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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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diejenigen leiden zu lassen, die Sie lieben. Gestehen Sie Ihre Unschuld sowie die Schuld Ihres Bruders. Nehmen Sie die Position ein, die Ihnen rechtlich zusteht und bekennen Sie sich zu Ihrer Braut!«
    »Ich kann Ihnen nicht glauben«, stammelte Donald. »Sie verachtet mich. Sie …«
    »Nun, natürlich tut sie das. Das hat nichts mit ihrer Liebe zu Ihnen zu tun. Jetzt hören Sie mir einmal zu, Donald. Sie können uns nicht verlassen. Ich bin nicht in der Lage, Emerson das folgende zu erklären, denn er ist so unsachlich, was den Meisterverbrecher anbelangt, daß die bloße Erwähnung dieses Namens Tobsuchtsanfälle bei ihm auslöst, aber ich wage zu hoffen, daß Sie mich verstehen. Enid ist in großer Gefahr, nicht hinsichtlich der Polizei, sondern was dieses geheimnisvolle, kriminelle Genie angeht. Er wollte, daß sie für den Mord an Kalenischeff verhaftet und verurteilt würde. Aus welchem anderen Grund hätte er ihr Hotelzimmer für das Mordszenario wählen sollen?«
    »Möglicherweise«, schlug Donald vor, »weil Kalenischeff ansonsten ständig auf der Hut und lediglich unvorbereitet auf diesen Angriff war, weil er sich in dem Glauben wähnte, zu einem romantischen Rendezvous eingeladen worden zu sein.«
    »Meine Frage war rein rhetorisch«, sagte ich in scharfem Ton. »Sie können mir glauben, Enid ist keineswegs sicher. Wer weiß, vielleicht hat sie in jener grauenvollen Nacht irgend etwas gesehen oder gehört, was Sethos belasten könnte, wenn sie sich nur daran erinnerte. Lassen Sie sich von ihr beleidigen und beschimpfen, aber lassen Sie sie nicht im Stich, wenn sie Sie braucht. Und da wir nun schon einmal beim Thema Beleidigungen und Beschimpfungen sind, darf ich Ihnen sagen, daß Ihre devote Haltung gegenüber Enids Schmähungen ihre Meinung von Ihnen nicht unbedingt positiv beeinflußt. Es würde mich freuen, Ihnen ein oder zwei Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten …«
    Erneut wollte Donald aufspringen, und diesmal geschah es so abrupt, daß sein Sessel umkippte. »Ich bitte Sie, Mrs. Emerson – verschonen Sie mich. Ihre Argumente haben mich überzeugt. Ich werde Miss Debenham niemals verlassen, solange sie meinen Schutz braucht. Aber ich kann nicht … ich kann es nicht ertragen … oh, Gott!«
    Mit diesen Worten eilte er ins Haus zurück.
10
     
    Abdullah hatte vergessen, die Hoftore zu verschließen. Ich genoß die Augenblicke angenehmer und seltener Ruhe, hörte nur die entfernten Stimmen von Ramses und Enid, die über das klassische Ägyptisch diskutierten (genauer gesagt, Ramses’ Stimme, der Enid einen Vortrag über die altägyptische Sprache hielt), und erfreute mich an der Schönheit des Sonnenuntergangs. Der weite Himmel wurde von einer großartigen Farbpalette überstrahlt, die kein Maler auf Erden je erreichen könnte – schimmernde Bronzetöne und leuchtendes Feuerrot, Tiefdunkelblau, Rosa und zartes Blaugrau. Ich wußte, daß die unglaubliche Farbenpracht des Himmels mit den Sandpartikeln in der Atmosphäre zusammenhing und hoffte nur, daß uns kein Sturm bevorstand.
    Einer der Wege ins Dorf führte an unseren Hoftoren vorbei, und mein Umfeld wurde ebenfalls von den Gestalten der Fellachen belebt, die von den Feldern nach Hause zurückkehrten, von Eseln, die mit Holz für die Feuerstellen beladen waren, und von schwarz gekleideten Frauen, die riesige Wassergefäße auf ihren Köpfen trugen. Der ewige Lauf der Dinge in Ägypten, dachte ich im stillen – denn in solchen Augenblicken überkommt mich ein Hang zum Poetischen.
    Eine unpassende Gestalt drängte sich in das Bild der langsam vorüberziehenden Prozession, deren rasche Art der Fortbewegung störend wirkte. Es war die Gestalt eines zu Pferde sitzenden Mannes, der geradewegs durch die offenen Tore geritten kam. Als er mich sah, saß er ab und lüftete seinen Tropenhelm.
    »Mrs. Emerson, ich bin Ronald Fraser. Wir haben uns bereits kennengelernt …«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Sind Sie zufällig der Mann, der heute nachmittag ein Loch in den Tropenhelm meines Sohnes geschossen hat?«
    »Nein, um Gottes willen! Ich hoffe es zumindest nicht.« Sein Lächeln verlieh ihm eine so starke Ähnlichkeit mit seinem Bruder, daß ich unwillkürlich über meine Schulter blickte. Donald war allerdings nirgends zu sehen, dafür aber Emerson. Seine breiten Schultern füllten den Türrahmen aus, und sein Gesicht war zornesrot.
    »Sie hoffen es zumindest nicht«, wiederholte er ironisch. »Ich will es auch nicht hoffen, junger Mann. Denn

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