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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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schreie ich.«
    »Ich hatte schon darüber nachgedacht, wieder Pfeife zu rauchen«, sinnierte Emerson. »Das wirkt so beruhigend wie Meditation. Peabody, für jemanden, der sich als Verbrechensermittler bezeichnet, legst du eine unangemessene Ungeduld an den Tag. Wir müssen langsam und methodisch vorgehen und dürfen keinen Anhaltspunkt übersehen.«
    Ich riß ihm die Schachtel aus der Hand und öffnete den Deckel.
    Eine dicke Watteschicht verbarg den Inhalt – allerdings nicht lange. Ich warf sie zu Boden und nahm den Gegenstand heraus.
    »Eine Figurine«, entfuhr es mir.
    »Schwenk sie nicht so theatralisch durch die Luft«, erwiderte mein Gatte kühl. »Das ist eine Fayencearbeit, und wenn sie zu Boden fällt, zerbricht sie.«
    Die Figurinen (oder Uschebtis – Walter beispielsweise zog letzteren Begriff vor) waren hervorragende Beispiele für die naive Vorstellung der Bedürfnisse für das Leben nach dem Tod. Um ihre Funktion zu veranschaulichen, ist es vermutlich sinnvoll, die Inschrift dieser kleinen Statuen zu zitieren (aus Kapitel VI des sogenannten Totenbuches). »O du Uschebti, wenn Osiris Senmut (oder wie auch immer der Name des Besitzers lautete) irgendeine Arbeit in der Unterwelt leisten soll – die Felder bestellen, die Wüste bewässern oder den Sand von Osten nach Westen tragen –, ich bin da! Ich tue, was du mir befiehlst!«
    Die Uschebtis wurden aus einer Vielzahl von Materialien – wie Stein, Holz und Fayencearbeiten – hergestellt und symbolisierten immer den mumifizierten Leichnam. Gelegentlich enthielt eine Gruft Dutzende, ja sogar Hunderte dieser kleinen dienstbaren Geister. Allerdings war dieses Figürchen ungewöhnlich, da es einen Pharao mit dem Nemes- Kopfschmuck und den beiden Szeptern darstellte. Eine Reihe von Hieroglyphen, denen ich zu diesem Zeitpunkt allerdings kaum Beachtung schenkte, bezeugten die Herkunft seines Besitzers.
    »Bekam Budge das gleiche?« fragte ich.
    »Es schien identisch zu sein. Aber das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, da ich es nicht untersuchen durfte.« Emerson hatte mir die Schachtel entrissen, der er soeben einen eng beschriebenen Zettel entnahm. »Welch ein merkwürdiger Zufall«, bemerkte er nach kurzem Überfliegen des Textes. »Gerade haben wir noch davon gesprochen. Hier, Peabody, sieh dir das an.«
    Eine gräßliche Vorahnung ließ meine Hände so stark erzittern, daß ich kaum das Papier festhalten konnte. Mit lauter Stimme las ich den Inhalt vor: »>Wie ein Raubvogel werde ich auf jeden herabstoßen, der in mein Grab eindringt …<«
    »>Stoßen< klingt in einem Dokument von solcher Tragweite doch irgendwie frivol und unzutreffend«, kommentierte Emerson. »Sich auf jemanden zu >stürzen< oder diesen zu >ergreifen< wäre vielleicht …«
    »O Emerson, halt den Mund! Es kommt noch schlimmer. >Was Emerson, den Vater der Flüche, anbelangt – er soll sterben!<«
     
    Dieses entsetzliche Wort war kaum verhallt, als ein lautes metallisches Scheppern folgte. Ich zuckte heftig zusammen; Emerson fing an zu lachen, und das Dienstmädchen flüchtete mit dem Wasserkrug (dessen heruntergefallener Deckel das ohrenbetäubende Geräusch verursacht hatte) eilig aus dem Zimmer.
    »Was mußtest du auch so brüllen, Peabody«, bemerkte Emerson. »Vermutlich hast du das arme Mädchen zu Tode erschreckt.«
    »Ich vergaß, daß sie sich im Bad aufhielt«, gestand ich. »Das kommt vor, nicht wahr? Das traurige Resultat unseres perversen Gesellschaftssystems. Wie kannst du nur so gelassen bleiben, Emerson? Es handelt sich um eine unmittelbare Bedrohung … eine tödliche Bedrohung … oder Schlimmeres!«
    »Etwas Schlimmeres gibt es nicht, Peabody«, erwiderte Emerson, der Gefahr so gleichgültig gegenüberstehend, daß ich mir weitere Beispiele verkniff, die ihn eines Besseren belehrt hätten.
    »Verzeih mir, Mama, verzeih mir, Papa …«
    Ramses hätte keinen ungünstigeren Zeitpunkt für sein Auftauchen wählen können. Aufgrund meines ramponierten Nervenkostüms stürzte ich mich mit einem Schrei auf ihn. »Ramses, wieso hast du dein Zimmer verlassen? Ich hatte dir doch erklärt –«
    »Theoretisch betrachtet, Mama, widersetze ich mich den Anordnungen; allerdings dachte ich, daß ich es wagen könnte, kurz vorbeizuschauen, um Papa zu begrüßen, den ich seit dem Frühstück nicht mehr gesehen habe; und als ich im Gang etwas vernahm, was doch sehr stark nach einer tödlichen Bedrohung klang –«
    »Das konntest du nur hören, weil du an der Tür gelauscht

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