Das wird am einfachsten sein, denke ich.«
    Um den Raum am produktivsten zu nutzen, stellten die meisten Geschäfte entlang der 34. ihre Waren al fresco aus, durch Markisen, die einst in farbigen Tönen gehalten, aber jetzt rußverschmiert waren, gegen die Witterung geschützt. So hatten sie sich meterweit auf den Gehsteig hinausgeschoben und erst dort halt gemacht, wo die Trödler und fliegenden Händler in Viererreihen bis zur Bordsteinkante saßen. Eine weitere Untersuchung der Armee zeigte, daß die 34. Straße der einzige Ort in Manhattan war, wo der Straßenverkehr den Fußgängerverkehr auf den Gehsteigen überholte. Langsam und vorsichtig arbeiteten wir uns mit Ellbogen und Knien durch das Gedränge derer, die gekommen waren, um zu feilschen oder zu tauschen oder zu rauben. Diese Art von Menschenmenge störte mich am allermeisten; wollte man weiterkommen, war kaum zu vermeiden, daß man irgendwie jemandem mehr oder weniger bildlich gesprochen auf die Füße trat, und solche Beleidigungen wurden hier nicht übergangen.
    »O'Malley«, hörte ich jemand rufen.
    »Hast du das gehört?« sagte Avalon, die sich mit Mühe an einer Frau vorbeidrängte, die einen Kinderwagen zog; er war mit welkem Gemüse beladen.
    »Wir gehen weiter«, sagte ich.
    »Ich versuche es«, sagte sie.
    »O'Malley.«
    Ich steuerte Avalon vom Bürgersteig auf die Straße, um auf der anderen Seite einen Block weiter zu kommen, wo die Menschenmengen sich lichteten. Zwischen Broadway und Seventh Avenue wurde neben dem Mittelstreifen ein Hahnenkampf abgehalten; ringsum stand eine Menschenmauer von Wettlustigen, um zu sehen, welcher Vogel den Sieg davontragen und die Mittagssuppe für zwölf Personen verdienen würde.
    »O'Malley!«
    Jemand kam näher, holte hinter uns auf, und ich zog es vor, ihm aus dem Weg zu gehen, wer immer er war. Avalon und ich erreichten den Wagenstau auf der Straße und überkletterten ihn auf Stoßstangen, krochen über Kühlerhauben, wo es sein mußte, wichen zurück, wo Radfahrer mit Trillerpfeifen zwischen den stehenden Wagenkolonnen vorbeisausten. Ich hob sie über die Stacheln der 1A-Fahrspur und sprang dann selbst hinüber. Ein Halbkettenfahrzeug rumpelte auf uns zu, als wir die gegenüberliegende Reihe von Eisenstacheln überstiegen. Gräßliche Schreie stiegen aus dem allgemeinen Lärm. Wir sahen weg, als zwei junge Frauen und ein alter Mann flachgewalzt wurden; das Fahrzeug rollte weiter und ließ einen roten Teppich zurück.
    »O'Malley!« wiederholte die Stimme. »Halt!«
    Wir erreichten die Südseite der Straße, kämpften uns am Herald Center vorbei und schlüpften durch die Warteschlangen vor der Meldestelle der Armee für Freiwillige im Erdgeschoß. Zehn Stockwerke höher lief in Leuchtbuchstaben die ständig wiederholte Botschaft BESUCHEN SIE NEW YORK SOLANGE SIE KÖNNEN auf einem Gesims quer über die Fassade. Ich sah einen Bus die Seventh Avenue herankommen und in unserer Nähe am Straßenrand halten.
    »Halt!«
    »Was sollen wir tun?« fragte Avalon.
    Der Bus hielt; Fahrgäste purzelten heraus, andere stießen und drängten sich hinein, sprangen an Bord, kletterten aufs Dach.
    »Einsteigen!« sagte ich und stieß sie vorwärts. »Wir werden ihn abhängen und wieder aussteigen. Dann untertauchen. Schnell!«
    Avalon und ich waren die letzten zwei, die sich hineinquetschten, bevor die Tür sich schloß. Wir staken zwischen Passagieren auf den oberen Stufen des Einstiegs und der Tür, die Arme an die Seiten gepreßt, unfähig zu jeder Bewegung, die Körper gegeneinander gequetscht, als wollten wir eine Vakuumversiegelung erproben. Hätten wir normal atmen können, wäre es durchaus erregend gewesen, ihr so nahe zu sein. Etwas krallte an meinem Rücken. Ich blickte über die Schulter. Es war eine Hand, die sich an mir festhielt. Aus den Augenwinkeln sah ich einen Mann neben dem Bus herlaufen. Sein Arm war in die Tür eingeklemmt, doch wollte er seinen Platz anscheinend behaupten; er sprang leichtfüßig über Schlaglöcher, machte hohe Sätze, um anderen Fahrzeugen zu entgehen. Der Bus

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