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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Mann, der ihm so ähnlich sah? Waren sie, wenn überhaupt, vielleicht beide Enids Cousins? Und wenn einer von ihnen Ronald hieß, wer war dann der andere? Und wer von diesen beiden war möglicherweise Sethos?
    Ich gebe zu, daß ich vorübergehend ziemlich durcheinander war. Brachte mich diese überraschende Entwicklung von meinem ursprünglichen Plan ab? Gar nicht daran zu denken, werter Leser! Ich hing mir das Medaillon um meinen Hals. Dann schüttelte ich Enids Jacke aus, die sie ebenfalls um die Handtasche gewickelt hatte. Sie war ziemlich knapp über meinem Busen – um ehrlich zu sein, ich konnte die Knöpfe nicht schließen. Das war mir aber ganz recht, da ich wollte, daß man das Medaillon sehen konnte.
    In einiger Entfernung von den Zelten setzte ich mich auf einen Felsvorsprung und bereitete mich auf das Warten vor. Ich hatte keine Ahnung, ob an diesem Tag noch irgend etwas Interessantes geschah, aber früher oder später mußten meine Bemühungen Früchte tragen. Nichts entging der Aufmerksamkeit dieses unbekannten Verbrechergenies. Er mußte einfach wissen, daß Enid in Dahschur war. Er hätte sich von ihrer Maskerade ebensowenig irreführen lassen wie ich. Gemäß dem Sprichwort harrte ich der Dinge, die da kommen würden und hatte keinen Zweifel daran, daß ein Angriff oder sogar eine Entführung auf mich wartete.
    Ohne meinen Gürtel und meinen Sonnenschirm fühlte ich mich irgendwie nackt. Allerdings war das Gewicht der Pistole in meiner Hosentasche aufbauend, wenn auch lästig. Einmal dachte ich, ich hätte eine Bewegung hinter einem weiter entfernten Felsen bemerkt, und mit wachsender Hoffnung in meinem Herzen kehrte ich dieser Richtung absichtlich den Rücken zu. Aber niemand kam.
    Langeweile hatte ich allerdings nicht. Ein aktiver Geist kennt keine Langeweile, und es gab vieles, worüber ich nachdenken mußte. Zwischen den Gedanken an die mögliche Lage meines Pyramideneingangs und meinen Plänen, am Abend Nemos Gewand (und Nemo selbst) zu säubern, überlegte ich mir Maßnahmen, die Enids Sicherheit in der bevorstehenden Nacht gewährleisten würden. Ich mußte zugeben, daß mein ursprünglicher Plan, Enid in einem Zelt neben uns nächtigen zu lassen, unbefriedigend war. Ich hatte die Tatsache außer acht gelassen, daß meine eheliche Pflicht (die, lassen Sie mich das rasch hinzufügen, ebenfalls mein Vergnügen ist) mich so sehr ablenken würde, daß ich einen Anschlag auf das Mädchen weder hören noch gegebenenfalls verhindern könnte. Schließlich beschloß ich, daß es besser für Enid wäre, die Nacht im Haus zu verbringen. Auch wenn eine korrekte Beaufsichtigung wichtig war, hatte sie in diesem Fall hinter drängenderen Überlegungen wie Enids Überleben und Emersons und meinem Eheglück zurückzustehen.
    Als die Sonne im Westen unterging, boten die veränderten Lichteinflüsse auf den abgeschrägten Seiten der Pyramiden faszinierend schöne Effekte, und ich ertappte mich bei dem Gedanken an den lange verstorbenen Monarchen, dessen Mumie einst in der jetzt zerstörten Grabkammer aufgebahrt gewesen war. Mit welchem Prunk, welcher Zeremonie, war er hier beigesetzt worden; wieviel Gold und Edelsteine hatten seinen totenstarren Körper geschmückt! Der Gedankenverlauf brachte mich auf einen weiteren Pharao – dessen Name von jenem schrecklichen Mann veruntreut wurde, auf dessen Gesandten ich in diesem Augenblick wartete. Die Grabstätte des Großen Sethos, Pharao von Ägypten, lag weit im Süden im Tal der Könige bei Theben. Es war 1817 entdeckt worden und zählte immer noch zu den Hauptattraktionen dieses Gebiets. Die großartigen Skulpturen und Wandgemälde des prächtigsten aller Königsgräber vermitteln, daß Sethos’ Grabbeigaben die jedes anderen Monarchen übertroffen haben müssen. Und wie vergänglich war das alles gewesen! Vor Tausenden von Jahren war der Pharao seiner Schätze beraubt worden, und seine sterblichen Überreste hatte man, zusammen mit denen weiterer Fürsten, schändlicherweise in eine Felsöffnung geschleppt, um sie vor Zerstörung zu bewahren. Die Verstecke mit den königlichen Mumien waren vor einigen Jahren entdeckt worden, und die Überreste befanden sich jetzt in Kairo, wo ich sie mir angeschaut hatte. Sethos’ welkes Haupt trug immer noch stolze und königliche Züge. Zu seinen Lebzeiten war er ein führender Herrscher und ein überaus beeindruckender Mann gewesen – wie sein Sohn Ramses, ein Löwe im Tal der Ziegen. Ich sinnierte, ob sich der moderne

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