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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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war. Es war zwar möglich, daß Ahmet, um mich loszuwerden, eine falsche Adresse genannt hatte, dennoch war es den Versuch wert.
    Im Verlauf der letzten Jahre hatte sich die herrliche Prachtstraße am Rande des Hyde Parks sehr gewandelt – aristokratische Eleganz war schnödem Prunk gewichen. Diese Veränderung hatte hauptsächlich mit Leuten wie den Rothschilds und ihrem Intimfreund, dem Prinzen von Wales, zu tun. Warum Seine Königliche Hoheit die Gesellschaft von millionenschweren Emporkömmlingen dem Adel vorzog, war irgendwie rätselhaft. Einige behaupteten, es läge an seinem ungehobelten Charakter oder, besser gesagt, dem fehlenden, bei einem britischen Monarchen jedoch unverzichtbaren Feingefühl. Wenn das allerdings der Fall war, stellte sich unvermeidlich die Frage: Woher rührte diese verachtenswerte Tendenz? Sicherlich nicht von seinem Vater, dem exzellentesten, rechtschaffensten Prinzen aller Zeiten. Und Ihre Erlauchte Majestät, seine Mutter … sie war vielleicht spießig, dünkelhaft und irgendwie begriffsstutzig, aber vulgär? Niemals! (Den widerlichen Gerüchten um Ihre Majestät und einen gewissen Mr. Brown schenke ich keinen Glauben. Erwiesenermaßen nutzten ihre Bediensteten ihre Gutmütigkeit gelegentlich aus, um sich Vorteile zu verschaffen. Gewiß hatte Brown ebenso gehandelt wie ihr neuester Favorit, Abdul Karim, ein arroganter und unbeliebter Zeitgenosse. Daß sie jedoch mehr als von ihr begünstigte Diener waren, würde ich vehement abstreiten.)
    Während die Droschke über die Park Lane rollte, bemerkte ich das riesige graue Stadthaus von Leopold Rothschild, in dem der Prinz Gerüchten zufolge häufig eingekehrt war und sich dem von ihm überaus geschätzten Luxus hingegeben hatte. Nicht weit davon erhoben sich die gewaltigen Umrisse von Aldford House, das ein schwerreicher südafrikanischer Diamantenhändler seit meinem letzten Londonaufenthalt gebaut hatte. Ein weiterer südafrikanischer Millionär hatte Dudley House gekauft, und an der Park Lane Nr. 25 wurde gerade an einem Bauwerk gearbeitet, das Gerüchten zufolge alle anderen an Kosten und Annehmlichkeiten noch übertreffen sollte. Der Bauherr, ein gewisser Barney Barnato, war im Elendsviertel von Whitechapel aufgewachsen. So weit war die Park Lane also gesunken, von Herzögen und Grafen zu den Neureichen. Vielleicht war Ayesha dort gar nicht so fehl am Platz. Sie und Barney Barnato mußten doch gut miteinander zurechtkommen.
    Die Droschke hielt vor einem ansprechenden, alten Haus unweit der Kreuzung Park Lane/Upper Brook Street an. Auf mein Klopfen erschien ein adrettes Dienstmädchen. Sie trug das übliche schwarze Kleid, eine blütenweiße Schürze und eine Rüschenhaube, doch ihre olivfarbene Haut und die schwarzen Augen offenbarten ihre Nationalität. Augenscheinlich war Ahmet vertrauenswürdiger, als ich erwartet hatte.
    Ich reichte ihr meine Karte. »Sagen Sie Ihrer Dienstherrin, daß ich Sie zu sprechen wünsche.«
    Das Verhalten des Mädchens zeigte überaus deutlich, daß sie Besucher wie mich nicht gewohnt war. Völlig überrascht nahm sie meine Karte und bat mich in die Empfangshalle, während sie loseilte, um nachzusehen, ob »die Dame« zugegen war.
    Falls ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht absolut sicher gewesen wäre, daß ich meine Beute gestellt hatte, hätte mich der Raum, in dem ich mich befand, vielleicht zusätzlich daran zweifeln lassen, denn dort befand sich kein einziger Gegenstand, der nicht auch in den vornehmsten und geschmackvollsten englischen Salons anzutreffen war. In der Tat hätte sich ein zynischer Zeitgenosse fragen können, ob dieser nicht vielleicht sogar die Karikatur eines vornehmen, geschmackvollen englischen Salons darstellen sollte. So weit das Auge reichte, waren die Wände übersät von Bildern und goldgerahmten Spiegeln. Aufgrund der vielen Möbelstücke war der Teppich kaum erkennbar: schwere, geschnitzte Sofas, ausladende Polstersessel und Schemel, Tische in sämtlichen Variationen, die alle mit gestärkten Tischtüchern bedeckt waren, damit man die »Tischbeine« nicht sah, was die feinen Damen zu jener Zeit verpönten.
    Kurze Zeit später kehrte das Dienstmädchen zurück und bedeutete mir, ihr zu folgen. Über eine Treppenflucht gelangten wir ins erste Stockwerk und schritten dann durch einen mit Teppichen bedeckten Gang. Sie öffnete eine Tür und winkte mich ins Innere.
    Es war, als wäre man vom 19. ins 15. Jahrhundert zurückversetzt worden – und als hätte man mit einem

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