Ambient 05 - Elvissey
gewesen war. Diese Vorstellung löste mich ab, und obwohl ich es vorgezogen hätte, in meinem eigenen Körper zu bleiben, tat ich es nicht und erlaubte mir die Ablösung. Im Cybertraum, wie Kinder es nannten, wirklich genug um herzzureißen, sah ich mich selbst über dem Bett schweben und betrachtete ausdruckslos unser Gestrampel, fragte mich, wie es sich wohl anfühlen mochte.
»Iz …«
»Ja …?« sagte ich unsicher, von welcher meiner Gestalten die Stimme kam.
»Bist du hier …?«
»Warum?«
Als er sich in mich zwängte, kam er jedesmal mit Hammerschlägen herunter. Während er wütete, dachte ich, er würde unwohl und langsamer werden, doch mit jedem heftigen Stoß wurde er nur um so rücksichtsloser. Ohne Warnung oder Wunsch taumelte meine Seele zurück in mein Fleisch und schmolz Körper mit Geist zusammen, bis beide blutig waren.
»Schmerz«, rief ich. »Du schmerzt mich, John …«
Seine Augenlider flatterten und ließen die leeren weißen Fenster aufblitzen, die sie verhüllten. Mein Mann verstummte, während er verletzte, klemmte mich unbewegbar ein und ließ sich nicht anmerken, ob er meine Klage gehört hatte. Mein Schrecken steigerte sich, als er unerwartet explodierte und sich schüttelte, als wäre er bombardiertes Land. Dann hustete er Minuten und ermöglichte der Luft, wieder in seine Lungen einzudringen. Ich klammerte mich beidarmig um seine große zitternde Weiße und versuchte ihm dann ebenso rücksichtslos, den Atem aus den Lungen zu drücken, als wollte ich ihn töten, solange ich noch konnte.
»Iz …« sagte er keuchend und befreite sich aus meiner Umklammerung.
»John ! « rief ich. »Stille, Ruhe, beruhige dich, John …«
»Wo warst du?« rief er, als er wieder zu Atem gekommen war.
»Wo? Bei dir …« Er seufzte, lag beruhigt auf mir, die Augen zusammengekniffen, rang mit sich und benetzte meine Haut mit Tränen. »Du hast geschmerzt, John …«
»Du warst abwesend«, sagte er. »Ich spürte dich verschwinden.«
»Vergib«, sagte ich. »Vergib, John, vergib, aber du hast mir weh getan.«
»Alles ist nichtig, wenn nur einer befriedigt ist. Warum bist du geflogen?«
»Ich dachte, ich war nicht ich. Ich dachte nicht, daß ich es war. Das Gefühl ist genauso anders wie das Aussehen.«
»Du hast so inspiriert …« sagte er.
»Ein Blondchen in deinem Bett hat dich so inspiriert, wie ich niemals zuvor.«
»Du, du, nur du …«
»Ich hätte sonstwer sein können«, sagte ich. »Das belegten deine Handlungen. Du hast mich noch niemals verletzt, John, besonders nicht bettmäßig.«
Mit vernarbten Händen trocknete er seine Augen. »Nicht mit dir«, sagte er. »Niemals absichtlich, nie. Niemals. Vergib, Iz, vergib …«
»Bisher haben wir immer wieder vergeben, ohne zu vergessen«, sagte ich. »Es ermüdet.«
»Ich bin weggetreten, Iz. Ich wollte nicht verletzen. Nicht dich. Niemals.«
»Also bist du weggetreten, und ich bin weggetreten. Endlich machen wir wieder Liebe, und dann ist niemand zu Hause.«
Wir lagen da und lauschten auf unsere Geräusche. Vielleicht erklärte das die Nichtwirkung seiner Drogen; er hätte sich komatös geblutet, wenn wirkliche Gewalt aufgetreten wäre. Vielleicht hatte ihn ein blendender Gefühlsüberschwang wegtreten lassen und die Liebe zu einer anderen allen Verstand überwunden. Nichts weiter, sagte ich mir immer wieder, bemühte mich zu glauben. Mein Mann wirkte hilflos wie ein gestrandeter Wal, wie er so dalag, seine Atmung sich verlangsamte und sein Schluchzen verklang. Die Uhr klickte Mitternacht; es war unser Abreisetag, und da sprach John wieder.
»Werden wir uns jemals reoptimieren, Iz?«
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Vergeben, vergessen«, sagte ich. »Zwei erneuerte Jungfrauen, die ihre Technik schleifen ließen. Nichts weiter.«
»Vermutlich«, sagte er und tätschelte mein Gesicht. Ich wollte nicht zurückweichen, fühlte mich aber nicht in der Lage, ihn schon so bald wieder zu berühren. »Zwölf Stunden bis zur Abreise nach drüben.«
»Beängstigt?«
»Nein. Du?« Ich log ebenfalls und kopfschüttelte. Ich fuhr meine Finger ein altes Flußbett entlang, das von seiner Wange topographierte, und bedauerte es, daß er eher Haß als Liebe mit mir gemacht hatte. »Was ist, wenn wir hinübergehen, Iz, und nichts ändert sich zwischen uns?« fragte er.
»Laß die Hoffnung während der Reise ruhen, John«, sagte ich. »Denk jetzt nicht mehr darüber nach. Wir werden es uns nach der Rückkehr nochmal überlegen. Das muß
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