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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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Er zog ein Exemplar der Financial Times heraus und wandte sich dem Kreuzworträtsel zu. Ein rascher Blick auf die Uhr. Fünf Minuten. Jetzt machte er sich an die Arbeit. Eins waagrecht.
    Eins senkrecht. Hauptstadt des Sudan
     
    Ohne jemals mehr als ein bis zwei Sekunden zu zögern, füllte er mit dem Bleistift lautlos die Kästchen des Kreuzworträtsels aus.
    Und jetzt war er fertig. 8.59 zeigte die Uhr an. Von der Tür her war ein Klappern zu hören: sein Assistent, der auf die Minute pünktlich kam und außer Atem war, weil er den Flur entlanggejoggt war. Pünktlichkeit war das Thema eines Gesprächs gewesen, das sie vor Kurzem geführt hatten. Adrian Choi öffnete den Mund, als wolle er eine Entschuldigung vorbringen; dann sah er auf seine Uhr und glitt schweigend auf den Stuhl vor seiner kleineren, niedrigeren Workstation. Um seine mandelförmigen Augen hing noch ein Rest Schlaf,
und sein dichtes schwarzes Haar war noch feucht vom Duschen. Adrian Choi war gerade dreiundzwanzig Jahre alt, trug ein unauffälliges Zungenpiercing und schien weiterhin kein Zeitgefühl zu haben.
    Um Punkt 9 Uhr steckte Caston die Financial Times in den Papierkorb und öffnete seine sichere E-Mail-Ablage. Mehrere Mails enthielten innerhalb der Agency verbreitete Mitteilungen, die ihn nicht sonderlich interessierten: ein neues Wellness-Programm, eine kleine Korrektur der Versicherung für Zahnbehandlungen, eine Intranetadresse, unter der Mitarbeiter den Stand ihres Versorgungsplans 401 (k) erfragen konnten. Eine Mail kam von einem Angestellten der Steuerbehörde in St. Louis, der sich zwar über eine Anfrage von der Innenrevision der CIA wunderte, aber gern bereit war, detaillierte Angaben über die von einem bestimmten Unternehmen der Leichtindustrie in den letzten sieben Jahren gegründeten Tochtergesellschaften zur Verfügung zu stellen. Eine weitere kam von einer kleinen Gesellschaft, deren Aktien in Toronto notiert waren, und enthielt die von Caston angeforderten Informationen über Börsentransaktionen ihrer Vorstandsmitglieder im vergangenen Halbjahr. Der Finanzchef verstand nicht, wozu Caston außer dem jeweiligen Datum auch die Uhrzeit benötigte, aber er hatte sie wunschgemäß hinzugefügt.
    Caston wusste recht gut, wie trocken und langweilig seine Aktivitäten den meisten seiner Kollegen erschienen. Die Hochschulabsolventen und Mitglieder elitärer Verbindungen, die im Außendienst gewesen waren oder weiterhin hofften, dort wieder eingesetzt zu werden, behandelten ihn mit freundlicher Herablassung. »Man weiß nur, was man selbst gesehen hat«, lautete ihr Motto. Caston fuhr natürlich niemals irgendwohin, aber andererseits hielt er auch nichts von
diesem Dogma. Wenn er sich in einen Stapel Arbeitsblätter vertiefte, konnte er oft jemandem alles vermitteln, was dieser wissen musste, ohne dass er seinen Schreibtisch hätte verlassen müssen.
    Andererseits wussten nur sehr wenige seiner Kollegen, was Caston tatsächlich machte. War er nicht einer der Kerle, die anderer Leute Reise- und Spesenabrechnungen kontrollierten? Oder hatte seine Tätigkeit mehr mit Bestellungen von Papier und Druckerpatronen zu tun – schließlich brauchte niemand in geheimen Abrechnungen herumzuschnüffeln, nicht wahr? Jedenfalls brachte sein Job ihm kaum mehr Prestige ein als der des Hausmeisters. Es gab allerdings auch einige wenige Kollegen, die Caston respektvoll, fast ehrfürchtig begegneten. Sie gehörten meistens zum engeren Kreis der CIA-Direktoren oder zur Führungsspitze der Hauptverwaltung Spionageabwehr. Sie wussten, weshalb Aldrich Ames im Jahr 1994 wirklich geschnappt worden war. Und sie wussten, dass eine kleine, aber ständig vorhandene Differenz zwischen offiziellem Einkommen und persönlichen Ausgaben zur Enttarnung Gordon Blaines und seines Spionagenetzes geführt hatte. Sie wussten von Dutzenden von weiteren, zum Teil vergleichbaren Triumphen, von denen die Öffentlichkeit nie erfahren würde.
    Es war eine Mischung aus Charakterzügen und Talenten, die Caston dort Erfolge brachte, wo ganze Abteilungen versagten. Ohne jemals sein Büro zu verlassen, grub er sich tief durchs verwirrende Labyrinth menschlicher Käuflichkeit. Gefühle interessierten ihn dabei wenig; vielmehr hatte er einen Buchhalterblick für Zahlenreihen, deren Salden nicht übereinstimmten. Eine Reise, die gebucht, aber nicht unternommen wurde; eine Taxiquittung, die zeitlich oder räumlich nicht zum Verlauf der Reise passte; eine Kreditkartenabrechnung
für ein

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