Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes
schoben sie aus dem Zimmer. Ich schickte Karl los, Madames verschwundenes Mädchen zu suchen oder einen Ersatz aufzutreiben, und kehrte ins Speisezimmer zurück. Lady Baskerville war gegangen, und Emerson trank ungerührt seinen Tee und machte sich Notizen auf einem Schreibblock.
»Setz dich, Peabody«, sagte er. »Es ist Zeit, daß wir einen Kriegsrat abhalten.«
»Ist es dir also gelungen, die Männer dazu zu überreden, wieder an die Arbeit zu gehen? Du machst einen viel fröhlicheren Eindruck als vorhin, und ich bin sicher, daß der Grund für deine gute Laune nicht in Bewunderung für Madame Berengeria liegt.«
Emerson ging auf diese Stichelei nicht ein. »Es ist mir nicht gelungen«, antwortete er, »aber ich habe etwas ausgeheckt, was vielleicht zu dem erwünschten Ergebnis führen wird. Ich fahre hinüber nach Luxor. Ich wünschte, ich könnte dich bitten, mich zu begleiten, aber ich wage es nicht, das Haus zu verlassen, ohne daß wenigstens einer von uns es bewacht. Ich kann niemandem sonst trauen. Amelia, du darfst den jungen Baskerville nicht unbeaufsichtigt lassen.«
Ich berichtete ihm, was ich getan hatte, und er sah zufrieden aus. »Ausgezeichnet. Daoud ist zuverlässig. Aber ich hoffe, daß du ebenfalls ein wachsames Auge auf alles hast. Deine Aussage, der Zustand des jungen Mannes habe sich verschlechtert, war doch hoffentlich als Täuschungsmanöver gedacht.«
»Richtig. Tatsächlich macht er einen kräftigeren Eindruck.«
»Ausgezeichnet«, wiederholte Emerson. »Du mußt auf der Hut sein, Peabody. Trau keinem. Ich glaube, ich weiß, wer der Mörder ist, aber …«
»Was?« rief ich aus. »Du weißt …«
Emerson drückte mir seine riesige Hand auf den Mund. »Ich werde es selbst enthüllen, wenn der Zeitpunkt dazu gekommen ist«, knurrte er.
Ich bog seine Finger von meinen Lippen weg. »Das war überflüssig«, sagte ich. »Ich war nur überrascht über deine Äußerung, nachdem du stets Desinteresse an der Angelegenheit bekundet hast. Tatsache ist, daß auch ich die Identität der fraglichen Person entdeckt habe.«
»Oh, hast du das wirklich?«
»Jawohl.«
Wir musterten einander argwöhnisch.
»Würde es dir etwas ausmachen, mich aufzuklären?« erkundigte sich Emerson.
»Ja. Ich glaube, ich weiß es. Aber wenn ich mich irre, wirst du es mir für den Rest meines Lebens unter die Nase reiben. Vielleicht klärst du mich zuerst auf.«
»Nein.«
»Ha! Du bist dir also auch nicht sicher.«
»Ich habe genug gesagt.«
Wieder blickten wir uns abschätzend an.
»Du hast keinen Beweis«, sagte ich.
»Das ist der Haken daran. Und du …«
»Noch nicht. Ich hoffe, ihn noch zu bekommen.«
»Hmmm«, meinte Emerson. »Peabody, bitte unterlasse während meiner Abwesenheit jegliche unüberlegte Handlung. Ich wünschte, du könntest dich überwinden, dich mir anzuvertrauen.«
»Wirklich, Emerson, das würde ich, wenn ich irgendwelche handfesten Informationen hätte. Im Augenblick beruht mein Verdacht nur auf Intuition, und ich weiß, daß du dafür nur Spott übrig hast. Du hast mich schon oft genug deswegen verhöhnt. Ich verspreche dir, daß ich dir alles erzähle, sobald ich konkrete Beweise habe.«
»In Ordnung.«
»Du könntest mir diese Gefälligkeit eigentlich erwidern«, meinte ich spitz.
»Ich sage dir, was ich tun werde. Wir schreiben beide den Namen der Person auf, die wir verdächtigen, und stecken das Blatt Papier in einen versiegelten Umschlag. Wenn alles vorbei ist, kann der Überlebende, falls es einen gibt, sehen, ob er recht hatte.«
Ich fand diesen Versuch eines Scherzes überhaupt nicht amüsant und verlieh dem auch Ausdruck. Wir taten es, wie Emerson vorgeschlagen hatte, und legten die versiegelten Umschläge in eine Tischschublade in unserem Zimmer.
Dann brach Emerson auf. Ich hatte gehofft, einige Minuten für mich zu haben, damit ich mir zu dem Fall ein paar Notizen machen und mir Wege überlegen konnte, um an die Beweise heranzukommen, von denen ich gesprochen hatte. Allerdings blieb mir die Zeit zum Nachdenken verwehrt, denn eine Pflicht folgte auf die nächste. Nachdem ich Karl ins Tal geschickt hatte, damit er Mr. O’Connell ablöste, führte ich ein Gespräch mit Dr. Dubois, der gekommen war, um nach Arthur zu sehen. Als ich Brühe zur Stärkung des Patienten vorschlug, erhielt ich eine eindeutig unhöfliche Antwort.
Dann führte ich den Arzt zu dem Gebäude, in das man Armadales Leiche gebracht hatte. Zufrieden stellte ich fest, daß man versucht hatte,
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