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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Peabody!« brüllte Emerson. »Er hat eine Pistole auf ihren Kopf gerichtet!«
    Jetzt, da er es erwähnt hatte, bemerkte ich, daß es sich bei dem mattglänzenden Metall tatsächlich um eine Waffe handelte, und ich folgerte, daß das unweit davon entfernte, blasse Gesichtsoval das von Ayesha sein mußte. Ihre schwarze Bekleidung verschmolz mit der dunklen Garderobe ihres Angreifers, der scheinbar einen Opernumhang und einen Seidenzylinder trug. Ein engsitzendes, dunkles Tuch verbarg sein Gesicht.
    »Verflucht«, entfuhr es mir. »Wo ist die verdammte Polizei? Man sollte doch annehmen –«
    Heftige Bewegungen in der Dunkelheit und ein Wimmern von Ayesha unterbrachen mich. Es bedurfte keiner Warnung dieses brutalen Bastards, daß ein lautes Geräusch oder eine plötzliche Bewegung zum Betätigen des Abzugs führten.
    Zu spät begriff ich, daß ich überlegter hätte handeln sollen, statt ihr blindlings zur Rettung zu eilen. Wenn ich mich ihm von hinten genähert hätte …
    Dann bemerkte ich eine weitere und abruptere Bewegung der Gestalt in der Dunkelheit. Für mich war es schwierig zu erkennen, was er gerade tat, doch Ayesha spürte es hautnah. Ein weiterer Schrei kam über ihre Lippen und vermischte sich mit dem Knall eines Pistolenschusses. Emerson fuhr sich mit der Hand an den Kopf. Ein Ausdruck absoluten Erstaunens glitt über sein Gesicht. Langsam sank er zu Boden.
    Ich konnte nicht, ich wagte es nicht, zu ihm zu gehen. Emerson war vielleicht nicht tot, sondern lediglich verletzt; doch das Ableben meines geliebten Gatten (nicht zu erwähnen meiner Wenigkeit) war vorprogrammiert, solange der Mörder die Gewalt über seine Waffe besaß. Ayesha kämpfte mit ihm, umklammerte seinen Arm. Ich eilte ihr zu Hilfe.
    Das laute Geräusch des zweiten Schusses wurde von ihrem Körper gedämpft. Wie ein verletzter Vogel stürzte sie ihm zu Füßen; doch als er die Pistole ein weiteres Mal abfeuern wollte, sauste der Stock meines Schirms auf seinen Oberarm.
    Die Waffe fiel zu Boden; meine Stiefelspitze ertastete sie und katapultierte sie im hohen Bogen ins Gebüsch. Emerson war gerettet! Aber für mich sah es nicht gerade rosig aus, da der Unbekannte meine Kehle umschloß. Der brutale Griff wurde fester, schnitt mir Luft- und Blutzufuhr ab. Er trug Handschuhe; dagegen konnten meine Nägel nichts ausrichten. Ich versuchte, sie ihm ins Gesicht zu krallen, doch mein Arm sank schlaff hinunter. Meine Füße strampelten im luftleeren Raum.
    Völlige Dunkelheit übermannte mich. Ich erinnere mich, daß ich daran dachte, daß die verdammte Polizei nie da ist, wenn man sie braucht …
    Werter Leser, es war wie eine Erhörung meines Gebets; schwach und aufgrund des Rauschens in meinen Ohren scheinbar weit entfernt, ertönte das schrille Geräusch einer Trillerpfeife der Polizei! Die meine Kehle umklammernden Hände lockerten ihren Griff. Hilflos sank ich zu Boden und traf auf etwas Weichem und Nachgiebigem auf; und als mein vernebelter Blick wieder fokussieren konnte, begriff ich, daß ich geradewegs auf das tote Gesicht von Ayesha starrte.
    Zitternd rappelte ich mich gerade noch rechtzeitig auf, um eine kleine, dunkle Gestalt zu bemerken, die durch mein irgendwie begrenztes Gesichtsfeld stürmte. Jemand brüllte: »He, du kleiner Teufel, komm sofort zurück – was zur Hölle – Jack, du nimmst diesen Weg, pack dir den Burschen … Was ist hier eigentlich los?«
    Die Rettung nahte in Form von zwei riesigen Stiefeln. Ich nahm an, daß ein Schutzmann darin steckte, ging dieser Vermutung jedoch nicht weiter nach. Zu geschwächt, um aufzustehen, krabbelte ich zu der reglosen Gestalt meines Gatten, der mit dem Gesicht auf dem Kopfsteinpflaster lag. Als ich ihn berührte, erwachte meine Energie zu neuem Leben; unter Aufbietung aller Kräfte zerrte ich ihn auf den Rücken.
    Er schlug die Augen auf. Er sah mich. Er lebte! Dem Himmel sei Dank, er lebte!
    »Peabody«, bemerkte er, »die Sache wird allmählich unangenehm.«

13
     
    Sicherlich muß ich nicht erwähnen, daß ich in dieser Nacht keine Sekunde Schlaf fand. Ich kauerte vor dem verlöschenden Kaminfeuer oder schlenderte ruhelos durch den Raum; immer wieder beugte ich mich über das Sofa, auf dem mein verletzter und heldenhafter Gatte ruhte, strich ihm das dunkle Haar aus der Stirn oder lauschte erleichtert seinen tiefen und gleichmäßigen Atemzügen – ja, so verbrachte ich die Stunden vor Sonnenaufgang. Er schlief tief und fest; ich hatte mir erlaubt, ihm einen Eßlöffel

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