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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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etwas anderes. Tief empfundene Trauer.
    »Cronus, was ist passiert?«, fragte Ambler leise.
    »Du hast Paul Fenton getötet«, sagte Cronus. »Die Frage ist nur, warum?«
    Fenton war tot ? Amblers Gedanken begannen zu rasen. »Hör mich an, Cronus«, begann er. »Du machst einen großen Fehler ...« Er begriff jetzt, dass das Rendezvous von Anfang
an eine tödliche Falle gewesen war. Die Rache eines treuen Leutnants, der vor Trauer der Verzweiflung nahe war.
    »Nein, du verdammter Scheißkerl, du wirst mir jetzt zuhören«, schnitt Cronus ihm das Wort ab. »Und dann wirst du mir sagen, was ich wissen will. Ich finde es sowieso heraus, auf die sanfte oder die harte Tour. Und ich hoffe, es wird auf die harte Tour hinauslaufen.«
    Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse sadistischer Rachsucht.
     
    Das prächtige, von vier Säulen getragene Grabmahl des napoleonischen Generals und Politikers Maximilien Sébastien Foy hatte einen massiven Steinsockel, auf dem eine fein gearbeitete Statue des Inhabers prangte. Aber für Joe Li war die Hauptattraktion das steile Steindach über dem Säulengebälk und dem Giebel. Joe Li, der hinter einem dekorativen Geländer verborgen auf dem Dach lag, streckte sich wie eine Katze und sah durch seinen Feldstecher. Die Sicht war ausgezeichnet, das Grab war eines der höchsten Bauwerke in der näheren Umgebung, und die Jahreszeit hatte viele Bäume und Sträucher in leblose Skelette verwandelt. Sein Gewehr, eine modifizierte Version des QBZ-95-Scharfschützengewehrs, wurde in China entwickelt und hergestellt. Die Patronen im Kaliber 5.8 mal 42 mm wurden exklusiv für Chinas Spezialeinheiten produziert. Das Norinco-Modell – ein Produkt der China North Industries Corporation – war nicht nur ein Nachbau russischer Prototypen, sondern erheblich verbessert worden. Die Geschosse hatten eine höhere Durchschlagskraft und auch über größere Entfernungen hinweg eine sehr gestreckte Flugbahn. Joe Li hatte das Gewehr zusätzlich modifiziert, und jetzt war es leicht zu transportieren und zu verstecken.

    Durch seinen starken Feldstecher beobachtete er die Männer, die sich um Tarquin drängten. Tarquin hatte bemerkenswerte Fähigkeiten bewiesen, auch in scheinbar aussichtslosen Situationen, und zwar mit professioneller Gelassenheit. Das musste Joe Li ihm lassen. Aber er war sterblich. Ein Mensch aus Fleisch und Blut. Und höchstwahrscheinlich würde heute Abend noch vor Sonnenuntergang eine Menge Blut fließen.
    Joe Lis letzter Kontakt mit Peking war sehr unbefriedigend gewesen. Sein Vorgesetzter wurde ungeduldig – Joe Li war dafür bekannt, dass er Aufträge in kürzester Zeit ausführte -, und nun befand er sich in der ungewohnten Lage, die Verzögerung erklären zu müssen. Noch weniger gewöhnt war er an die Art Komplikationen, die dieser Auftrag mit sich gebracht hatte. Aber Joe Li war nicht nur ein Auftragskiller, der einfach Befehle ausführte. Er hatte auch einen eigenen Kopf. Er sammelte und verarbeitete Informationen. Er hatte ein hervorragendes Urteilsvermögen. Er war kein reiner shashou – kein stumpfer Killer. Tarquin war ein zu anspruchsvolles Ziel für einen einfachen shashou, und der Einsatz war zu hoch, er konnte sich nicht den kleinsten Fehler erlauben.
    Und doch wurde immer fragwürdiger, was bei diesem Auftrag eigentlich das richtige Endergebnis war. Damit hatte Joe Li nicht gerechnet.
    Nun starrte er durch sein Visier, die Autofokussierung hatte die Entfernung gemessen und die maximale Schärfe eingestellt. Das Fadenkreuz war gestochen scharf.
     
    »Wie viele >Mitarbeiter< hast du postiert?«, fragte Ambler. »Reine, professionelle Neugier.«
    »Dreizehn«, erwiderte Cronus.

    »Netzförmig positioniert«, sagte Ambler, mehr zu sich selbst.
    Eine Standardkonfiguration bei Stab-Einsätzen, mit der sowohl er als auch Cronus reichlich Erfahrung hatten. Jeder Agent war – visuell, auditiv oder elektronisch – mit mindestens zwei weiteren verbunden. Ein paar ausgewählte Einsatzkräfte waren mit dem weiter entfernten Einsatzleiter verbunden. Diese redundanten Vernetzungen garantierten, dass auch dann eine koordinierte Reaktion möglich war, wenn einige Leute des Teams außer Gefecht gesetzt wurden. Die alte, hierarchische Kommandostruktur hatte sich als verwundbar erwiesen, denn sie konnte leicht enthauptet und handlungsunfähig gemacht werden. Die vernetzte Kommandostruktur verhinderte das.
    »Nicht schlecht für einen Last-Minute-Einsatz«, sagte Ambler aufrichtig

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