Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
Gatten übertroffen; aber genau wie Emerson gelang es auch Cuff, mit einem Handgriff das gesuchte Papier zutage zu fördern. Er zog es aus einem Stapel ähnlich aussehender Schriftstücke hervor und reichte es mir.
    »Das sind zweifellos Hieroglyphen«, bemerkte ich. »Aber in der ägyptischen Literatur findet sich kein solcher Text. Die Botschaft scheint folgendermaßen zu lauten: >Der Tod soll auf sanften Schwingen denjenigen ereilen, der meine Grabruhe stört.<«
    »Das wurde mir bereits von anderen Kapazitäten bestätigt, Ma’am.«
    »Und warum fragen Sie mich dann?« wollte ich wissen, während ich das Schriftstück auf seinen Schreibtisch warf.
    »Ich ging davon aus, daß Sie es zu sehen wünschten«, meinte Cuff betreten. »Außerdem kann es nie schaden, mehrere Fachleute zu Rate zu ziehen – insbesondere eine solche Expertin wie Sie. Vielleicht möchten Sie diese Kopie an sich nehmen und dem Professor zeigen.«
    »Danke, ich glaube schon. Obwohl ich Sie warnen muß, Inspektor. Wenn Sie Emerson von einer Mitwirkung überzeugen wollen, müssen Sie überaus umsichtig vorgehen. Er hat so seine Vorurteile, was meine Unterstützung der Polizei anbelangt.«
    »So wurde mir gesagt«, bemerkte Inspektor Cuff.
    Ich löcherte ihn weiterhin mit meinen Fragen, mußte mir aber schließlich eingestehen, daß die Polizei – wie üblich – vor einem Rätsel stand. Die Geschichte von dem Priester, der in der Nähe des Leichnams gesehen worden war, wurde von Cuff seltsamem Versuch eines Lächelns entkräftet. »Der Zeuge stand unter Drogeneinfluß, Mrs. Emerson. Er hat immer wieder Anwandlungen von Visionen, sieht Schlangen, Drachen und – äh – dürftig bekleidete Frauen.«
    »Verstehe. Inspektor, ist Ihnen schon einmal der Verdacht gekommen, daß wir es mit einem weiteren Jack the Ripper zu tun haben könnten?«
    »Nein«, erwiderte der Inspektor gedehnt. »Nein, Mrs. Emerson, das kann ich wirklich nicht sagen.«
    Meine Theorie schien ihn sichtlich zu beeindrucken, und er versprach, die Ermittlungen unter diesem Aspekt erneut aufzunehmen. »Allerdings«, fügte er hinzu, »erst – und da sei Gott vor – wenn ein weiterer Todesfall eintritt. Ich glaube nicht, daß diese Theorie haltbar ist … zumindest noch nicht. Wir werden abwarten und sehen, Mrs. Emerson; so lautet unser Motto, was? Abwarten und sehen.«
    Er legte seinen Finger an seinen Nasenflügel wie Sankt Nikolaus – dem er nicht im geringsten ähnlich sah – und zwinkerte mir zu.
    Wir trennten uns in überaus freundlichem Einvernehmen. Ich schätzte die angenehmen Umgangsformen dieses Mannes; doch als ich das Gebäude verließ, erlaubte ich mir ein kleines, ironisches Lächeln. Falls Inspektor Cuff glaubte, mich mit seinen Komplimenten und seinem entsetzlichen Tee abgelenkt zu haben, hatte er sich gehörig getäuscht. Er wußte mehr, als er mir zu erkennen gegeben hatte. Er war genau wie all die anderen mir bekannten, nervtötenden Polizisten nicht bereit zu dem Zugeständnis, daß eine Frau seinen detektivischen Spürsinn teilte (meine Bescheidenheit hindert mich daran, den Begriff »übertreffen« anzuwenden). Nun, wie der Inspektor sich auszudrücken pflegte – wir würden sehen!
    Weil die Zeit knapp wurde – und nicht etwa, weil ich erschöpft war, denn das war ich wirklich nicht –, nahm ich eine Droschke, die mich mit der ihr eigenen atemberaubenden Geschwindigkeit zur berühmten Russell Street fuhr. Ich wünschte, ich könnte von mir behaupten, daß mich der Anblick des Museums mit respektvoller Bewunderung für dieses Zentrum der Wissenschaft und der archäologischen Schätze erfüllt hätte, kann das aber in der Tat nicht. Der ursprüngliche, einem griechischen Tempel nachempfundene Bau war wirklich ansprechend, doch in den dreißig Jahren seit seiner Fertigstellung hatte ihm die rauchgeschwängerte Londoner Luft einen deprimierenden, schmutziggrauen Anstrich verliehen. Was den Zustand der Exponate anbelangt … Nun, um ehrlich zu sein, ist und war das Museum trotz der ständig wachsenden Anzahl neuer Seitenflügel und Galerien immer überfüllt; dennoch gibt es keine Entschuldigung für die unkorrekten Beschriftungen an den Ausstellungsstücken und für die Ignoranz der sogenannten »Führer«, die den uninformierten Besuchern diese Unkorrektheiten wiederholen. Ich habe es immer wieder betont: Was das Britische Museum braucht, ist eine Frau auf dem Direktorenposten.
    Emerson war weder im Lesesaal noch in seinem »Studierzimmer«. Da ich das

Weitere Kostenlose Bücher