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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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eingeengt zu werden. Die Farbe – wie war noch gleich die diesjährige Modefarbe: Safran, Senf, Goldrute? – unterstreicht Ihren Teint. Und die unzähligen Biesen an den Handgelenken und am Revers … Sie knöpfen besser Ihren Mantel zu, Miss Minton, der Wind ist empfindlich kühl. Bitte, wenn Sie erlauben. Ja, genau wie ich vermutete; Ihre Korsage ist viel zu eng. Ein Wunder, daß Sie überhaupt noch atmen können.« Ich fuhr fort, ihr einen kurzen Vortrag über die katastrophalen Auswirkungen enggeschnürter Korsagen auf die inneren Organe zu halten, dem sie mit unverhohlenem Interesse lauschte. Plötzlich meinte sie impulsiv: »Das ist alles überaus interessant. Mrs. Emerson, würden Sie … könnten Sie … wäre es möglich, daß Sie sich zu einem kurzen Aufenthalt bereit erklärten und mit mir eine Tasse Tee einnähmen, während wir diese Diskussion fortsetzen?«
    Ich zögerte; in der Tat wollte ich die Hoffnung nicht aufgeben, eine weitere junge Frau von den Vorzügen vernünftiger Bekleidung zu überzeugen, um damit vielleicht ihre Gesundheit oder sogar ihr Leben zu retten. Eindringlich fuhr sie fort: »Ich verspreche Ihnen, daß Sie keine Zeit verlieren; denn wenn Sie erlauben, bin ich zum Dank für Ihr Entgegenkommen gern bereit, Ihnen den kleinen Dienst zu erweisen, Ihre Anzeige in der Post aufzugeben. Ich muß ohnehin zur Fleet Street. Das erspart Ihnen einen Umweg, da Sie direkt zum Museum gehen können.«
    Sie schwenkte ihren Schirm und deutete auf ein nahe gelegenes Gebäude. Ich erkannte den Namen; es handelte sich um eine Teehauskette, die sich, wie ich erfahren hatte, ehrbaren, berufstätigen Damen widmete, deren Zahl ständig wuchs. (Allerdings nicht in dem Maße, wie es wünschenswert gewesen wäre.)
    Wir führten ein kurzes, anregendes Gespräch. Die Themenpalette war breit gefächert und rangierte von Modetendenzen bis hin zu Frauenrechten, von der Ehe (einer Institution, die mich mit gewissen, schwerwiegenden Bedenken erfüllt, auch wenn meine eigenen Erfahrungen durchaus positiv sind) bis zum Berufsstand der Journalisten. Allerdings gebe ich zu, daß (wie der werte Leser möglicherweise bereits vermutet) mein Hauptinteresse darin bestand, Miss Minton nach und nach alles zu entlocken, was sie im Fall der unheilbringenden Mumie wußte.
    Miss Minton stimmte mit mir überein, daß die wahre Identität des Verrückten in der Priesterrobe von vorrangiger Bedeutung war. Sein Verschwinden grenzte an übersinnliche Fähigkeiten; es mit den Worten der Sensationspresse wiederzugeben, daß er die Angewohnheit hatte, sich in Luft aufzulösen, wäre zwar zweifellos Übertreibung gewesen, metaphorisch gesehen war diese Umschreibung jedoch korrekt. Allerdings beharrte Miss Minton darauf, daß er in erster Linie deswegen bislang stets entkommen war, weil seine Verfolgung niemanden interessiert hatte.
    »Er war nur ein Verrückter unter vielen«, meinte sie zynisch lächelnd. »Nun, allerdings …«
    »Ich dachte, die Polizei hätte den Zeugen nicht geglaubt, die behaupteten, ihn in unmittelbarer Nähe des Mordschauplatzes bemerkt zu haben.«
    »So heißt es. Aber das kann ohne weiteres ein Ablenkungsmanöver von Scotland Yard sein, um ihn in falscher Sicherheit zu wiegen. Für die Presse ist er jedenfalls von beachtlichem Interesse. Wie gern wäre ich diejenige, die ihn stellte und seine wahre Identität lüftete! Welch ein journalistischer Coup!« Ihre Augen leuchteten.
    »Sie haben doch irgend etwas vor«, bemerkte ich scharfsinnig. »Hat es zufällig mit Ihrem jungen Freund im Museum zu tun?«
    »Mit Eustace?« Das Mädchen schüttelte sich vor Lachen. »Um Himmels willen, nein. Eustace sähe nichts lieber, als daß ich diesen Fall aufgäbe und den Beruf der Journalistin an den Nagel hinge.«
    »Aber Sie nutzen ihn schamlos aus«, sagte ich. »Schämen Sie sich, Miss Minton. Die Zuneigung eines jungen Mannes darauf zu verwenden, ihm Informationen zu entlocken, ist wirklich … Ich nehme an, er kannte den Ermordeten?«
    »Ja.« Einen Augenblick lang zögerte sie; doch meinem entwaffnenden Lächeln und meiner Erwartungshaltung konnte sie sich schließlich nicht entziehen. »Eigentlich sollte ich es nicht sagen, aber nach allem, was ich gehört habe, war Mr. Oldacre kein großer Verlust.«
    »Merkwürdig. Emerson drückte sich ähnlich aus.«
    »Im Zuge früherer Recherchen hatte ich die Gelegenheit, ihn persönlich kennenzulernen«, fuhr das Mädchen fort. Ihr wohlgeformter Mund verzog sich angewidert.

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