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Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes

Titel: Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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vorgespiegelt. Ein kluger Mensch hingegen wußte wahrscheinlich, daß Unkenntnis in seinem Fall Verdacht erregen würde, und würde deshalb sofort die Wahrheit gestehen.
    »Wovon sprechen Sie?« fragte Mary kläglich. »Ich verstehe kein Wort. Diese Anspielungen …«
    »Lassen Sie mich erklären«, sagte Karl.
    »Als Sprachgelehrter kennen Sie die Geschichte vermutlich am besten«, meinte Emerson leichthin. »Fahren Sie fort, Karl.«
    Der junge Mann räusperte sich verlegen. Als er zu sprechen begann, stellte ich allerdings fest, daß er nicht wie sonst so häufig ins Stottern geriet. Das hatte etwas zu bedeuten.
    »Die Geschichte handelt von zwei Brüdern: Anubis, dem älteren, und Bata, dem jüngeren. Ihre Eltern waren schon tot, und Bata lebte bei seinem älteren Bruder und dessen Frau. Als sie eines Tages auf dem Feld arbeiteten, schickte Anubis Bata zum Haus zurück, um Saatkorn zu holen. Die Gattin des Anubis sah, wie kräftig der junge Mann war, und wollte … äh … das heißt, sie fragte ihn … äh …«
    »Sie hat versucht, ihn zu verführen«, unterbrach Emerson ihn ungeduldig.
    »Jawohl, Herr Professor! Entrüstet wies der junge Mann die Frau zurück. Doch da sie befürchtete, Bata werde sie an ihren Gatten verraten, erzählte sie Anubis, Bata habe … äh … versucht, sie zu verführen. Also versteckte sich Anubis in der Scheune, um seinen jüngeren Bruder umzubringen, wenn dieser vom Feld zurückkehrte.«
    »Aber«, fuhr Karl fort, der sich inzwischen für seine Geschichte erwärmte, »Batas Vieh verfügte über Zauberkräfte; es konnte sprechen. Als eine Kuh nach der anderen in die Scheune kam, warnte jede von ihnen Bata, daß sein Bruder sich hinter der Tür verbarg und beabsichtige, ihn zu ermorden. Also lief Bata fort, und Anubis verfolgte ihn. Die Götter, die von Batas Unschuld wußten, ließen zwischen ihnen einen Fluß voller Krokodile entstehen. Dann rief Bata von der anderen Seite des Flusses zu seinem Bruder hinüber und erklärte ihm, was geschehen war. Als Zeichen seiner Unschuld schnitt er sich den … äh … das heißt …«
    Karl lief feuerrot an und hörte auf zu sprechen. Vandergelt grinste breit, als er die Verlegenheit des jungen Mannes bemerkte, und Emerson sagte nachdenklich: »Für diese Handlung gibt es keine annehmbare Beschönigung; lassen Sie sie einfach weg, Karl. Angesichts dessen, was später in der Geschichte geschieht, ergibt sie sowieso nicht viel Sinn.«
    »Jawohl, Herr Professor. Also, Bata sagte zu seinem Bruder, er werde an einen Ort gehen, der Zederntal hieß, dort werde er sein Herz in die Krone einer hohen Zeder legen. Anubis werde wissen, daß sein Bruder bei guter Gesundheit sei, solange das Bier in seinem Becher eine klare Farbe habe. Trübe es sich jedoch, so bedeute das, daß Bata in Gefahr schwebe. Dann müsse er Batas Herz suchen und es ihm zurückgeben.«
    Lady Baskerville konnte nicht länger an sich halten. »Was soll dieser Unsinn?« rief sie aus. »Noch nie habe ich eine so dumme Geschichte …«
    »Es ist ein Märchen«, meinte ich. »Märchen sind nicht vernünftig, Lady Baskerville. Fahren Sie fort, Karl. Anubis kehrte zum Haus zurück und tötete seine treulose Frau …«
    Hier wurde ich – zum ersten- und letztenmal im Leben – von Karl unterbrochen.
    »Jawohl, Frau Professor. Anubis bereute, daß er sich gegen seinen armen, jüngeren Bruder ungerecht verhalten hatte. Und die unsterblichen Götter fühlten ebenfalls Mitleid mit Bata. Sie beschlossen, ihm eine Frau zu machen – die schönste Frau der Welt –, damit er in der Einsamkeit seiner Verbannung Gesellschaft habe. Und Bata verliebte sich in die Frau und nahm sie zur Gemahlin.«
    »Pandora!« rief Mr. O’Connell aus. »Ehrlich, diese Geschichte habe ich noch nie gehört. Aber sie geht genauso wie die Legende von Pandora, die die Götter für … Himmel Herrgott, ich kann mir den Namen dieses Burschen einfach nicht merken.«
    Niemand klärte ihn auf. Ich hätte diesen jungen Mann nie für so bewandert auf dem Gebiet der vergleichenden Literaturwissenschaft gehalten. Doch wahrscheinlicher war es, daß er versuchte, seine eigene Unkenntnis der Geschichte hervorzuheben.
    »Die Frau ähnelte Pandora«, stimmte Karl zu. »Sie brachte Böses. Eines Tages, als sie badete, entriß ihr der Fluß eine Haarlocke und trug sie an den Hof des Pharaos. Der Duft ihres Haares war so wundervoll süß, daß der Pharao Soldaten ausschickte, um die Frau, von deren Kopf es stammte, zu finden. Die

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