Ambient 05 - Elvissey
Ereignisse unserer Reise detailliert und auch um Erklärung gebeten, warum die Medikation meines Mannes unwirksam geworden war. Leverett garantierte eine eingehende Untersuchung und schickte mich heimwärts; an jenem Nachmittag war John von Namenlosen aus den Tiefen von Dryco informiert worden, daß aufgrund Widersetzung gegen die Reoptimierung ungeachtet der Ursache seine Bezahlung für unbestimmte Dauer eingestellt wurde.
»Ich war es«, sagte er. »Du hast mich vorher nicht gesehen.«
»Nein«, sagte ich. »Du hast gehandelt wie trainiert, John.«
»Ich bin nicht mehr trainiert«, sagte er. »Ich bin redundant. Sie setzen mich ab.«
»Morgen werde ich mit Judy konferieren«, sagte ich. »Ich werde deinen Appell vortragen, ich weiß, daß sie darauf hören wird.«
»Ich werde hausgebunden wahnsinnig.«
»Du bist nicht inhaftiert«, sagte ich. »Komme und gehe nach Belieben in meiner Abwesenheit.«
»Ich kann nicht, Iz«, sagte er. »Es ist unmöglich …«
»Du bist ängstlich, allein zu gehen, nicht mehr.«
»Mehr«, sagte er. »Ich bin sprechunfähig, wenn ich zu erzählen versuche. Es ist …«
»Es ist vorübergehend«, sagte ich, obwohl ich befürchtete, es könnte länger anhalten; ihn anzulügen fiel mir jetzt viel leichter, fast so leicht wie Atmen. »Sobald er geheilt ist, wirst du wieder bedienstet werden. Bis dahin sind wir zusammen. Vielleicht könnten wir endlich Urlaub …«
»Urlaub ist vorbei«, sagte er. »Was wenn ich ausgezahlt werde? Es ist offensichtlich, daß sie mich nicht verändern können, was immer wir auch versuchen. Wir werden alle fort sein, sobald alles reoptimiert ist.« Er verstummte; artikulierte klanglos, als wäre er schlaggetroffen, hielt seine Hände vor sich ausgestreckt und wedelte sie wie ein Schwimmer. »Hier ist nur Halbleben, Iz. Das Gefühl ist unerträglich.«
»John«, sagte ich und verschränkte meine Finger mit seinen; schauderte, als ich seinen Griff fest wie um ein gefangenes Tier spürte. »Wir haben ein Volleben, wenn du es zuläßt. Bitte laß es zu.« Ich setzte mich in seinen Schoß und umarmte ihn, fühlte erneut seine Kühle wie auch schon vorabreisig, die eisige Distanz; als er sich gerade aufzuwärmen begann, klingelte das Telefon. Seufzend schaltete ich die Fernbedienung ein. »4370«, sagte ich nur unsere Nummer und nichts mehr durch den Raum.
»Isabel«, ließ Leverett seine Stimme durch unsere Wohnung bellen. »Die Erholung ist abgeschlossen, wurde mir mitgeteilt.«
»Nicht gänzlich.« Ich stand auf, obwohl er uns nicht sehen konnte; wir hatten den Bildschirm schon am Tag desaktiviert, als das Telefon installiert wurde. »Schon irgendwelche Antworten?«
»Jederzeit«, sagte er. »Alles wird verarbeitet. Ihr Erfolg hat meine Arbeitsbelastung verdoppelt, ich habe endlose …«
»Was ist also gewollt?« fragte ich.
»Treffen Sie mich morgen früh im Montefiore«, sagte er. »Dort wird ein Wagen für Sie bereitstehen.«
»Ich treffe mich um zehn mit Madam«, sagte ich. »Mein Rückkehrtag ist morgen.«
»Sie wurde über unsere Anforderung informiert, Isabel«, sagte er. »Es ist dringend. Zehn-dreißig …«
»Mir wurde versichert, unser Auftrag wäre erledigt …«
»Ihr Auftrag wird kurzfristig fortgesetzt. Details mögen. Halali.«
Aus er sich ausklickte, hörte ich hinter mir ein splitterndes Geräusch wie von einem fallenden Ast. Mein Mann starrte auf das Stück Tisch, das er in der Hand hielt. Er ließ es fallen, stand auf und ging hinaus, mit unmaskiertem, wenn nicht emotionslosem Gesicht. Ich legte mich neben den Diskplayer und starrte fensterwärts, suchte den Himmel nach erdwärts stürzenden Glühspuren ab.
Erst nach meiner Entlassung wurde mir E's Zustand mitgeteilt: Rippen und Schlüsselbein gebrochen, Rückenmuskeln gezerrt, Eiterung seiner verletzten Hand. John hatte ihn so sehr remodelliert, daß sein Kopf kaum noch mehr als ein Schädel mit aufgedunsenem Fleisch über Knochen war, und nach den ersten Behandlungen begannen die Spezialisten, ein neues Aussehen für ihn zu plastizieren. Unsere Luft vergiftete ihn wie befürchtet; er saugte die Bazillen wie ein Schwamm auf. Seine Erkältung mündete in eine Grippe und dann in eine Lungenentzündung; Allergien schwollen sein Gesicht noch vor der Restrukturierung an und ließen es – so wurde mir gesagt – wie einen roten gestaltlosen Ballon aussehen.
E's Zimmer lag auf dem höchsten, isolierten Stockwerk des Montefiore. Als ich am nächsten Morgen eintraf, stand
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