Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
Vom Netzwerk:
werden können.
    »Damals verstand man noch etwas von Kunsthandwerk, nicht wahr?«
    Ashton Palmers Stimme.

    Ellen Whitfield drehte sich um und sah, wie Palmer durch eine dezent versteckte Tapetentür das Zimmer betrat. Sie lächelte. »Wie du immer sagst, kommt es nicht auf die Fähigkeit selbst an, sondern darauf, wie weit man sie entwickelt.«
    »Das war das Besondere am Hof des Sonnenkönigs: Alles spielte sich auf höchstem Niveau ab, man schätzte und förderte die schönsten Errungenschaften der Literatur, der Kunst, der Naturwissenschaft und der Architektur. Gleichzeitig entging auch vieles der Aufmerksamkeit der Adligen, zum Beispiel die seismische Instabilität der sozialen Ordnung, an der sie sich mästeten. Der Ursprung jener Revolution, die ein Jahrhundert später ihre Kinder verschlingen würde. Ein falscher Friede, der die Saat seiner Zerstörung bereits in sich trug. Tja, die Menschen vergessen nur zu schnell, was uns Heraklit gelehrt hat: >Krieg ist der Vater aller Dinge und der König aller Dinge; und einige hat er zu Göttern gemacht und einige zu Menschen, einige gebunden und einige frei<.«
    »Schön, dich zu sehen, Ashton«, sagte Whitfield herzlich. »Wir leben wirklich – um den alten chinesischen Fluch zu zitieren - in interessanten Zeiten.«
    Ashton Palmer lächelte. Sein silbergraues Haar war ein bisschen dünner als damals zu Whitfields Studentenzeit, aber genauso gepflegt. Seine hohe Stirn wirkte beeindruckend, reine Intelligenz blitzte aus seinen schiefergrauen Augen. Ihm haftete etwas Altersloses an, das über der Ode des Alltags zu schweben schien. Whitfield hatte im Lauf ihrer Karriere viele Persönlichkeiten kennengelernt, die als historisch bedeutsam galten, aber sie hielt Palmer für den einzig wirklich großen Mann, der ihr je begegnet war. Ein Visionär – in jeder Hinsicht. Es war eine Ehre gewesen, seine Bekanntschaft zu machen, und das war ihr schon damals, mit Anfang zwanzig,
bewusst gewesen. Und sie empfand es auch heute noch als Ehre, ihn zu kennen.
    »Was hast du mir Neues zu berichten?«, fragte der Weise. Whitfield wusste, dass er gerade aus Hongkong zurückgekommen war, doch er wirkte bemerkenswert ausgeruht.
    »Bis jetzt ist alles genauso abgelaufen, wie du es vorhergesagt hast.« Ihre Augen blitzten. »Oder besser: Wie du es prophezeit hast.« Sie warf ihrem Spiegelbild in dem eleganten venezianischen Spiegel einen kurzen, prüfenden Blick zu. Das blaugraue Licht des französischen Wintertages drang durch die Bleiglasfenster und betonte ihre hohen Wangenknochen und markanten Gesichtszüge. Ihr kastanienbraunes, seitlich gescheiteltes Haar war sorgfältig frisiert; sie trug ein kirschrotes Kostüm und eine einfache Perlenkette. Dezenter Lidschatten betonte das Blau ihrer Augen. »Hübsches Plätzchen hast du dir da ausgesucht.«
    »Das Center for Policy Studies hält hier bald eine Konferenz über Währungsregulation in Ost und West ab. Was hast du deinen Leuten erzählt?«
    »Keine Sorge, das Chäteau de Gournay ist als offizieller Zwischenstopp eingeplant. Ein Gespräch mit Wissenschaftlern über Liberalisierung im Währungsmarkt.«
    »Wir müssen leider immer noch vorsichtig sein.«
    »Das ist mir bewusst.« Sie setzte sich an den vergoldeten Holztisch, und Palmer gesellte sich zu ihr.
    »Ich erinnere mich noch genau an das erste Seminar, in dem ich dich sprechen gehört habe«, sagte sie und blickte versonnen durch das Bleiglasfenster. »Ich war eine blutjunge Studentin aus Radcliffe, und du hieltest einen Einführungskurs über >Globale Vorherrschaft‹ im Sanders Theatre. Als Erstes hast du drei deutsche Wörter an die Tafel geschrieben: Machtpolitik, Geopolltik und Realpolitik. Hinten rief ein Spaßvogel:
>Müssen wir für diesen Kurs Deutsch lernen?< Du sagtest Nein, aber es gebe eine andere Sprache, die wir erlernen müssten, und nur sehr wenige von uns würden sie jemals flüssig sprechen: die Sprache der Politik.«
    Palmer kniff schmunzelnd die Augen zusammen. »Ich hielt es für fair, die Leute vorzuwarnen.«
    »Das war es auch«, sagte sie. »Du hast verkündet, dass die meisten von uns diese Sprache sowieso nicht lernen würden. Dass nur ein paar von uns sie jemals vollständig beherrschen würden. Die anderen seien dazu verdammt, als klischeehafte Fußnoten der Geschichte das Universum aus der Perspektive eines Dorfgemeinderats zu betrachten. So hast du es, glaube ich, ausgedrückt. Starker Tobak für so junge Menschen.«
    »Du hattest schon damals

Weitere Kostenlose Bücher