Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ambler by Ambler

Ambler by Ambler

Titel: Ambler by Ambler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler by Ambler
Vom Netzwerk:
Fabrikant gewesen. Der Krieg und staatliche Subventionen hatten es ihm ermöglicht, plötzlich zu expandieren und mit seinem Kabelwerk eine Zeitlang dicke Profite einzufahren. Von diesem Geld hatte er sich eine Pseudo-Tudorvilla mit Tennisplatz hingestellt. Dann, kurz nach Kriegsende, machte er bankrott.
    Als er mich zu Tee und Tennis mit Gemahlin und Töchtern einlud, war er in Lydbrook nicht sehr beliebt. Vielleicht war er nicht mehr total bankrott, was aber, so sagte man, nur daran lag, daß er seine Rechnungen nie bezahlte. Frag nur die Geschäftsleute. Das für die Rettung von Kabelwerk und Arbeitsplätzen erforderliche Kapital hatte nicht er, sondern das Londoner Unternehmen aufgebracht. Auf seine Hilfe waren sie in keiner Weise angewiesen. Er arbeitete wieder in seiner alten Werkstatt und stellte Drähte her. Wenn er noch immer diese prächtige Villa bewohnte, die er sich im übrigen gar nicht leisten konnte, dann deswegen, weil er sie nicht loswurde. Warum? Weil niemand sie kaufen wollte. Er hatte seine Nachbarn früher einmal geringschätzig behandelt und vornehm getan. Daran und an die unbezahlten Rechnungen erinnerte man sich jetzt, und nun war er es, der geringschätzig behandelt werden sollte. Man werde nichts vergeben und nichts vergessen können. Der Werkmeister riet mir, die Einladung zu Tee und Tennis auszuschlagen. Es würde mir keinen Spaß machen, sagte er.
    Ich ging trotzdem, nicht um Tee zu trinken oder Tennis zu spielen, sondern weil ich das Haus sehen wollte und die Töchter.
    Das Beste war der Tee. Kresseschnitten habe ich schon immer gern gegessen. Das Tennisspiel war absurd. Auf dem Feld stand knöchelhoch das Unkraut. Die Schläger, die den Gästen zur Verfügung gestellt wurden, hatten allesamt lose Saiten. Das Netz war mit Litze ausgebessert. Daß mein Tennis mehr an eine Art Schlagball erinnerte und meine Technik an Pingpong, fiel niemandem auf. Die Mädchen, kräftig, aber eher pummelig und schwerfällig, konnten auch nicht spielen. Von ihnen oder ihrem Vater habe ich eigentlich nicht viel gesehen. Den größten Teil des Nachmittags habe ich anscheinend im Gespräch mit der Mutter verbracht. Ich fand, daß sie ungewöhnlich neugierig war in bezug auf meine Familie und unsere Freunde. Als ich am Abend meinem Mentor davon erzählte, schnaufte er verächtlich.
    »Sie wollte herausfinden, ob es bei euch irgendwie nach Geld riecht.«
    »Nach Geld? Bei mir? Soll das ’n Witz sein?«
    »Ihr Mann würde dich um deine letzten fünf Shilling anhauen. Wenn du mehr als fünf Shilling hättest, würde er dich mit einer seiner Töchter verheiraten.«
    Ich lachte höflich, aber nicht herzlich. Diese hinterhältige Anspielung auf mein Praktikantengehalt sollte wohl ein Rüffel dafür sein, daß ich seinen Rat ignoriert und die Einladung angenommen hatte. Ich hatte mich gründlich geirrt. Mein Nachhauseweg führte mich an der alten Drahtwerkstatt vorbei, und ein paar Tage später sah ich ihren Besitzer, der mich zu Tee und Tennis eingeladen hatte, draußen in Hemdsärmeln stehen und Holzkisten von einem Lastwagen abladen. Er winkte und rief mir etwas zu. Ich ging zu ihm hin, in der Annahme, daß er Hilfe brauchte.
    Er war ein großer, breitschultriger Mann mit dem gespielt bescheidenen Lächeln des Cricketprofis, dem soeben ein spektakulärer Fang gelungen ist. »Dachte, du hättest vielleicht Lust, dir anzusehen, was die andere Hälfte so macht«, sagte er. Er bot mir eine Führung durch seine Werkstatt an, »eine richtige Werkstatt.« Ich willigte sofort ein und wurde reichlich belohnt. Er war ein bißchen Ingenieur, ein bißchen Metallurg, ein bißchen Techniker, und war in der Kunst des Ausziehens von Draht außerordentlich versiert. Mich faszinierte, wie er über seine Arbeit sprach. Er war ein Schwärmer. Aber selbst ich konnte sehen, warum er gescheitert war. Er war eitel und vielleicht auch ein kleiner Gauner.
    »Man sagt, dein Vater arbeitet in der Werbung«, sagte er plötzlich, als ich schon gehen wollte. »Direktor einer Londoner Agentur, sagt man.«
    »Ja.« Das man konnte nur seine Frau gewesen sein.
    »’ne merkwürdige Branche. Toller Umsatz, schlappe zehn Prozent Gewinn. Hat er sich mal überlegt, in einem Geschäft zu investieren, das einen richtigen Profit abwirft?«
    »Weiß nicht.«
    »Mit dem, was du weißt, könntest du ihn wachrütteln, Junge! Er könnte mit seinem Geld hier auf hübsche dreißig Prozent kommen!«
    Ich wollte erklären, daß mein Vater derzeit außer seinem

Weitere Kostenlose Bücher