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Ambler by Ambler

Ambler by Ambler

Titel: Ambler by Ambler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler by Ambler
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besser da. Das Bergwerk, sagte er, hätte seine Nerven ruiniert. Er hätte andauernd Angst gehabt, die Tunneldecke würde einstürzen und ihn begraben, wie in einem Unterstand, der einen Volltreffer abbekommt.
    In seinen Träumen stürzte die Decke natürlich immer wieder ein und begrub die Menschen unter sich. Obwohl er manchmal nur weinte oder wimmerte, schrie er zuweilen laut oder rief um Hilfe. Er konnte gewalttätig werden. Einmal stemmte er sich gegen den Tunneleinbruch und fegte dabei alles, was auf dem Waschtisch stand, zu Boden. Der große Krug und die Waschschüssel zerbrachen. Meine Mutter regte sich auf und wollte ihn mit suet puddings aufpäppeln, aber seinen Träumen half es nicht sehr.
    Das Schlimmste bei der Gefangennahme, sagte er einmal, sei der Dreitagesmarsch zum deutschen Kopfbahnhof gewesen. Dann überlegte er nochmal und verbesserte sich. Er war mein jüngster Onkel, und es war ihm daran gelegen, daß ich ihn verstand. Das Schlimmste sei gewesen, als sie in ihren Schützengräben auf ihre Gefangennahme warteten, nachdem sie erkannt hatten, daß sie abgeschnitten sein mußten, als sie nicht mehr beschossen wurden, ohne Verpflegung waren und im Nebel vergessen worden waren. Sie hatten keinen einzigen Schuß abgegeben. Sie waren einfach in die vordersten Schützengräben geschickt worden und hatten gehofft, das Sperrfeuer zu überleben. Dann war die Schlacht anscheinend vorüber. Von den Deutschen hatten sie nichts gesehen, bis ein Feldwebel kam und ihnen durch ein Megaphon zurief, sie sollten ihre Sachen liegenlassen, die Waffen auf einen Haufen werfen und sich außerhalb der Schützengräben aufstellen. Dann begann der Marsch.
    Onkel Frank hatte seine Offiziere nicht leiden können, zumindest die jungen nicht. An der vordersten Front hätten sie sich immer in die Hosen gemacht. Bei Beschuß seien sie immer in den Unterständen geblieben. Sie seien auch unmoralisch gewesen. Was damit gemeint sei, unmoralisch? Gute Frage. Ekelhaft! Eines Nachts, bevor sie an die Front ausrückten, hatte er Wachdienst gehabt, als plötzlich zwei der jungen Offiziere, die den Abend in dem französischen Städtchen verbracht hatten, Arm in Arm und betrunken zurückkamen.
    »Ich konnte riechen, was los war«, fügte Onkel Frank geheimnisvoll hinzu. » Ich wußte Bescheid.«
    »Du meinst, sie rochen nach Whisky?«
    »Nein. In den Bistros wurde Wein oder Bier getrunken. Ich hab etwas anderes gemeint.«
    Es konnte nur eine andere Möglichkeit geben, dachte ich. Vielleicht war es eine ausgefallene, aber ich mußte es versuchen.
    »Du meinst, sie waren mit Frauen zusammen gewesen und rochen noch nach Parfüm?«
    Onkel Frank wurde ungeduldig. »In eurer Schule, haben sie euch Intelligenzbestien noch nie was von Tunten erzählt, die sich küssen?«
    Nein. Nicht für die Cambridge-Prüfung und ganz bestimmt nicht für die London-Prüfung. Natürlich wußte ich ebenso wie alle anderen, daß Tunten verweichlichte Männer waren, die sich wie Schauspielerinnen bewegten und sprachen. Aber ich konnte nicht glauben, daß es uniformierten Infanterieoffizieren in aktivem Dienst möglich sein sollte, sich derartig lächerlich zu machen. Da war etwas, was ich nicht begriff. Oder vielleicht hatte Onkel Frank alles falsch verstanden. In Lee Green hatte ich einmal gesehen, wie betrunkene Schauerleute vor einer Kneipe auf der Straße übereinander herfielen, und es hatte genauso ausgesehen wie eine Prügelszene im Theater. Vielleicht waren die Offiziere noch viel betrunkener gewesen als er glaubte. Ich machte eine entsprechende Andeutung, doch Onkel Frank schwieg. Nachdem er ein wenig zugenommen hatte, zog er bei uns aus und nahm eine Stelle in einer Schrottfirma an, die im Auftrag der Regierung das Schlachtfeld an der Somme säubern sollte.
    Onkel Sidneys Erfahrungen waren lebendiger. Von Mesopotamien war er mit seinem Regiment direkt in die Türkei entsandt worden. »Der Türke ist ein Gentleman«, pflegte er zu sagen, und offenbar glaubte er es auch. Womöglich hat er an die türkischen Offiziere gedacht. Seine Schilderung der Szene, als Mannschaften und Pferde im Bahnhof von Haydarpaschá eintrafen, zeigte, was er von den türkischen Massen hielt. Als Horden von türkischen Trägern über das Gepäck der britischen Offiziere herfielen (und es sicherlich plündern wollten), trat er unverzüglich dazwischen, und sein mit einem Bleiknauf versehenes Offiziersstöckchen sauste auf die Köpfe der Umstehenden nieder, »um den Dreckskerlen zu

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