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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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»Ein hinterhältiger Schleimer mit feuchten Händen – Sie verstehen, was ich damit sagen will, Mrs. Emerson – und einem Blick, der einen auszuziehen schien. Er gab sich übermäßig jovial im Umgang mit seinen Mitarbeitern und katzbuckelte vor seinen Vorgesetzten; er versuchte immer, einen Lebensstil zu pflegen, den er sich weder leisten noch glaubwürdig –«
    »Ah«, wandte ich, hellhörig geworden, ein. »Dann hatte er also Schulden?«
    »Ständig.«
    »Vielleicht wurde er von einem Geldverleiher umgebracht.«
    »Geldverleiher bringen die Gans nicht um, die goldene Eier legt«, sagte Miss Minton. »Ohne die entsprechende Sicherheit verleihen sie aber auch nicht unbegrenzt Geld. Oldacre war keineswegs wohlhabend, und sein Museumsgehalt reichte nicht für den von ihm geschätzten Lebensstil. Sie verstehen, worauf ich hinauswill, nicht wahr, Mrs. Emerson?«
    »Erpressung.«
    »Ganz recht. Und die Opfer von Erpressern schlagen gelegentlich zurück.«
    »Aber diese Theorie wirft mehr Fragen auf, als daß sie Antworten lieferte«, erklärte ich. »Wen erpreßte er und aus welchem Grund? Und was hat der verrückte Priester mit der Geschichte zu tun? Sie folgern genial, Miss Minton, trotzdem fehlt Ihnen meine Erfahrung in diesen Dingen, und ich muß Ihnen sagen …«
    Worauf sich meine umfassende Argumentation anschloß, die mit den Worten endete: »Nun, meine Liebe, ich wünsche Ihnen viel Glück. Es wäre mir ein Vergnügen, den Erfolg einer Frau mitzuerleben, wo die arrogante Männerwelt versagt.«
    Ihre Augen blitzten auf. »Wenn Sie es so sehen –«, hub sie an.
    »Mit meiner Unterstützung dürfen Sie nicht rechnen, Miss Minton. Ich habe weder Interesse an dem Fall, noch verfüge ich über die Zeit, ihn weiterzuverfolgen. In diesem Sommer bin ich sehr beschäftigt. Ich muß dem Professor bei der Fertigstellung seines Buches über die Geschichte des alten Ägypten behilflich sein, unseren Ausgrabungsbericht für eine Veröffentlichung vorbereiten, die Jahreshauptversammlung der Gesellschaft zur Erhaltung der altägyptischen Baudenkmäler besuchen und meinem Versprechen nachkommen, einen Vortrag zur Überflutung der Grabkammer der Schwarzen Pyramide zu halten – … oh, nun ja, eine ganze Reihe von Aktivitäten. Deshalb mache ich mich besser auf den Weg.«
    Wir trennten uns in freundschaftlichem Einvernehmen, und ich dankte ihr noch einmal für ihre Liebenswürdigkeit, mein Inserat aufzugeben.
    Ich wartete, bis ihre schlanke, drahtige Erscheinung außer Sichtweite war, und machte mich dann auf den Weg. Es wäre ihr sicherlich nicht im Traum eingefallen, welche Richtung ich einschlug – nicht zum Piccadilly und zur Shaftesbury Avenue, dem direkten Weg zum Russell Square, nein, ich folgte ihr zum Flußufer. Beschwingten Schrittes schwenkte ich meinen Schirm, denn ich war überaus selbstzufrieden. Ich hatte ihr keine einzige Unwahrheit aufgetischt (was ich auch zutiefst verabscheue), dennoch war es mir gelungen, sie von meiner Fährte abzubringen.
    Emerson hätte sicherlich behauptet, daß ich die gerechte Strafe für meine Selbstgefälligkeit bekam. Doch wer hätte vermuten können, daß sich hinter ihrem hübschen, lächelnden Gesicht eine solch abgrundtiefe Falschheit verbarg?
    Mit Sicherheit kein so aufrichtiger und ehrlicher Mensch wie ich.

6
     
    Da meine kriminalistischen Ermittlungen bislang immer im Nahen Osten stattgefunden hatten, hatte ich noch nie die Gelegenheit erhalten, New Scotland Yard aufzusuchen. Aus rein beruflichem Interesse hatte ich natürlich das Gebäude begutachtet, wann immer ich daran vorüberging, und ich stimmte keinesfalls mit den Ästheten überein, die seine Architektur verpönten. Rote Ziegel, heller Sandstein und die runden Ecktürmchen vermittelten ihm den malerischen Charme eines repräsentativen Landsitzes. Das äußere Erscheinungsbild stand sicherlich im Widerspruch zu seiner unangenehmen Funktion, doch ich sehe keinen Grund, warum Gefängnisse, Festungen, Fabriken oder ähnliche Einrichtungen häßlich sein sollten.
    Da ich die Kapriolen der ägyptischen Polizeibeamten und die Unverschämtheiten ihrer englischen Vorgesetzten gewohnt war, war ich von der Effizienz und der mir entgegengebrachten Höflichkeit angenehm überrascht. Als ich nach dem im Mordfall an Mr. Oldacre verantwortlichen Beamten fragte, wurde ich umgehend in ein (ziemlich langweiliges) Büro geführt, dessen Fenster den Fluß überblickten. Dort befanden sich zwei Schreibtische, drei Stühle, mehrere

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