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Ambra

Ambra

Titel: Ambra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabrina Janesch
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taxierten.
    Aha, sagte sie. Na, Gott sei Dank. Sind Sie allein?
    Guten Tag, erst mal.
    Ich ging betont langsam hinter meinen Schreibtisch und ließ mich in den Chefsessel sinken, den ich mir von Bartosz’ Platz herübergerollt hatte. Tatsächlich war ich allein. Bis jetzt hatte ich nie einen Gedanken daran verschwendet, ob es von Bedeutung war, alleine, zu zweit oder zu dritt im Geschäft zu sein. Worauf wollte die Frau hinaus? Sie hatte sich auf den Stuhl mir gegenüber sinken lassen und ihre Jacke geöffnet, unter der ein gewobener, ausgebeulter Pullover zum Vorschein gekommen war. Ich knipste die Lampe an, obwohl es hell genug war.
    Selbstverständlich bin ich nicht alleine. Hinten ist mein Partner, er kümmert sich um die – Bücher.
    Die Frau lächelte, als hätte sie meine Lüge durchschaut, und sagte, dass sie sich jedenfalls freue, dass ich da sei und weder der Alte noch der Komische, sie sei schon mindestens dreimal am Laden vorbeigegangen und habe sich dagegen entschieden, hineinzukommen. Ich hingegen wirke so freundlich, so nett …
    Sie beugte sich vor, ihre Ohrringe klimperten. Ich konnte ihr Deo riechen, irgendetwas Blumig-Orientalisches. Ich rückte ein wenig ab und verschränkte die Arme vor meiner Brust.
    Der Alte, sagte ich, ist sehr kompetent, der könnte Ihnen vielleicht sogar mehr von Nutzen sein als ich – wie sehr, verschwieg ich ihr –, und was meinen Partner angeht, so wird er sich sicherlich freuen, Sie gleich persönlich begrüßen zu dürfen, Frau –
    Masƚowska, erwiderte die Frau rasch und blickte in Richtung der Tür, die zum Hinterraum führte. Wissen Sie, das wird gar nicht nötig sein. Ich meine, so viel Zeit habe ich gar nicht.
    Sie kontrollierte den Sitz ihrer Ohrringe und gewann wieder etwas an Selbstbeherrschung. Ich meine, außer, Sie möchten mich gerne zu einem Kaffee oder Tee einladen, in dem Fall natürlich –
    Vielleicht schauen wir uns vorher einmal an, was Sie mitgebracht haben. Deswegen sind Sie doch hier, wegen der Pfandleihe, oder etwa nicht?
    Plötzlich war es mir etwas peinlich, wie verärgert ich klang, aber etwas an der Frau stimmte nicht. Ich blieb auf meinem Platz sitzen, obwohl in genau diesem Moment das Brummen der Kaffeemaschine erklang, die den Kaffee vom Vormittag aufwärmte. Sie erinnerte michdaran, dass ich bereits vier Tassen getrunken hatte, und mir wurde schlecht. Die Frau bemerkte, dass ich ihr entglitt, und kramte schließlich unter ihrem Pullover eine Umhängetasche hervor, die mit glitzernden Pailletten und Spiegelchen bestickt war.
    Leider bin ich unvermutet in eine Notlage geraten. Sie können sich das ja vielleicht nicht vorstellen, weil –
    Sie nestelte an dem Reißverschluss, aber der Rest ihres Satzes ging verloren, denn plötzlich sah ich ihr bunt umschlungenes Haupt, wie es sich zusammen mit zwei Männern über einen Tisch beugte und eine massive Kette mit einer Lupe begutachtete. Ich schloss kurz die Augen. Einer der Männer hantierte mit einem Prüfstift an der Kette herum und schien zufrieden, die Frau löste ihr Tuch und strich ihre Haare glatt, sie sagte etwas, aber –
    Entschuldigung, sagte Frau Masƚowska. Hören Sie mir überhaupt zu?
    Ich murmelte etwas von einer akuten Migräne und setzte mich auf. Die Kette, die sie vor mir auf der Samtunterlage ausgebreitet hatte, würdigte ich keines Blickes.
    Wissen Sie was? Vielleicht würde ein kleiner Kaffee doch nicht schaden.
    Mein Magen revoltierte zwar allein bei dem Gedanken, dennoch stand ich auf und schenkte uns zwei Tassen ein. Um mich wieder zu sammeln, blieb ich kurz bei der Maschine stehen. Der Geruch der Frau drang bis hierher. In die Gewissheit, sie loswerden zu müssen, mischte sich Genugtuung. Wie schafften es die bloß übrigen Pfandleihen und Kreditanstalten dieser Welt, ihre Kunden zu durchschauen? Technik und Erfahrung konnten täuschen, das hatte ich mittlerweile gelernt, und so war ich mir sicher, dass die Kette jeder Überprüfung,die ich vor Ort durchführen konnte, standhalten würde. Und doch wusste ich, dass es sich um eine Fälschung handelte, um irgendein Metall, das mit einer mehr oder weniger massiven Goldschicht überzogen war, dick genug, auch die misstrauischsten Pfandleiher zu überlisten.
    Ich stellte die Tassen auf dem Tisch ab und begann die Kette zu untersuchen. Nachdem die Frau ein paar hastige Schlucke getrunken hatte, fing sie an, von ihrer Mutter zu erzählen, die sie unterstützen müsse, aber ausgerechnet jetzt habe man ihr gekündigt. Sie

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