Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
Vom Netzwerk:
soll.«
    »Einzige Optionen«, sagte Judy, »unser Hals oder ihrer.«
    »Freunde«, sagte seine Schwester, uns erneut unterbrechend. Ein Speichelfaden hing von ihrem Mundwinkel herunter. »Seamus, Freunde?«
    »Freunde. Ja, Enid«, seufzte er. »Wenn ihr also jenes obskure Objekt der anderen Welt sucht und findet, kann der Elvii Heiland überredet werden und wird sich nach unseren Wünschen artikulieren und alle mit seinem Wort beschwichtigen. Sein Blitzstab wird den Zorn des Himmels auslaugen und nur klarsten Sonnenschein zurücklassen. Die Finger unserer Morgenröte werden mit liebender Zärtlichkeit streicheln, bis sie schwarz werden. Die Elvii verdienen ihren Heiland, so wie die Klarsichtigen uns verdienen.« Er schloß die Augen, als wollte er schlafen und wegträumen. Wiedererwacht sprach er von dem, was er erträumte. »In der vergangenen Welt wurde einst etwas Ähnliches versucht, wenn auch mit traurigem Ergebnis.«
    »Dryden versuchte es ohne E-Gestalt«, sagte Judy und fußnotete erneut: »Diesmal wird es noch trauriger ausgehen, mit Sicherheit.«
    »Freunde, Seamus.« Seine Schwester fingermalte grinsende Rundgesichter in den Staub auf Mister O'Malleys Schreibtisch. Auch wenn sie mental gehandicapt sein mochte, kannte sie das Emblem so gut wie jeder, andere. »Glücklich.«
    »Ja, Enid. Glücklich.« Seine Schwester schlug sich fröhlich auf die Knie, wobei sie ihre Hände purpurrot färbte, als sie ihre frischen Narben berührte. »Dann flieg halsbrecherisch«, sagte er zu mir und suchte schließlich doch meinen Blick, »hinüber und wieder zurück. Verberge dich im Gewand der List und geh hinüber. Suche und finde. Kehre zurück. Anschließend sollen das Neue reoptimieren, was noch vom Alten übrig ist.«
    »Wenn erfolgreich«, transponierte Judy, »werden wir messianisiert werden.«
    Mit seiner Hand zog Mister O'Malley die Hügel und Täler seines Gesichts nach, als wollte er seine Fingerspitzen auf den Bartstoppeln schmirgeln, um seinen Zugriff feiner und somit unspürbar machen; als wollte er sich davon überzeugen, daß er noch da war. Er musterte mich zweimal, bevor er seinen Blick wieder abwandte, und inkarnierte für einen Moment das Gesicht meines Mannes auf seinem eigenen; in wortlosem Ausdruck, daß er dem näher gekommen war, wonach jeder – alle – suchten.
    »Alles gut«, schloß er. »Bis zum lieblichen Ende der Zeiten.«
    Fensterwärts flackerten Perlen aus blauem Feuer auf und fielen von einer immer wieder geflickten Schnur. »Eher«, hörte ich Judy murmeln, als wir uns von seinem Schreibtisch zurückzogen.
     
    Zwischen Lift und Ausgang sah ich die tausend Gesichter von Dryco. Ihre Herrlichkeit manifestierte sich in der neuen roten Lobby, auf dem Steinfußboden, unter den Gewölben und Bögen und Simsen. So umraumt erfuhr ich das Gefühl des Eingesperrtseins: im Herzen eines Wals gefangen oder im blutigen Mutterleib von Gottheit. Vielleicht war es blasphemisch, eine religiöse Metapher so mit weltlicher Wahrheit zu vermengen, aber die meinige ist eine gläubige Blasphemie. Mutter Kirche knechtete John und mich: Wir nahmen die Revidierten Visionen von Joanna als Wahrheit; in der Verzweiflung fanden wir – obgleich wir jetzt nicht mehr fanden – Trost in Ihrer Gnade; glaubten wie alle anderen an Gott und Gottheit, die Zweieinigkeit, die Ihre Welt beschützten, auf daß, wenn der Tag kam, Sie alles zerstören und eine kosmische Reoptimierung verfügen mochten.
    Ihr Wettbewerb war verborgen, wenn nicht spirituell präsent. E's güldene Statue drehte sich auf einem Sockel, inmitten all der anderen, mit denen Dryco diese Welt beschenkt hatte. Seine Ikone war vom Gut Dryden verschifft worden, nachdem Mister O'Malley das Besitztum saniert und hier für das Kommende wiedererrichtet hatte. E's tote Augen starrten blind auf seine potentiellen Verehrer; sein gewaltiger skulpturierter Bauch trug das Gewicht der ganzen Welt. Seine Gemeinden waren in der Mehrzahl und überstimmten jene, die Gottheit verehrten. Für meine Heidenkollegen und mich gab es kein Entkommen vor dem King.
    Die Elvii waren wie Heuschrecken: harmlos und sogar amüsant, wenn sie vereinzelt auftraten, in Masse jedoch erstickend. Sie schwärmten in ihre Messen und die Massenversammlungen, die sie als ElCons bezeichneten, beteten, redeten, hörten zu und posierten sich wie der King endlose Tage lang, sonderten sich von der Welt ab, um ihre wachsende Macht zu zelebrieren. Dann tauchten sie wiedererstarkt unter der ungeplagten

Weitere Kostenlose Bücher