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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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hinter seiner Schutzscheibe nach; wir schwangen uns über die Drehkreuze. Als wir in vollem Lauf auf den Bahnsteig kamen, sahen wir einen Zug halten und sprangen an Bord, als die Türen zuknallten. Einer unserer Verfolger, der nahe herangekommen war, versuchte aufzuspringen; schreiend fiel er unter die Räder des anfahrenden Zuges. Wir gingen durch zum letzten Wagen, weil wir wußten, daß er der leerste sein würde.
    »Wohin jetzt?«
    »Der Zug fährt stadteinwärts«, sagte ich. »Also …« Der Zug klirrte und schwankte mit acht oder zehn Stundenkilometern dahin.
    »Was ist die nächste Haltestelle?«
    »Vierzehnte, glaube ich.«
    »Wo wir anfingen«, seufzte sie.
    »Wir können uns ein paar Minuten entspannen«, sagte ich.
    Wir waren nicht allein im Wagen. Da waren ein paar Bourgeois, aus irgendwelchen Gründen gezwungen, sich mühsam durchzuschlagen; ein Typ in einem grünen Hemd, der abwechselnd an seinen Ohren zog – sie bluteten bereits; ein Betrunkener, der am Boden, wo jemand sich erleichtert hatte, seinen Rausch ausschlief, mehrere Penner, die ihre Habseligkeiten in Plastiktüten zwischen den Füßen abgestellt hatten. Ein Mann, nicht armselig gekleidet, saß ein Stück weiter hinten, und als ich hinsah, beugte er sich plötzlich vor und übergab sich auf Hose und Schuhe. Die meisten Wagenfenster waren herausgebrochen, nur die Hälfte der Lampen brannte; wir blieben am Ende des Wagens, auf Distanz von den anderen.
    »Besser als der beschissene Bus«, sagte Avalon.
    Die Tür zum nächsten Wagen rollte zurück, und sechs junge Frauen – vier schwarze, zwei weiße –, in zerrissenes Drillichzeug gekleidet, kamen herein. Jede trug einen Fes. Sie schleppten meterlange Ketten; eine hatte einen langen Pfahl geschultert, auf dessen Eisenspitze eine tote Ratte gespießt war.
    »Die sehen nicht aus, als hätten sie Liebes im Sinn, Schami«, sagte Avalon. »Und dieser verdammte Zug kriecht bloß dahin.«
    »Beachte sie nicht«, sagte ich und tätschelte ihren Arm. »Sicherlich sind sie Schwarzfahrer wie wir alle.«
    Die Anführerin – schlaksig, mit blauvioletten Lidschatten – blieb bei dem Mann stehen, der sich erbrochen hatte und noch würgte. Einen Augenblick betrachtete sie ihn, dann zog sie ein Spitzeisen und stach ihm die Augen aus. Er hörte entsetzt auf zu würgen; als er am Boden lag, bearbeiteten sie ihn ausgiebig mit den Stiefeln.
    »Könntest du die beiden Kleinen übernehmen, wenn es nötig sein sollte?« murmelte ich.
    »Leicht.«
    Lidschatten beriet mit ihren Gefährtinnen; ich sah die Farbmarkierungen an ihren Jacken. Sie gehörten einer der eher problematischen Banden an, die sich ›Liebesgeflüster‹ nannte.
    »Ja«, sagte sie und deutete mit einem Kopfnicken auf uns. Sie lächelte; mehrere ihrer Vorderzähne waren gezogen.
    »Leichtes Spiel hier, Schwestern«, sagte eine andere.
    »Wir überraschen sie«, flüsterte ich aus dem Mundwinkel. »Wirkt immer.«
    Sie kamen herangeschlendert, schleiften ihre Ketten hinter sich. Die kleineren schienen Zwillingsschwestern zu sein. Eine besonders Häßliche bildete den Schluß; bei näherem Hinsehen wurde mir klar, daß ihre Nase zur Hälfte abgebissen war. Die mit der Ratte legte ihren Pfahl auf den Boden, als sie näherkam. Die Schlußfrau hatte Sumo-Format und war mit einem Eisenrohr bewaffnet. Sie umdrängten uns lachend. Der Rest des Wagens leerte sich.
    »Schätzchen, bist du extra hier herunter gekommen, um uns zu sehen?« fragte Lidschatten Avalon. Ihre Finger umfaßten die Kette fester.
    »Schlampe, was machst du hier mit unserem Percy?« fragte die Häßliche. »Wie ein Rattenschiß sieht er aus«, sagte eine der Zwillinge.
    »Wie kommt es, daß du so still bist?« fragte Lidschatten. »Will dein Freund hier, daß du dich benimmst, wenn wir bösen Mädchen da sind?«
    »Scheiß dich nicht um sie, wenn du ihn willst, kannst du ihn haben …«
    Das Rattenmädchen zündete ein Streichholz an und schnippte es mir gegen die Brust. Ich wischte es weg und lächelte.
    »Das läßt dich kalt, wie?« sagte sie und schnippte ein zweites Streichholz auf mich, das ich auch wegwischte. Die Häßliche zog Avalon am Pullover näher.
    »Laß uns bumsen, Schnalle. Mädchen mit Mädchen.«
    Avalon entwand sich ihr mit einer Drehung. Die Häßliche packte sie bei den Armen und zog sie ihr auf den Rücken, daß Avalon sich vornüber beugen mußte und gegen die Wand gedrängt wurde. Sie sahen den Riß in ihrer Jeans und lachten noch mehr.
    »Die waren schon

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