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Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein

Titel: Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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kompromittierenden Äußerung zu verführen. Er war ein routinierter Lügner, aber gleichzeitig ließ auch mein Interesse merklich nach, denn im Schatten dieser gigantischen Pyramide verblaßte mein detektivischer Ehrgeiz, und das archäologische Fieber erwachte mit aller Macht. Als de Morgan sich mit der Serviette den Mund abtupfte und uns Kaffee anbot, sagte ich so beiläufig wie möglich: »Vielen Dank, Monsieur, aber ich würde statt dessen lieber in die Pyramide gehen.«
    »In die Pyramide hineingehen?« fragte de Morgan. »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!«
    »Mrs. Emerson spaßt nie, wenn es sich um Pyramiden handelt«, sagte mein Mann.
    »Ganz bestimmt nicht«, bestätigte ich.
    »Aber … die Gänge sind dunkel und schmutzig! Und es ist scheußlich heiß …«
    »Aber man kann hinein, oder? Perring und Vyse haben sie doch schon vor sechzig Jahren entdeckt.«
    »Ja, ja, man kann schon hinein, aber die Fledermäuse …«
    »Fledermäufe stören meine Mutter nicht«, sagte Ramses.
    »Wie bitte?« fragte de Morgan.
    »Fledermäuse stören mich nicht«, übersetzte ich. »Auch die übrigen Unannehmlichkeiten machen mir nicht das geringste!«
    »Wenn Sie darauf bestehen, werde ich Ihnen einen Mann mit einer Fackel mitgeben«, sagte de Morgan zögernd. »Professor – haben Sie keine Einwände?«
    »Ich habe niemals Einwände gegen das, was meine Frau tut. Es würde nichts nützen und wäre nur Zeitverschwendung!«
    »Hm«, machte de Morgan. »Also gut! Sie können Ihren Sohn als Führer mitnehmen«, sagte er dann, wobei er Ramses einen Blick zuwarf. »Er kennt die Pyramide am besten.«
    Emerson verschluckte sich und mußte fürchterlich husten. Ich betrachtete meinen Sohn, und er betrachtete mich mit undurchdringlicher Miene. »Du hast also die Knickpyramide erforscht, Ramses?« fragte ich völlig ruhig.
    »Ja«, sagte de Morgan. »Meine Männer haben ihn eines Tages gesucht, aber glücklicherweise hat ihn einer von ihnen in die Pyramide klettern sehen. Sonst hätten wir ihn vielleicht gar nicht mehr rechtzeitig gefunden.«
    »Wie ich Ihnen bereitf erklärt habe, Monfieur, beftand keinerlei Anlaf, mich zu retten«, sagte Ramses. »Ich hätte jederzeit wieder hinaufgefunden, aber Fie haben mich daran gehindert!«
    Ich war sicher, daß diese Aussage in allen Punkten der Wahrheit entsprach, denn Ramses hatte einen untrüglichen Orientierungssinn und wie eine Katze mindestens sieben Leben. Ich fragte mich nur, wie viele er davon bereits aufgebraucht hatte.
    »Ich hätte es wissen müssen«, sagte ich. »Eines Abends bist du nach Hause gekommen und hast dich sofort gewaschen …«
    »Die Exkremente der Fledermäufe haben einen entfetzlich durchdringenden Geruch«, sagte Ramses.
    »Habe ich dir nicht verboten, Pyramiden zu erforschen?«
    »Nein, Mama. Ich bin ficher, daf du diefef Verbot nicht aufgefprochen haft. Hätteft du ef nämlich getan, wäre ich felbftverftändlich …«
    »Vergiß meine Frage. Da du den Weg kennst, kannst du natürlich mitkommen.«
    Wir ließen die anderen am Tisch zurück und stiegen in Begleitung eines Arbeiters zum Eingang hinauf. Ich konnte Ramses nicht einmal böse sein, denn ich hatte wirklich übersehen, ihm das Betreten der Pyramiden zu verbieten. Wahrscheinlich hätte es auch nicht viel genützt, denn in diesem Fall hätte er sich eben eine andere Beschäftigung gesucht.
    »Ramses, du gehst in keine andere Pyramide mehr, hast du verstanden?«
    »Aufer in eurer Begleitung?« schlug Ramses vor.
    »Nun – ja. Ich glaube, ich muß diese Ausnahme zulassen, weil sie der gegenwärtigen Situation entspricht.«
    Der Eingang lag auf der Nordseite in einer Höhe von etwa zehn Metern. Dank der unüblichen Neigung war der Aufstieg nicht allzu schwer, und Ramses kletterte wie ein kleiner Affe auf Händen und Füßen vor mir her.
    Als wir die Öffnung erreicht hatten, zündete de Morgans Mann die Fackel an, und wir betraten einen niedrigen Gang, der stetig abwärts führte. Die Luft war unglaublich stickig, und es wurde immer heißer, je tiefer wir in die Dunkelheit vordrangen. Aus Büchern wußte ich, daß der Gang fast neunzig Meter lang war, aber jetzt kam er mir viel länger vor. Endlich erreichten wir einen größeren Raum, dessen Decke voller Fledermäuse hing. Sie quiekten und flatterten ein wenig, doch dann beruhigten sie sich wieder.
    Wie gesagt, hatte ich den Grundriß leidlich im Kopf, doch ich bemerkte den Ausgang aus dieser Kammer erst, als Ramses ihn mir zeigte. Er befand sich in

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