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Ambler by Ambler

Ambler by Ambler

Titel: Ambler by Ambler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler by Ambler
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hatte, verbrachte, wenn schönes Wetter war, die Mittagspause am Flußufer und verzehrte dort seinen Lunch. Die Abgeschiedenheit wurde auch zu anderen Zwecken gesucht. An Zahltagen sollen sich einige der Mädchen bei Schichtwechsel erkleckliche Summen dazuverdient haben. Ich wußte natürlich, daß Jenny bloß Spaß gemacht hatte, und trotzdem lag in meinem Erröten nicht nur Verlegenheit, sondern auch Angst. Fast bis zum letzten Tag fürchtete ich mich vor Jennys Witzen. Doch dann geschah etwas, was dazu führte, daß ich sie in einem anderen Licht sah.
    Auf der Wiese jenseits des Flüßchens weidete eine Stute, die dem Fuhrmann gehörte, der das Land gepachtet hatte. Sie war trächtig, und während einer Mittagspause kam das Fohlen zur Welt. Stute und Fohlen waren wohlauf, doch als die Stute sich erhob und um das Fohlen herumlief, zog sie ihre Nachgeburt am Boden hinter sich her. Einer der Männer, die die Szene beobachteten, fand das wohl unheimlich komisch. Jenny, die daneben stand, schrie ihn an.
    »Was ist denn daran so komisch?« fauchte sie. »Das arme Ding kann doch nichts dafür. Ich möchte dich mal sehen, wenn du deine Gedärme hinter dir herziehst. Dann lachst du bestimmt nicht, du Mistkerl! Armes kleines Ding! Warum hast du ihr denn nicht geholfen? Wolltest dir wohl keine nassen Füße holen, was?«
    Ihre Stimme klang so gefährlich, daß der Mann und seine Kumpel sich kleinlaut davonmachten. Den Rest des Tages sprach sie von ihrem Sohn Patrick, um den sich seine Großmutter kümmerte. Nach der Teepause ließ ihre finstere Stimmung jedoch nach, und der Übermut kehrte zurück. »Vielleicht wird er mal Praktikant«, sagte sie, und als die anderen Mädchen kicherten, zwinkerte sie mir zu.
    Ein paar Tage darauf rief mich der Werksleiter zu sich und sagte, daß die Zentrale seine Berichte über meine Fortschritte mit Befriedigung zur Kenntnis genommen habe und mich in Kürze für sechs Monate an das neue Kabelwerk Lydbrook im Forest of Dean versetzen wollte. »Bergbaugegend dort«, sagte er, »du wirst ’ne Menge lernen. Du wirst der erste Praktikant dort sein.«
    Ich freute mich, aber es bedeutete auch das Ende von Barclay und Ambrose, Entertainern am Klavier. Vor meiner Abreise schafften wir nur noch zwei Vorstellungen. Bei einer, einem smoking concert in Edmonton, stellte ich nach unserem Auftritt fest, daß sich mein Vater unter den Zuschauern befunden hatte.
    Es war eine peinliche Situation für mich, und nicht bloß, weil ich nicht gesagt bekommen wollte, daß wir eine lausige Vorstellung geboten hätten. Das eigentliche Problem war vielmehr, daß ich seinen zweitbesten Smoking trug, den ich ein paar Wochen zuvor ohne seine Erlaubnis ausgeliehen hatte.
    Zu der Show selbst hatte er wenig zu sagen. Seine Zurückhaltunglag möglicherweise daran, daß Bob sein Schwager war. Er wollte nur ein paar Vorschläge machen. »Du könntest besser sein, wenn du darauf achtetest, beim Verbeugen und beim Abgang von der Bühne nicht so zu trödeln«, sagte er, »und vermeide, beim Abgang mit Klappzylindern in der Luft herumzuwedeln, als seien es richtige Zylinder. Halte sie während der Verbeugung flach vor den Bauch« – er machte es uns vor – »bevor ihr gemeinsam abtretet. Wenn ihr schon ein Requisit habt, dann benutzt es auch.« Zu dem Smoking sagte er bloß: »Er sitzt ja ganz gut. Behalt ihn ruhig.«
    Vor meiner Abreise nach Lydbrook mußte er mit mir noch darüber reden, wie man eine Bühne betritt, und nicht nur, wie man von ihr mit Klappzylinder abgeht. »Es ist ganz egal«, sagte er, »ob Music-Hall, Concert-Party oder klassisches Theater, es ist ein Beruf mit einer ungeheuren Konkurrenz. Laß dir keinen Floh ins Ohr setzen. Es hat nur Sinn, wenn du ganz oben bist oder zumindest nahe dran und so arbeitest wie Harry Hewitt. Drittklassige Leute ohne originelle Ideen, wie du und Bob Barclay, können gleich einpacken. Mir wäre nicht wohl bei dem Gedanken, daß du es probieren willst. Ich hoffe inständig, daß du es nicht ernsthaft vorhast!«
    »Ich würde gern Stücke schreiben.«
    »Das ist was anderes. Um Stücke zu schreiben, braucht man kein praktizierender Schauspieler zu sein. Als Ingenieur würdest du dein sicheres Auskommen haben. Originell könntest du dann in deiner Freizeit sein.«
     
    Als Onkel Frank und seine erste Frau uns in jenem Sommer besuchten, war offenkundig, daß der Alteisenhandel ihm guttat. Er trug einen Maßanzug und ein Seidenhemd mit Sulka-Krawatte. Vom Krieg hatte er sich

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