Ambler-Warnung
mit Gummi überzogenen Borte, die in geschlossenem Zustand den Raum luftdicht und schallisoliert abriegelte. Die Richtlinien schrieben vor, dass die Wände aus mehreren Lagen Fiberglas und Zement bestehen mussten.
Ambler betrat die Kammer und drückte auf den Knopf, der die Türen magnetisch hinter ihm schloss. Einen Moment lang war es still; der Raum war unangenehm warm und nur trübe beleuchtet. Dann erwachte mit leisem Summen ein Lüftungssystem zum Leben, und das Halogenlicht flammte auf. Ambler befand sich in einem rund fünfzehn Quadratmeter großen Raum. Nebeneinander standen zwei Computerarbeitsplätze mit weißen Laminatarbeitsplatten, jeder mit einem
»Chefsessel« mit schwarzen Synthetikpolstern. Die gleichen Flachbildschirme wie unten. Schwarze Tastaturen. Die beigefarbenen Computerterminals standen auf Wandregalen über den Arbeitsplätzen. Über eine Hochgeschwindigkeitsleitung aus Glasfasern wurden verschlüsselte Daten mit dem digitalen Nachrichtenarchiv in Washington ausgetauscht; weit entfernte Datenarchive wie diese wurden ungefähr jede Stunde auf den neuesten Stand gebracht und synchronisiert.
Der Server enthielt einen Datenspeicher mit einer Kapazität von vierundachtzig Terabyte; aktive Überwachungs-, Fehlererkennungs- und Reparatursoftware inklusive. Außerdem wusste Ambler, dass bei unbefugtem Zugriff sensible Daten automatisch gelöscht wurden. Man hatte keine Mühen gescheut, um sicherzustellen, dass dieses riesige Datenlager nicht in die falschen Hände geriet.
Ambler schaltete den Monitor ein und wartete, bis er die Icons anzeigte. Die Verbindung stand bereits, sie wurde nie getrennt. Er tippte seine Suchbegriffe ein. Er hatte sich in die heiligsten Hallen der Cons-Ops-Station geschwindelt, und seine Tarnung konnte jeden Augenblick auffliegen. Er nahm an, dass Lewalskis kleiner Ausflug in die Rue Gabriel etwa zwanzig Minuten dauern würde, wenn wenig Verkehr herrschte, vielleicht auch weniger. Er durfte keine Zeit verschwenden.
Er tippte Wai-Chan Leunge in . Ein paar Sekunden später erschien die vom INR des Außenministeriums zusammengestellte Standardbiografie des Mannes. Unterstrichene Hyperlinks führten zu speziellen Dateien über Wai-Chan Leungs Eltern: Geschäfte, Interessen, Herkunft, politische Überzeugung. Ambler warf einen Blick auf die Geschäftsangelegenheiten der Eltern, erfuhr aber nichts Interessantes. Sie hatten keine ganz blütenweiße Weste – freundliche Abgeordnete erhielten
Parteispenden, ausländische Beamte wurden durch kleine Sonderzahlungen dazu gebracht, bestimmte Transaktionen bevorzugt auszuführen –, aber diese kleinen Mauscheleien waren durchaus im Rahmen des Anstandes, wenn man den Ort und die Umstände bedachte. Ungeduldig überflog er die Biografie von Wai-Chan Leung selbst und erkannte die vertrauten Abschnitte dieses ihm bekannten Politikerlebens wieder.
Es gab keinerlei Hinweise auf die Beschuldigungen, die im Dossier der Political Stabilization Unit gestanden hatten. Und Ambler kannte die Methoden genau, mit denen professionelle Datenschnüffler andeuteten, vermuteten und Argwohn weckten. Normalerweise bestanden solche Andeutungen aus einem nicht überzeugenden Leugnen aller Vorwürfe, denen Sätze wie »Trotz aller Gerüchte über Kontakte zu ...« oder »Obwohl sich hartnäckig die Überzeugung hält, dass ...« vorausgegangen waren. Aber in diesem Bericht fand sich keine Spur davon. Die Analysten interessierten sich hauptsächlich dafür, wie seine Zukunft als Staatsmann durch seine »entschlossen defensive Rhetorik« beim Thema der Beziehungen zu China geformt worden war. Amblers Blick hüpfte und sprang von Absatz zu Absatz wie ein Geländewagen auf einer holprigen Bergstraße. Gelegentlich las er eine potenziell wichtige Passage Satz für Satz:
Wai-Chan Leung war überzeugt davon, dass »konvergente Liberalisierung« eine große Zukunft hätte. Er glaubte, dass eine Entwicklung Chinas hin zu mehr Demokratie sich auch positiv auf die politischen Beziehungen zu Taiwan auswirken würde. Seine Gegner hielten hingegen an der alten starren Position fest, die von offenem Misstrauen und Feindseligkeit dem Nachbarn gegenüber geprägt war. Diese Haltung verstärkte wiederum
die Feindseligkeit und das Misstrauen ihrer Gegenstücke in der KP und der VBA. Wai-Chan Leung konnte sich mit seinen Ansichten zu diesem Thema nur durchsetzen, weil er über enormes persönliches Charisma verfügte. Andere Politiker wären daran
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