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Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein

Titel: Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Ramses, halte mir keine Vorlesung! Ich möchte wissen, wann du dir diese schlechte Angewohnheit zugelegt hast. Merke dir, mein Sohn: In der Kürze liegt die Würze, und nicht nur in Witzen, sondern auch in der Literatur und im Umgang miteinander. Nimm dir ein Beispiel an mir …«
    Ich wurde plötzlich unterbrochen. Aber nicht von Ramses, der mir aufmerksam zugehört hatte, sondern von Bastet, die sich mit Geheul bemerkbar machte und mich in den Stiefel biß.
    Diesen privaten Aufzeichnungen kann ich ja anvertrauen, daß ich einen Fehler machte, indem ich Ramses unterbrach, als er von seinen Zukunftsplänen berichten wollte.
    Den Vormittag über war ich mit der Einrichtung des Hauses beschäftigt, so daß ich erst nach dem Mittagessen Zeit fand, den Grabungsplatz anzuschauen. Meine Stimmung hob sich beträchtlich, als ich das gewohnte Bild sah – etwa fünfzig Männer hackten, gruben und sangen, während die Kinder die Körbe wegschleppten. Ich ging den ersten Graben entlang und hoffte, daß plötzlich ein aufregender Fund gemacht würde. Aber es geschah nichts dergleichen. Als ich am Ende des Grabens angekommen war, machte ich trotzdem noch eine Entdeckung. Wenn viele Fremde behaupten, daß alle Ägypter gleich aussehen, so mag das an den gleichförmigen Gewändern, den Turbanen und auch an der ähnlichen Barttracht liegen. Ich hingegen ließ mich davon nicht ablenken und konnte die verschiedenen Gesichter recht gut unterscheiden. Kaum hatte ich ihn gesehen, da durchfuhr mich die Erkenntnis.
    Rasch lief ich zu Emerson zurück, der gerade mit Sauermiene den ersten Fund des Tages – eine tönerne Öllampe – begutachtete. »Er ist hier«, rief ich. »Er arbeitet im Abschnitt vierundzwanzig. Komm mit, Emerson!«
    »Wer ist hier, Amelia?«
    Ich legte eine effektvolle Pause ein. »Der Mann, der mit Abd el Atti gesprochen hat.«
    Emerson warf die Lampe auf den Boden. »Von wem zum Teufel sprichst du?«
    »Du mußt dich doch noch erinnern, Emerson! Ich habe ihn dir beschrieben. Er sprach mit Abd el Atti, doch als er mich sah …«
    »Bist du verrückt geworden?« bellte Emerson.
    Ich packte ihn am Arm. »Komm rasch, Emerson!«
    Unterwegs erklärte ich ihm noch einmal alles. »Er ist ein übel aussehender Typ, Emerson. Sein Gesicht werde ich wohl nie im Leben vergessen. Wenn du mich fragst, weshalb er uns bis hierher gefolgt ist, dann kannst du nur zu dem Schluß kommen, daß er Böses im Schilde führt.«
    »Wo ist denn dieser Gauner?« fragte Emerson mit nachsichtiger Freundlichkeit.
    »Dort«, sagte ich und deutete auf den Mann.
    »He, Sie!« rief Emerson.
    Der Mann richtete sich auf, und seine Augen spiegelten eine gespielte Überraschung. »Sprechen Sie mit mir, Efendi?«
    »Ja, mit Ihnen. Wie heißen Sie?«
    »Hamid, Efendi.«
    »A ja, ich erinnere mich. Sie kommen nicht aus dem Dorf.«
    »Nein, aus Manawat. Wir haben dort erfahren, daß es hier Arbeit gibt.«
    Der Mann antwortete ohne zu zögern und ließ Emerson nicht eine Sekunde aus den Augen, was ich sehr verdächtig fand.
    »Geh langsam!« ermahnte ich Emerson leise. »Wenn er sich angegriffen fühlt, geht er vielleicht mit seinem Pickel auf dich los.«
    »Bah!« machte Emerson nur. »Waren Sie in der letzten Zeit in Kairo, Hamid?«
    »In Kairo? Dort bin ich noch nie gewesen, Efendi.«
    »Kennen Sie den Antiquitätenhändler Abd el Atti?«
    »Nein, Efendi.«
    Emerson bedeutete ihm, daß er wieder an seine Arbeit zurückkehren sollte, und zog mich beiseite. »Also! Glaubst du mir jetzt, daß du dir alles nur einbildest, Amelia?«
    »Natürlich mußte er alles abstreiten. Deine Befragung war nicht korrekt, Emerson. Aber das macht nichts. Ich hatte nicht erwartet, diesem Mann ein Geständnis abzuringen, sondern ich wollte lediglich deine Aufmerksamkeit auf ihn lenken.«
    »Tu mir einen Gefallen«, bat Emerson, »und lenke meine Aufmerksamkeit auf nichts und niemanden mehr, außer es oder er ist bereits seit mehr als tausend Jahren tot. Meine Arbeit ist schwer genug, und ich kann derartige Ablenkungen nicht gebrauchen.« Mit diesen Worten entfernte er sich brummelnd.
    Um ehrlich zu sein, tat es mir bereits leid, so voreilig gewesen zu sein. Vielleicht wäre es besser gewesen, den Mann im Glauben zu lassen, daß seine Verkleidung in Form eines blauen Turbans nicht durchschaut worden war. Aber jetzt war der Schaden nicht mehr zu beheben. Doch mich tröstete der Gedanke, daß Hamid jetzt vielleicht gezwungen war, rascher zu handeln, als er ursprünglich beabsichtigt

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