Ambient 05 - Elvissey
Weise, alle vorherigen Terminationen verursachte. Das Alekhine-Gerät tötet und heilt gleichzeitig, glauben die Autoritäten. Aber …«
»Wenn benötigt«, sagte ich.
»Abwägung und Risiko«, sagte Tak. »Aber es ist da.«
»Dieser Bildschirm«, sagte John und fingerte einen leeren Rhomboid, der von einer Chromleiste eingerahmt war. »Katalysewerte? Aufklärungsspürer?«
»Uhr.«
Leveretts Pillen vertrieben meine anhaltende Dunkelheit mit unanständiger Hast. Zehn Stunden nach der Dosis verschwand mein Hautgrau unter verwaschendem Rosa und Purpur, als wenn sich in der Nacht ein von göttlicher Inspiration besessener Künstler über mich hergemacht hätte, während ich schlief, und ohne Warnung die gefundene Leinwand besudelt hätte.
»Bettwärts, Iz«, rief mein Mann mich am Vorabreiseabend durch unsere Badezimmertür. »Morgen wird schon allzubald gestern sein.«
»Laß die Pferde im Stall«, sagte ich, während ich entkleidete. Ich spülte mein plattgebügeltes Haar ein letztes Mal und rieb zusätzliche Blondheit in jede Strähne, um meine Bleichung abzuschließen. Ich stellte mich nackt vor den Spiegel und betrachtete mich durch blaue Linsen, die nach Wunsch rekonstruiert und ein Kunstwerk waren: zitternde Venus am Meeresstrand, ein reoptimierter Einwohner, um am besten unserer ewigen Stadt zu dienen, der weder schwarz noch weiß, sondern gülden aussah. Ich betrachtete mein neues und für immer unvertrautes Ebenbild, besorgt und angezogen. Wie lange würde ich brauchen, um zu vergessen, wer ich gewesen war? Würde sich meine Seele ändern, um sich meiner Erscheinung anzupassen? Hatte sie sich schon verändert?
Während ich meine Betrachtung fortsetzte, begann ich zu fürchten, daß diese Metamorphose eher eine Metastase war, die diesen Schrecken allzubald durch einen neuen ersetzen würde. Als ich in das Schlafzimmer trat, erlaubte ich meinem Mann, mich zu sehen. John lag gebettet, starrte deckenwärts, konfrontierte die Dunkelheit.
»Iz …?« flüsterte er.
»Werde ich durchgehen?« fragte ich und lehnte mich neben ihm zurück, Leiche an Leiche. Als er sich zu mir umdrehte, zuckte er wie galvanisiert zusammen. Er stützte sich auf einen Ellbogen und betrachtete mich lange, ohne etwas zu sagen. John studierte mich so eingehend, wie ich selbst mich studiert hatte, sah immer wieder mein aschenes Haar, meine wäßrigen Augen, meine gebleichte Haut an. »Besser?«
»Ja«, sagte er. »Nein. Ja …«
»Was?« fragte ich.
»Beides. Alles. Iz …«
Er streichelte meine Schulter, als müsse er sich selbst beweisen, daß ich mehr als nur eine Wolke oder ein Alptraum und ebenso ungefährlich war. Leveretts Pillen sedierten John genauso wirksam wie seine alte Rezeptur, aber nicht so intensiv, und die zurückbleibenden Emotionen wurden um so stärker. Seine Trägheit hatte schon während des Nachmittags nachgelassen. Abends schien seine Seele beinahe wieder zum Vorschein zu kommen.
»Du bist katzenzüngig«, sagte ich. »Spuck's aus.«
»Konfusion überwältigend. Du schienst geisterhaft.«
»Töricht«, sagte ich und lächelte. »Du denkst wie immer ernste Gedanken.«
»Iz, es ist …«
»Was denkst du nun? Ist mein Aussehen besser oder schlechter?«
»Unsagbar«, sagte er. »Du bist weder noch. Etwas Drittes.«
Ich rollte mich bauchwärts und drückte mein Gesicht in das Kissen, als wollte ich meinen Atem ersticken. Ich wünschte, ich hätte einen Beichtvater zur Hand, der mir sagte, was ich denken sollte, damit ich sagen konnte, was gedacht wurde.
»Was besorgt, Iz?« fragte John. »Gesagt wie gesehen. Unsagbar weil …«
»Der ursprüngliche Zustand wird nach der Rückkehr wieder eintreten«, sagte ich. »Kopfhoch und augenblind bis dahin.«
»Unsagbar weil weder noch. Besser, schlechter: unanwendbar. Anders, sonst nichts. Schönheit übertrifft dennoch.«
Meine Gedanken pervertierten: Wessen Schönheit? Mit vorsichtigen Bewegungen streckte John seine Beine. In der Klinik hatten die Mediziner ihn für die Reise überholt und gelenkiger gemacht: geölt, aufgezogen und alle Gelenke eingehängt. Er warf sich auf mich wie auf ein Floß, hielt mein Gesicht wie eine Melone und küßte mich. Ich reagierte völlig. Momentlang war alles fast wie vorher. Ich rollte mit ihm, schlang mich herum, und er hielt und quetschte und stampfte. Aber als ich so unter ihm lag, besorgte ich mich erneut, spürte grundlos, daß er wieder anderswo war und vielleicht an andere dachte oder sogar an mich, wie ich
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