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Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein

Titel: Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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der arme Kerl noch nicht einmal im Museum war!«
    »Für Besichtigungen ist am Ende der Saison noch ausreichend Zeit«, sagte ich und faltete meine Serviette.
    »Aber die Höflichkeit gebietet es, unseren Nachbarn zu begrüßen, Peabody!«
    »Ohne Zweifel, aber so kenne ich dich gar nicht. Nun gut«, fügte ich schnell hinzu. »Wenn du möchtest, werden wir selbstverständlich hingehen.«
    Wir nahmen Selim mit und überließen John und Abdullah die Oberaufsicht über die Arbeiten. Obwohl ich normalerweise zu den gleichmütigen Naturen zähle, konnte ich es doch nicht verhindern, daß meine Enttäuschung immer heftiger wurde, je näher ich den vollkommenen Objekten meiner Träume kam. Wie gerne hätte ich dort gearbeitet und ihre Geheimnisse erforscht!
    Die beiden großen Pyramiden von Dahschûr stammen aus derselben Epoche wie die in Gizeh und sind auch ebenso groß. Sie sind aus Kalkstein erbaut worden, und die schneeweiße, blendende Oberfläche verändert sich mit dem Tageslicht – ein tiefes Gold bei Sonnenuntergang und ein durchscheinend geisterhaftes Weiß im Mondlicht. Im Augenblick standen sie grellweiß vor dem tiefblauen Himmel.
    Ganz in der Nähe gibt es noch drei weitere Pyramiden, die allerdings viel später und weniger kunstvoll errichtet worden sind. Sie bestehen aus Lehmziegeln, die man anschließend mit Kalkstein verkleidet hat. Nachdem die Steine von späteren Bauherren oder auch von den Bauern entfernt worden sind, sind die Ziegelbauten schnell verfallen. Trotzdem bot die südlichste dieser drei Pyramiden noch einen gewaltigen Anblick und schien von unserem Blickwinkel aus fast größer als ihre steinernen Nachbarn zu sein. Da die Lehmziegel stumpf und dunkel wirken im Gegensatz zu dem blendendweißen Kalkstein, nennt man sie auch die >Schwarze Pyramide<.
    »Sie sieht wirklich nicht aus wie eine Pyramide, nicht wahr, Emerson?« fragte ich.
    Auch Emersons Stimmung war nicht die beste. »Du weißt sehr gut, daß es sich um eine Pyramide handelt, Peabody! Diese Scherze kannst du dir sparen.«
    Er hatte recht. Ich kannte die einzelnen Bauwerke von Dahschûr besser als die Zimmer meines Hauses. Emerson hatte meine Enttäuschung sehr wohl bemerkt, und es tat ihm leid, daß er die Situation nicht ändern konnte. Ich fühlte mich schuldig.
    Als wir uns der >Schwarzen Pyramide< näherten, sahen wir, daß auf der östlichen Seite gearbeitet wurde. Von de Morgan entdeckten wir allerdings keine Spur. Erst Emersons Rufen schreckte ihn aus seinem Mittagsschlaf.
    De Morgan war ein Mann in den Dreißigern und früher Ingenieur im Bergbau gewesen, bevor er Direktor der Antikensammlung geworden war. Dieser Posten wurde traditionsgemäß regelmäßig mit einem Franzosen besetzt. Er sah sehr gut aus, hatte ein angenehmes Gesicht und einen üppigen Schnurrbart. Obwohl er gerade erst aus dem Schlaf geweckt worden war, trat er in perfekter Kleidung aus seinem Zelt, worauf Emersons Lippen sich spöttisch kräuselten. Hochgerollte Ärmel und ein offener Hemdkragen schienen ihm bei der Arbeit angebrachter.
    Ich entschuldigte mich für die Störung. »Aber nein, Madam«, sagte er gähnend. »Ich hatte gerade ausgeschlafen.«
    »Es wird auch höchste Zeit«, sagte mein Mann. »Wenn Sie diesen Landesbräuchen zu sehr huldigen, wird Ihre Arbeit darunter leiden. Außerdem werden Sie die Grabkammer nicht entdecken, wenn Sie so planlos graben statt nach der Öffnung zu suchen …«
    Mit gezwungenem Lachen unterbrach ihn de Morgan. » Mon vieux – ich möchte mich nicht über die Arbeit unterhalten, bevor ich nicht Ihre charmante Frau begrüßt habe. Dies ist wohl der junge Emerson. Wie geht es dir, mein Freund?«
    »Gut, danke«, antwortete Ramses. »Darf ich mir die Pyramide anfehen?«
    »Schon ein richtiger Archäologe«, lobte de Morgan. » Mais certainement, mon petit. «
    Ich winkte Selim, der sich respektvoll im Hintergrund gehalten hatte, Ramses zu folgen. De Morgan bot uns Stühle und einen Drink an. Gerade als wir saßen, trat ein weiterer Mann gähnend aus einem der Zelte.
    »Beim Herrgott!« sagte Emerson überrascht. »Das ist der Gauner Kalenischeff! Was tut er denn hier?«
    De Morgan runzelte indigniert die Brauen. »Er hat mir seine Dienste angeboten, und ich kann immer eine zusätzliche Hand gebrauchen.«
    »Er versteht doch weniger von Archäologie als mein Sohn«, bemerkte Emerson.
    »Ich würde mich freuen, die Ansichten Ihres Sohnes kennenzulernen«, sagte de Morgan höflich, aber sichtlich verärgert. »Ah,

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