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Ambra

Ambra

Titel: Ambra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabrina Janesch
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Brunons verschlechtertem Gesundheitszustand, auch Bronka könne Hilfe gebrauchen. Alle Männer der Familie würden ihr zur Zeit Sorgen bereiten. Sie reichte Bartosz ein dick mit Schmalz bestrichenes Brot und eine Salzgurke. Er nahm einen Bissen und antwortete, dass er im Moment niemandemeine Stütze sein könne, beileibe nicht, den größten Gefallen, den er seiner Mutter gerade tun könne, sei der, sich zurückzuziehen. Er könne es einfach nicht, er könne es nicht – in der Stadt, in der Wohnung.
    Renia fragte nicht nach, was er mit
es
meinte, und zog eine Thermoskanne, zwei Edelstahlbecher und eine karierte Decke aus der Tasche. Sie schlug vor, dass sie sich unter den Kiefern niederlassen sollten, wo sie geschützter waren. Schutz sei immerhin etwas, das ihnen beiden im Moment nütze. Zwischen Bartosz’ Zähnen knirschten Sandkörnchen, die auf dem Schmalz gelandet waren.
    Im Windschatten der Kiefern sagte er schließlich, dass er sich verhältnismäßig gut fühle. Niemand müsse sich Sorgen machen und so weiter. Hier draußen an der frischen Luft – hier gehe es. Renia schenkte dampfenden Tee in die Tassen.
    Du spinnst wohl. Keine Sorgen? Du solltest dich einmal sehen.
    Ja, als Sandkünstler! Bartosz lachte kurz auf. Vielleicht wäre das ein Job für mich gewesen. Die ganze Zeit nichts als Sand und fröhliche Menschen, die sich über die schönen Dinge freuen, und Hunde, die in sie hineinrennen und alles kaputtmachen.
    Er ließ Cudny von seinem Schmalzbrot abbeißen. Ohne zu kauen schluckte der Hund die Rinde herunter und wedelte mit dem Schwanz Sand auf die Decke. Renia streichelte das Tier und nahm einen Schluck Tee.
    Ja, warum nicht Sandkünstler? Was war denn das für eine hirnverbrannte Idee: eine Pfandleihe?
    Die Erwähnung seines Geschäfts schien etwas in ihm berührt zu haben, er erinnerte sich und fragte, wie sich Kinga schlage. Seinetwegen solle doch sie rüber zu seinenEltern gehen und dort nach dem Rechten sehen. Wofür habe man denn Familie.
    Kinga. Renia schnipste die Sandkörnchen von der Decke. Gut, dass du sie erwähnst. Seit du weg bist, dreht sie irgendwie durch, verfolgt mich, will wissen, was ich mache, was meinst du, wie schwierig es war hierherzukommen? Ich habe mich davongeschlichen!
    Der Wind wurde stärker, Bartosz nahm seinen Schal ab und legte ihn Renia um die Schultern. Sie nahm seine Hand und hielt sie zwischen ihren Händen.
    Bitte, komm zurück.
    Bartosz stand auf und wiederholte ihr letztes Wort: zurück. Ließ es sich auf der Zunge zergehen, schnalzte. Er griff nach einem Ast der Kiefern und sagte, dass er unmöglich nach Hause kommen könne, da sei alles voller – nein, das gehe einfach nicht. Wohin man sonst gehen solle? Etwa zu Renia in die Wohnung – um sich mit Kinga herumzustreiten? Dafür habe er keine Kraft. Da stand auch Renia auf: Ihr sei gerade der perfekte Ort eingefallen.
     

    Ich hatte mir gerade das letzte Stückchen der Apfeltasche in den Mund gesteckt und mich mit dem Gedanken angefreundet, für heute keine Kunden mehr zu empfangen. In der Pfandleihe hatte den ganzen Tag Stille geherrscht, einzig eine Fliege war stundenlang um die Deckenlampe herumgeflogen. Der Höhepunkt des Tages war ein Besuch von Maya gewesen, die verzweifelt ihre Zigarettenspitze gesucht hatte, murmelnd und fluchend im Büro herumgeschlichen war und sich nicht einmal einen Kaffee oder Tee hatte anbieten lassen.
    Kurz erwog ich, mit der Straßenbahn an einen der Strände vor der Stadt zu fahren, da fiel mir ein, dass mich Bronka unlängst eingeladen hatte, und neben einem Abendbrot würde ich dort vielleicht auch erfahren, ob Bartosz sich mittlerweile in ärztlicher Behandlung befand, ob es ihm besser ging. Die Fliege an der Decke hatte sich zwischenzeitlich verausgabt und war zu Boden gefallen.
    Angeekelt fuhr ich mir über die Nase und stellte mich ans Fenster, holte mein Handy hervor und ging die Liste mit Nummern durch, die ich gespeichert hatte. Przybylla. Mir fiel Beata ein, die Zeit, die wir miteinander verbracht hatten. Ihre Sommersprossen. Plötzlich bekam ich Sehnsucht und wählte die Nummer. Niemand nahm ab. Ich betrachtete die Fliege auf dem Boden und streckte meinen Fuß aus, um sie unter meiner Sohle verschwinden zu lassen, da klingelte das Glöckchen an der Tür, und einen Moment später stand eine junge Frau vor mir. Ein bunt eingefärbtes Tuch hielt ihre Haare am Hinterkopf zusammen, blauer Kajal betonte ihre Augen, die schnell den Raum und mich selber

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