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Ambient 04 - Terraplane

Ambient 04 - Terraplane

Titel: Ambient 04 - Terraplane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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auf und hielt sein Laken einhändig vor sich. Mein Anzug, von Dryco gestellt und natürlich von bester Machart, war aus leichtem Baumwoll-Leinen-Mischgewebe; mit dem anhaftenden Schmutz und seinen Knitterfalten sah er aus, als ob er von einem Panzer überrollt und untergepflügt worden wäre.
    Doc gab sich mit einem Kopfnicken den Anschein des Verstehens. »Wie fühlen Sie sich, Miss?« erkundigte er sich. »Möchten Sie baden?« Ihr Laken schälte sich von ihr, als sie dastand; Doc wandte den Blick ab, angesichts der Nacktheit anscheinend nicht so unbefangen, solange kein Behandlungstisch in der Nähe war, die nötige Schicklichkeit zu garantieren.
    »Zu früh für das Gefühl von Wasser auf der Haut«, sagte sie, kniete vor einem der Koffer und griff hinüber zum anderen, wobei sie das linke Bein zur Wahrung des Gleichgewichts hob. »Mein Name ist Oktobrjana. In meiner Familie wurde ich Chada genannt, wenn Sie das leichter auszusprechen finden.«
    »Ich könnte Sie nicht Kind nennen, Miss …«
    Wanda kam hereingewatschelt; sichtete Oktobrjana und blies die Luft von sich. »Ziehen Sie sich etwas an, Mädchen!« rief sie aus. »Sehen Sie nicht, daß die Fenster offen sind?« Oktobrjana, entnervt, zog sich ein Hemd über die obere Hälfte. Wanda bemerkte Jake, der sich hastig in sein Laken hüllte. »Allesamt splitternackt! In meinem Haus …«
    »Wo sonst sollen sie sich anziehen, Wanda?«
    »Wie, wenn ein Polizist hereinschaute und Sie beide hier mit ihr sähe? Wie sie mit bloßem Hintern herumläuft, als ob sie das Hauptgericht in einem Selbstbedienungslokal wäre. Das ist nicht die Art und Weise, wie Sie sich hier aufführen können.«
    »In Ordnung, Wanda«, sagte Doc und entfernte sich korridorwärts. »Jake, Luther, hier entlang.«
    »Wollen Sie uns alle vor den Polizeirichter bringen?« fuhr Wanda fort, als sie Oktobrjanas Zögern bemerkte. »Die beiden wollen vielleicht sehen, was ihnen fehlt, Mädchen, aber ich nicht. Ziehen Sie sich was über, und ein bißchen schnell, wenn ich bitten darf!«
    Auf der Schwelle zum Bad blieben wir wie vor den Kopf geschlagen stehen; türkische Waschräume waren weniger primitiv. Jake starrte die Toilette an, als überlegte er, wie er sie entwaffnen könne.
    »Um die Zeit motzt sie immer herum«, sagte Doc. »Suchen Sie was, Jake?«
    »Wissen Sie, wie die gespült wird?« fragte Jake, die Klosettschüssel beäugend. Doc hielt sich eine Hand vor den Mund, um nicht eine unhöfliche Bemerkung zu machen.
    »Sehen Sie diese Kette mit dem Handgriff daran? Tun Sie, was Sie tun müssen, und wenn Sie fertig sind, ziehen Sie kräftig daran.« Oben sichteten wir einen gußeisernen Kasten an der Wand, in dem die Kette über einen Hebel verwurzelt war. »Das ist die Badewanne«, fuhr Doc in seiner Erklärung fort. »Wenn Sie duschen wollen, benutzen Sie die beiden oberen Knöpfe dort.«
    »Erkannt«, sagte Jake, langte am Duschvorhang vorbei und drückte die Knöpfe mit den Fingern.
    »Sie sind zum Drehen«, sagte Doc. Von der Korridortür fügte er hinzu: »Sie brauchen nicht beide gleichzeitig zu gehen, wenn Sie nicht wollen. Wir haben genug Wasser.«
    »Unbeabsichtigt«, sagte ich, schloß die Tür und setzte mich auf den Klosettdeckel. Unter den freistehenden Beinen der Badewanne zeigten sich Sedimente eines Seegrundes, eine Fülle von Leben. Während ich mich rasierte, fragte ich mich, welche Empfindungen von dem frühmorgendlichen Ringen, dessen Zeuge ich gewesen war, zurückgeblieben sein mochten, hatte aber kein Verlangen, mich zu erkundigen. Als Jake entwannte, sah ich, daß er sich darin angezogen hatte; der gewaschene Anzug hing triefend von seinem Körper, das Elfenbeinweiß wiederhergestellt.
    »Alkalisch«, bemerkte er, nachdem er mit dem Finger einen Wassertropfen zur Zunge geführt hatte. »Lockert das Gewebe auf, wenn übermäßig benutzt.«
    »Also laß es lieber.« Während Jake sich im Spiegel musterte, machte ich mich fertig und stieg in die Wanne. Unter dem spritzenden, gurgelnden Wasser, dessen harte Strahlen nach meinem Gefühl mehr juckten als wuschen, bedachte ich die Leichtigkeit, mit der man, wenn man wie ich auf wechselnde Verhältnisse vorbereitet war, in eine fremde Kultur gleiten konnte. Vor Jahren war ich zum ersten Mal mit meiner ausgewählten Mannschaft inkognito nach Neuguinea gegangen, vorgeblich als Wanderer, um für eine Weile mit dem Alltagsleben der Bevölkerung zu verschmelzen und so unsere ausgewählten Schlüsselpersonen zu bearbeiten, bevor

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