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Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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sich noch nie vereinnahmen lassen, selbst als die Firma es sich hätte leisten können, ihnen Sonderangebote zu machen. Das wird jetzt niemals geschehen. Wir haben das seit Jahren gewußt, vergessen Sie nicht, daß man den Deckel nur begrenzte Zeit auf den Unbelehrbaren halten kann. Er sollte dankbar sein, daß bislang alles so gut gelaufen ist.«
    Die Restauranttüren schwangen auf und schlugen gegen den Schreibtisch des Oberkellners; ein in Flammen stehender Mann stürzte herein und fiel bodenwärts. Er sah aus, als wäre er geteert worden; sein Rauch verdunkelte den Saal, während er sich durch den Teppich brannte. Zwei Kellner und einer der Köche hatten Feuerlöscher geholt und schäumten ihn ein, bis er gelöscht war. Es war möglich, daß die anderen Gäste zu verblüfft waren, um zu reagieren, aber ich bezweifelte es; sie und die nichtbeteiligten Kellner gingen unbeirrt weiter ihren Beschäftigungen nach, als wäre nichts Ungewöhnliches geschehen. Als der Oberkellner vortrat, um den Abtransport des Mannes zu überwachen, hob ein Gast am Nebentisch seine Hand. »Die Dessertkarte, bitte«, sagte er.
    »Scheint unser Stichwort gewesen zu sein«, sagte Malloy. »Die Situation ist unkontrollierbar, wie schon gesagt.«
    »Nicht so anschaulich«, sagte ich.
    »Stimmt. Wir verschwinden besser.« Er warf ein Bündel Banknoten als Bezahlung auf den Tisch, erhob sich und half mir beim Aufstehen. »Sie werden für den Rückweg eine Begleitung brauchen, wie gesehen. Sie werden da draußen inzwischen überall lauern.«
    »Wird es draußen genauso wie hier sein …?« fragte ich und ließ meinen Mund geöffnet, um den Geruch zu mindern.
    »Lebhafter«, sagte Malloy und hielt die rußgeschwärzte Tür auf. »Keine Angst.« Wir traten auf die Charing Cross Road hinaus und hielten uns nordwärts richtung Oxford Street, als eine Feuerblume aus dem Eckfenster hervorbrach, Glas verstreute und die Feiernden davonwirbeln ließ. »Foyles bekommt jedes Jahr etwas ab«, sagte er; sein Gesicht war vom Feuerschein gerötet. »Die Guy-Nacht ist wirklich einzigartig.«
    Sirenen-Singsang hallte von den Gebäuden wider, dann brausten Feuerwehrfahrzeuge vorbei; eines hob just dann ab, als es auf unserer Höhe war, und uns blieben nur Sekunden, uns in einen Eingang zu flüchten, um nicht in seinem Gefolge umgeworfen zu werden. In der Straßenmitte lag ein umgeworfener Bus, der in Flammen stand, während die Menge um dem Schein tanzte und Knallkörper in die Glut warf. Drei junge Mädchen, die mit Fackeln aus Zeitungen bewaffnet waren, jagten sich gegenseitig, lachend und kreischend. Eine Flüssigkristallwerbung an einem brennenden Geschäft spulte immer noch ihren Text ab: Cadbury-Schokolade ist gute Schokolade / Fahr mal wieder U-Bahn / Französischstunden an der Voicebox mit strenger Lehrerstimme 432A6. Die Kronen vieler Straßenpalmen standen in Flammen und ließen die Straße wie einen fackelgesäumten Tunnel erscheinen.
    »Geschieht dies jedes Jahr?« fragte ich, als wir uns wieder hinauswagten. Malloy nickte.
    »Irgendwie ganz gut, daß sie sich gelegentlich austoben können«, sagte er. »Das hier genügt für gewöhnlich.« Ein weiteres Gebäude in der Denmark Street loderte auf und explodierte. Die offensichtlich dafür Verantwortlichen rannten durch den Rauch. »Wir wollen einen kleinen Umweg machen und den Hauptfestivitäten ausweichen«, sagte er und wandte sich linkswärts in einen schmalen Durchgang. »Zittern Sie nicht so«, sagte er und nahm meinen Arm. »Ich werde Sie führen. Auf diesem Weg gelangen wir zurück zum Soho Square und zu Ihrem Hotel.«
    »Was werden Sie tun, nachdem …?« fragte ich.
    »Mich auf den Heimweg machen«, sagte er. »Vielleicht für einen schnellen Imbiß haltmachen. Schauen Sie mal dort. Man hat jemanden eingeflochten.«
    Als wir auf die Fahrbahnen kamen, die den Platz umgaben, sah ich, was gemeint war. Ein Strohgeflecht in Form einer Puppe stand neben der zentralen Parkstatue; aus dem flammenden Stroh kamen gespenstische Schreie. Die Umstehenden beantworteten den Schrei in gleicher Lautstärke und Intensität. Zuschauer blickten oben aus Fenstern; ihre Gesichter waren gelblich im Feuerschein.
    »Nehmen die Elvii hieran teil?« fragte ich.
    »Das hier sind alles ganz normale Londoner«, sagte er. »Vereinzelte Touristen kommen ebenfalls jährlich dazu, um an den Eskapaden teilzunehmen, wie in Pamplona. Doch jene, die dem King folgen, betrachten dies lediglich als weltlichen Exhibitionismus und

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