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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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hast«, herrschte ich ihn an.
    »Ist doch egal, Peabody. Laß doch dieses eine Mal deine Prinzipien aus dem Spiel.« Zärtlich lächelte Emerson seinen Sohn an, der vorsichtig das Zimmer betreten hatte. Er wirkte so verletzlich jung und unschuldig in seinem langen weißen Nachthemd, unter dessen Saum seine nackten, kleinen Füße hervorschauten, und seine ernsten dunklen Augen waren auf das Gesicht seines Vaters fixiert.
    »Also gut«, erwiderte ich.
    Das war der Startschuß für Ramses, der zu seinem Vater stürmte und sich wie ein Ägypter neben ihn auf den Boden hockte. Sicherlich muß ich nicht erwähnen, daß er ununterbrochen redete.
    »Mama, ich hoffe, daß meine Besorgnis um Papa diese Mißachtung deiner Anordnungen rechtfertigt, die ich unter anderen Umständen natürlich niemals –«
    »Das war doch nur ein Scherz, mein Junge«, meinte Emerson, während er die zerzausten Locken seines Sohnes tätschelte. »Nichts weiter.«
    »Wenn ihr erlaubt, würde ich gern einen Blick –«
    »Zeig es ihm, Emerson«, erwiderte ich widerwillig. »Er gibt ohnehin keine Ruhe, bis er es gesehen hat.«
    Also reichte ihm Emerson das Uschebti und die Mitteilung, und nachdem Ramses die Figur fachmännisch betrachtet und mit dem Kommentar »Ein hervorragendes Beispiel seiner Gattung« beiseite gelegt hatte, wandte er sich stirnrunzelnd der Botschaft zu. »Ha«, bemerkte er einen Augenblick später, »bei dieser Botschaft scheint es sich um eine Kombination zweier unterschiedlicher Texte zu handeln, von denen einer, sofern ich mich recht entsinne, aus einer Grabstätte der 18. Dynastie bei Theben stammt. Der zweite ist, wie ich euch sicherlich nicht näher erläutern muß, die Interpretation einer sogenannten Prophezeiungsinschrift, die Keramiken und Figurinen zierten, und wenn diese zertrümmert wurden –«
    »Das brauchst du uns in der Tat nicht zu erläutern«, erwiderte Emerson.
    »Was die Orthographie anbelangt«, fuhr Ramses fort, »scheint der Verfasser den von Mr. Budge in seinem populärwissenschaftlichen Titel über die ägyptische Grammatik aufgestellten Regeln Folge geleistet zu haben. Meiner Meinung nach ist die Verwendung des Schilfrohrzeichens zur korrekten Umschreibung des Namens >Emerson< –«
    »Für jemanden, der um die Sicherheit seines Papas besorgt ist, bist du überaus gelassen«, merkte ich kritisch an.
    »Ich versichere dir, Mama, daß meine Besorgnis trotz meiner Selbstbeherrschung immens ist. Hmmm. Abgesehen von der Tatsache, daß die Botschaft von einem relativ gebildeten Mann abgefaßt wurde, gibt sie nicht viel her.«
    »O gütiger Himmel!« entfuhr es mir.
    »Mit einer Feder, die angespitzt werden müßte. In der Tat, Mama, ist die Sache nicht so gravierend, wie ich befürchtete; wenn Mr. Budge ebenfalls ein solches Uschebti erhielt, konzentriert sich der Groll des Absenders nicht ausschließlich auf Papa. Es würde mich interessieren, ob noch weitere Wissenschaftler oder Autoritäten des Museums eine solche Botschaft erhielten.«
    »Genau«, bekräftigte Emerson, eine Atempause Ramses’ nutzend. »Ich habe dir doch gesagt, Peabody, daß es sich lediglich um einen üblen Scherz handelt. Solche Dinge schaukeln sich gegenseitig hoch. Ein Zeitungsbericht hat vielleicht einen weiteren Irren dazu inspiriert, ebenfalls seine Späße zu treiben …«
    »Falls das tatsächlich der Fall ist, was ich schwerlich vermute –«
    »Geh zu Bett, Ramses«, sagte ich.
    »Ja, Mama. Ich danke dir für deine Nachsicht hinsichtlich meiner Erklärung –«
    »Wird’s bald, Ramses?«
    Nachdem er seinen Papa und mich umarmt hatte, trollte sich Ramses schließlich. Erst nachdem er den Raum verlassen hatte, fiel mir auf, daß er das Uschebti mitgenommen hatte.
    »Laß es ihm doch«, sagte Emerson nachsichtig. »Der arme kleine Kerl, wahrscheinlich will er einen seiner kuriosen chemischen Versuche daran durchführen. Ich sage dir, Peabody, seine Idee war wirklich hervorragend. Ich denke, ich werde kurz bei Petrie und Quibell vorbeischauen und fragen, ob sie etwas erhalten haben –«
    »Jetzt nicht, Emerson. Die Köchin hat das Essen warm gestellt. Du weißt, daß du dich sehr verspätet hast.«
    »In diesem Fall«, erwiderte Emerson, »ist es wenig sinnvoll, sich zum Abendessen umzuziehen.«
     
    Ich hoffe, daß sich eines Tages jemand der Studie widmet, den Informationsfluß in Häusern wie dem unseren aufzudecken. Natürlich ist Ramses ein Sonderfall; gelegentlich könnte ein abergläubischer Mensch – genauso wie

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