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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Sethos jemals mit den ausgedörrten und doch so edlen Gesichtszügen seines altehrwürdigen Namensvetters auseinandergesetzt hatte. War es dessen Mumie gewesen, die ihn auf seinen Decknamen gebracht hatte? Keine besonders phantasievolle Idee für einen Menschen, der bereits eine poetische Ader und beträchtlichen Intellekt bewiesen hatte. Ungewollt spürte ich plötzlich eine gewisse Verbundenheit, denn auch zu meinem Wesen gehören diese Eigenschaften.
    Die länger werdenden Schatten erinnerten mich daran, daß der Nachmittag fast vorüber war und daß Emerson bestimmt seinen Tee einnehmen wollte. Ich beschloß, noch weitere fünf Minuten zu warten, und veränderte meine Sitzhaltung, so daß ich nach Nordosten blickte. Ich sah das Grün der bestellten Felder und die Bäume, die die Minarette der Dorfmoschee halb verdeckten. Der Rauch von den Kochstellen hing wie ein grauer Nebel über dem Dorf.
    Aufgrund eines gewaltigen Krachens hinter mir sprang ich auf. Als ich mich umdrehte, bemerkte ich am Fuß der Pyramide eine Staub- und Sandwolke. Offenbar hatten unsere Ausgrabungen am Nachmittag das verfallene Gestein gelockert, und ein Teil der Nordseite war zusammengestürzt.
    Glücklicherweise war das nicht passiert, während unsere Männer dort arbeiteten. Dieser Gedanke schoß mir als allererstes durch den Kopf. Meine nächste Reaktion war Erregung. Sicherlich gab es auf der Nordseite irgend etwas Auffälliges, was ich bislang noch nicht bemerkt hatte – vielleicht ein schemenhaftes Viereck, das zu rechtwinklig war, um nicht von Menschenhand geschaffen worden zu sein. Hatte der zufällige Einsturz den verborgenen Eingang freigelegt?
    Ich vergaß meine detektivischen sowie meine Hausfrauenpflichten und rannte eilig den Pfad hinunter. Im Eifer meiner archäologischen Entdeckungswut hatte ich ganz vergessen, warum ich mich eigentlich dort aufhielt. Eine Antilopenherde hätte mich umrennen können, und ich hätte es nicht bemerkt.
    Die Person, die mich wirklich angriff, machte weit weniger Lärm. Ich war mir seiner Gegenwart erst bewußt, als mich ein Arm so dunkel wie gegerbtes Leder hochhob. Ein gefaltetes Tuch, dessen Geruch meine Sinne lahmlegte, wurde mir aufs Gesicht gedrückt. Ich versuchte noch, meine Pistole aus der Hosentasche zu ziehen. Ich spürte sie an meinem Körper, aber ich bekam das verdammte Ding nicht zu fassen. Die voluminösen Hosenbeine vereitelten jeden Versuch. Allerdings gibt Amelia P. Emerson erst auf, wenn sie ins Koma fällt, und deshalb wühlte ich noch in den riesigen braunen Samtfalten, als mein Blick schon verschwommen und meine Finger wie taub waren.
8
     
    Langsam begann das grausame Erwachen. Ich fand mich auf Händen und Knien wieder und starrte benommen auf irgend etwas, das zwanzig oder dreißig Füße hatte und wild um mich herumtanzte. Einige Atemzüge frischer Luft läuterten meinen Verstand; die Füße reduzierten sich auf vier. Als ich genügend Kraft gesammelt hatte, um mich aufrecht hinzusetzen, waren die beiden Widersacher in eine enge Umarmung verstrickt. In ihren fließenden Gewändern wirkten sie absurderweise wie zwei Damen, die ein höfliches, gesellschaftliches Begrüßungszeremoniell vollführten. Lediglich der Anblick ihrer angespannten, wutverzerrten Gesichter zeugte von der Heftigkeit ihrer Auseinandersetzung. Einer der beiden entpuppte sich als Nemo. Er hatte seinen Turban abgenommen, und sein rotblonder Schopf leuchtete in den Strahlen der untergehenden Sonne. Den anderen Mann hatte ich noch nie zuvor gesehen. Seine dunkle Hautfarbe ließ darauf schließen, daß er aus Südägypten stammte.
    Mit wild wehenden Gewändern lösten sich die Männer aus ihrer Umklammerung. Keiner von ihnen trug eine Waffe. Die Hand des Ägypters schoß mit faszinierender Schnelligkeit vor. Nemo stöhnte und taumelte, seine Hände in seine Magengegend gepreßt, zurück. Das war ein hinterhältiger Schlag gewesen. Doch mein Verteidiger gab sich nicht geschlagen. Er rappelte sich wieder auf, versetzte seinem Gegner einen schmerzhaften Kinnhaken, der diesen zu Boden gehen ließ, und warf sich auf ihn.
    Es war entsetzlich, den Kampf tatenlos mit ansehen zu müssen. Daß ich die beiden nicht unterbrach, kann ich nur damit entschuldigen, daß mich das Betäubungsmittel immer noch lähmte, während ich fieberhaft nach meiner Waffe suchte. Als ich sie endlich gefunden hatte, war es auch wirklich Zeit, Nemo zu Hilfe zu eilen. Sein Widersacher hatte ihm die Hände im Würgegriff um den Hals

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