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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Fenstern den Charakter eines Labyrinths an. Die Balkone, die sich mit ihren Gittereinfriedungen über die oberen Etagen der riesigen alten Bauten erhoben, sperrten das Sonnenlicht aus, so daß wir durch dämmrigen Schatten schlenderten. Unter den Passanten befanden sich nur wenige Europäer oder Engländer, von denen einige wie im Drogenrausch mit leerem Blick vor sich hin stolperten.
    Obwohl die Straßen (sofern man sie überhaupt so nennen konnte) sich unaufhörlich wanden und ständig abzweigten, gelang es mir, ein wachsames Auge darauf zu haben, was hinter uns passierte. Mr. Gregson bemerkte meine Blicke. »Sie fühlen sich nicht wohl in Ihrer Haut«, sagte er ernst. »Ich hätte Sie nicht hierherbringen sollen. Wenn Sie lieber umkehren möchten …«
    »Gehen Sie weiter«, zischte ich.
    »Was ist denn los?«
    »Wir werden verfolgt.«
    »Wie bitte?«
    »Gehen Sie weiter, habe ich gesagt. Drehen Sie sich nicht um.«
    »Sicherlich irren Sie sich.«
    »Nein. Hinter uns ist ein Mann, den ich bereits zweimal gesehen habe – einmal vor dem Shepheard, und ein weiteres Mal lungerte er vor dem Café herum. Ein schlanker Bursche mit weißer gibbeh und blauem Turban.«
    »Aber, Mrs. Emerson, diese Beschreibung trifft auf die Hälfte der männlichen Einwohner Kairos zu!«
    »Er war sehr darauf bedacht, die untere Hälfte seines Gesichts hinter dem Ärmel seines Gewandes verborgen zu halten. Ich bin sicher, daß er uns verfolgt – und ich habe vor, ihn zu schnappen. Folgen Sie mir!«
    Abrupt drehte ich mich um und stürzte mich mit erhobenem Sonnenschirm auf den Spion.
    Mein unverhoffter Angriff traf beide Männer völlig überraschend. Gregson stieß einen entsetzten Aufschrei aus, und der Verfolger blieb stehen und versuchte, schützend seine Arme über seinen Kopf zu legen. Vergeblich – ich war schneller als er! Krachend sauste mein Sonnenschirm auf seine Kopfbedeckung. Er rollte die Augen, ging in die Knie und sank dann in einer Fülle aus weißem Baumwollstoff zu Boden.
    »Ich habe ihn«, rief ich und setzte mich auf den Brustkorb des umgestürzten Mannes. »Mr. Gregson – kommen Sie sofort hierher, ich habe den Spion dingfest gemacht!«
    Auf wundersame Weise war die Straße schlagartig wie leergefegt. Ich wußte, daß sich neugierige Beobachter hinter den Türpfosten verbargen oder durch die verhangenen Fenster hinausspähten. Jedenfalls hatten sich die Zuschauer klugerweise vom Ort des Geschehens entfernt. Gregson kam auf mich zu, allerdings ohne die überschwenglichen Lobesworte, die ich von ihm erwartet hatte.
    Dann murmelte eine getragene Stimme unterdrückt: »Sitt Hakim – oh, Sitt, ich glaube, du hast mir den Schädel gespalten.«
    Diese Stimme kannte ich. Mit zitternder Hand schob ich die Stoffmassen beiseite, die das Gesicht meines Gefangenen verbargen.
    Es war Selim, Abdullahs Sohn – das von allen vergötterte Nesthäkchen dieser uns treu ergebenen Familie. Und ich hatte ihn niedergeschlagen!
    »Was zum Teufel tust du denn hier, Selim?« wollte ich wissen. »Nein, sag jetzt nichts. Emerson hat dich geschickt. Du bist mit uns im selben Zug hierhergekommen, nur in einem anderen Abteil … und du hast mir nachspioniert, seit Emerson und ich uns vor dem Verwaltungsgebäude getrennt haben!«
    »Nicht nachspioniert, Sitt«, protestierte der Junge. »Dich bewacht und beschützt! Der Vater der Flüche ehrte mich mit diesem Auftrag, und ich habe versagt … ich bin in Schande gefallen … mein Herz ist gebrochen … genau wie mein Kopf, Sitt. Ich werde sterben. Sage dem Vater der Flüche Lebewohl von mir, und auch meinem ehrenwerten Vater und meinen Brüdern Ali und Hassan und …«
    Ich stand auf und reichte Selim eine Hand. »Steh auf, du dummer Junge. Du bist nicht verletzt. Dein Turban hat den Schlag abgemildert, und ich glaube nicht einmal, daß deine Haut einen einzigen Kratzer abbekommen hat. Laß mich einmal nachschauen.«
    Tatsächlich bestand Selims Verletzung lediglich aus einer sich entwickelnden Beule auf seinem Schädel. Ich nahm eine Dose Heilsalbe von meinem Werkzeuggürtel und strich die Creme auf die Beule. Dann umwickelte ich Selims Kopf mit einem Verband, bevor ich ihm seinen Turban wieder aufsetzte. Aufgrund des Verbands thronte er ziemlich hoch auf seinem Kopf, aber daran ließ sich nichts ändern.
    Mr. Gregson hatte mich schweigend beobachtet. Sein Gesichtsausdruck war seltsam abwesend.
    »Entschuldigen Sie, Mr. Gregson«, sagte ich. »Aber jetzt können wir weitermachen. Macht es Ihnen

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