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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Tonbecher standen. Nachdem Emerson einen vorsichtigen Schluck von der Flüssigkeit genommen hatte, hob er fragend seine Augenbrauen.
    Ich tat es ihm nach. »Das ist französischer Cognac«, entfuhr es mir.
    »Der beste französische Cognac«, sagte Emerson. »Vater, woher haben Sie den?«
    Der Geistliche hatte seinen Becher bereits geleert. Er schenkte sich ein weiteres Mal großzügig ein und erwiderte naiv: »Er befand sich hier im Haus, als ich zurückkehrte.«
    »Wir brennen darauf, von Ihrem Abenteuer zu erfahren, Vater«, sagte Emerson. »Ich kann mich noch gut an den Zorn meiner besseren Hälfte, der Sitt Hakim hier an meiner Seite, erinnern, als sie erfuhr, daß der Geistliche von Dronkeh nicht der war, für den er sich ausgegeben hatte. >Was ist mit dem echten Geistlichen geschehen, du Sohn eines Kamels?< fuhr sie mich an. >Wenn diesem gutherzigen, vortrefflichen Mann auch nur ein Haar gekrümmt wird, reiße ich dir das Herz aus der Brust!<«
    Emersons Version war keine sehr genaue Wiedergabe dessen, was ich gesagt hatte, aber ich hatte mir wirklich Sorgen um den verschwundenen Geistlichen gemacht, da ich mich noch sehr gut an die zynische Bemerkung des Meisterverbrechers erinnern konnte: »Er genießt die weltlichen Freuden, denen er entsagt hat, und es besteht lediglich Gefahr für seine Seele.«
    Nachdem mir Vater Todorus für meine Besorgnis gedankt hatte, erzählte er uns seine Geschichte. Es war klar, daß er nur auf unsere Aufforderung gewartet hatte und daß die ständige Wiedergabe seinen Bericht in eine dieser gut einstudierten Schilderungen verwandelt hatte, von denen Emerson nie genug bekommen kann. Leider bot seine lange, ausschweifende Geschichte mehr stilistische Feinheit als sachliche Information. Ohne seine überflüssigen Ausschmückungen hätte er sie in wenigen Sätzen wiedergeben können.
    Vater Todorus war eines Nachts wie gewöhnlich zu Bett gegangen, dann an einem merkwürdigen Ort wieder aufgewacht und hatte keine Vorstellung, wie er dort hingelangt war. Der Raum war elegant, um nicht zu sagen luxuriös ausgestattet gewesen (die Beschreibung der seidenen Vorhänge und des weichen Sofas, des Springbrunnens und der Marmorfußböden machten den Großteil seiner Schilderung aus). Aber er sah niemanden außer den Bediensteten, die ihm köstliche Speisen und erlesene Getränke auftischten, und da die Fenster vergittert und abgedunkelt waren, konnte er nichts erkennen, was ihm auch nur den leisesten Hinweis auf seinen Aufenthaltsort hätte geben können.
    Von seiner Rückkehr berichtete er in ebenso schauriger Art und Weise. Eines Morgens erwachte er wieder auf demselben schmalen Feldbett, von dem man ihn weggezaubert hatte, und zunächst konnte er sich kaum vorstellen, daß die ganze Episode etwas anderes als ein langer, lebhafter Traum gewesen sein sollte. Das Erstaunen der Gemeindemitglieder über seine Rückkehr und ihre Berichte darüber, was während seiner Abwesenheit geschehen war, lieferten den Beweis, daß seine Erlebnisse der Realität entsprachen. Aber der arglose Mann gab offen zu, daß er die ganze Sache irgendwelchen bösen Geistern zuschrieb, die heilige Männer mit weltlichen Versuchungen quälen.
    »Also wurden Sie in Versuchung geführt, nicht wahr?« fragte Emerson. »Mit köstlichen Speisen, erlesenen Weinen und Spirituosen …«
    »Unser Glaube verbietet so etwas nicht«, beeilte sich Vater Todorus zu erwidern.
    »Nein, aber andere Versuchungen sind zumindest dem Klerus strikt verboten. Handelte es sich bei den Bediensteten, die für Ihr Wohlergehen sorgten, um Männer oder Frauen?«
    Der schuldbewußte Ausdruck auf dem Gesicht des armen Mannes war Antwort genug. Emerson hätte das Thema schmunzelnd weiterverfolgt, wenn ich ihn nicht unterbrochen hätte. »Es wäre der Sache dienlicher, Emerson, wenn wir Vater Todorus um eine genauere Beschreibung des Ortes bitten würden, wo er gefangengehalten wurde. Er hat vielleicht irgend etwas gehört oder gesehen, was uns einen Anhaltspunkt auf das Versteck geben könnte.«
    Ich sprach Englisch, und Emerson antwortete in derselben Sprache. »Wenn dieser Schweinehund Sethos so schlau ist, wie du immer behauptest, dann hat er diesen Ort längst verlassen. Aber, nun gut, Fragen kostet nichts.«
    Vater Todorus schien sichtlich erleichtert, als ihn Emerson, statt auf das schreckliche Thema seiner Versuchungen zurückzukommen, nach seinem Gefängnis fragte. Wie so viele Menschen war auch der Geistliche ein schlechter Beobachter.

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