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Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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angebracht hatten, die Anbetung von Ikonen fortzusetzen, die in keiner Weise mehr den Menschen darunter ähnelten. Wann war meine Verkleidung abgefallen? War sie noch vorhanden? Sein Medusenhaupt zeigte sich, als seine in jener Nacht von seinem Gesicht abfiel; ich wußte nicht, wie ich ihm gegenüber jemals wieder anders als aus Stein entgegentreten konnte. Seine Augen tränten; er bewegte seine Füße, als würde er vor einem Alptraum davonrennen. Bevor mein Mann sich wiederverkörpern konnte, verließ ich sein Zimmer und lief zu meinem eigenen. Mehrere Stunden später hörte ich ihn vorbeikommen; ich lag immer noch schlaflos und sah überall Ohren, sobald ich augenschloß. Er klopfte zweimal; rief meinen Namen durch die doppeltverriegelte Tür.
    »Vergib«, sagte er und ging fort. Als ich glaubte, etwas in mir strampeln zu spüren, zog ich die Decke über den Kopf und dachte an mein Baby; war nicht mehr sicher, ob mein Bild von ihm immer noch, wenn überhaupt jemals, seinem Aussehen entsprach.
     

11
    »Danke, daß Sie gelogen haben«, sagte ich zu Malloy.
    »Das ist eine der anspruchsvolleren Künste«, sagte er und zog meinen Stuhl zurück, nachdem uns der Oberkellner zu unserem Tisch geführt hatte. »Zu lügen fällt leicht, gut zu lügen sehr schwer. Als Leverett fragte, wo Sie wären, sagte ich ihm, ich hätte Sie beauftragt, gewisse unbestimmte Angelegenheiten bezüglich der morgigen Affäre zu lösen. Zuerst bestand er darauf, Sie zurückzuholen, aber ich wich solange aus, bis er verwirrt wurde; es dauerte nicht lange.«
    »Als Sie mich heute nachmittag riefen, konnte ich mir nicht vorstellen, was Sie gesagt hatten …«
    »Ich sagte, was er hören mußte. Eine kurzfristige Romanze, nicht mehr.« Malloy nahm seine Serviette vom Tisch und legte sie in den Schoß. »Willys Anwesenheit hat meinen Argumenten zweifellos zusätzlichen Nachdruck verliehen.«
    »War John in der Nähe …?«
    »Eine Weile, heute morgen. Dann schickte Leverett ihn los, um unsere Rückzugswege im Anschluß an die Festivität zu prüfen. War noch nicht zurück, als ich ging, um mich mit Ihnen zu treffen. Verzeihen Sie bitte, Isabel, aber ich kann mir Sie beide einfach nicht verheiratet vorstellen.«
    »Wir lassen uns scheiden, wenn wir nächste Woche zurückkehren«, sagte ich ihm. »Ich lass' mich scheiden. Doch was soll's …«
    »Dann hatten sie gestern noch einen ziemlichen Streit, wie?« fragte er; ich nickte, verlieh meiner eigenen Kunst einen zusätzlichen Schliff. »Dann entspannen Sie sich heute abend. Womit Sie in England immer rechnen können, ist ein gutes Essen.«
    Ein Wandbild im Saal, dessen unterer Teil durch die Köpfe anderer Gäste verdeckt wurde, war von oben durch hängende Gobelins mit mehrfarbigen Mustern verhüllt, die so kompliziert waren, daß sie von Schizophrenen gewebt schienen. Die sichtbare Illustration stellte eine Katze dar, die eine Riesenwurzel aus der Erde zog; ein Hund stand hinter der Katze und umklammerte ihre Brust mit seinen Pfoten, während weitere Kinder sich in Reihe an den Hund gehängt hatten. Hunderte von langen Schwertern und Messern hingen von der Decke und zielten auf die Gäste. An der Wand neben der Küche befanden sich schlecht gezeichnete Portraits einer Schwarzen Jungfrau, des letzten Ayatollah und des Kings dieser Welt, dessen silbernes Kostüm ihn als den Prächtigsten von allen erscheinen ließ. »Was ist das für ein Restaurant?« fragte ich.
    »Iranisch-polnisch«, sagte Malloy. »Höchst verdächtig multikulturell, aber wärmstens von jenen empfohlen, die es wissen müßten, sofern sie sich keinen Scherz mit mir erlaubt haben. Wollen mal sehen, was sie anzubieten haben.«
    Mit flinken Fingern tippte er unsere Begrüßung in das Tischkeyboard; die Speisekarte wurde monitoriert und listete die Vorspeisen und die Hauptgerichte auf. Jedes Gericht wurde mit trilingualen Beschreibungen kommentiert, die offenbar aus dem Farsi über das Polnische ins Englische übersetzt worden waren.
    »Gruftiges Geflügel«, las Malloy ab. »Verschiedene Schnitten aus Typisch Fleisch. Krabbenbeine von Lamm. Das klingt doch sehr vielversprechend …«
    »Mein Appetit leidet immernoch unter dem Jetlag«, sagte ich.
    »Meiner hat gerade die Datumsgrenze überquert.«
    Unser blonder Kellner mit Turban kehrte zurück und stellte eine Schale mit Karottenmarmelade und eine Flasche Hühnerfett auf den Tisch zwischen die elektrischen Kerzen. »Was möchtet ihr, Leute?«
    »Sollen wir ein Vabanque-Spiel

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