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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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lediglich, wie die Dinge liegen. Mir sind die Sitten und Gebräuche des Ostens vertraut, und ich weiß sehr gut, welche Schwierigkeiten Sie überwinden mußten, um Wohlstand und Unabhängigkeit zu erlangen.«
    »Sie sind verrückt! Wie sollten Sie das wissen, Sie haben überhaupt keine Vorstellung … Ach, ich bin genauso verrückt, hier zu sitzen und solchen Unsinn zu reden!« Sie warf sich zurück in die Kissen und ballte ihre Hände zu Fäusten.
    Ich hatte irgend etwas gesagt oder getan, was das zarte Band des zwischen uns aufgebauten Vertrauens zerstört hatte. Ich hatte keine Ahnung, was es gewesen sein könnte. Es sei denn …
    »Der Engländer«, wiederholte ich. »Es gibt diesen Mann, nicht wahr? Sie kennen ihn. Vielleicht kennen Sie ihn. Haben Sie Angst vor diesem Mann? Falls es so ist, werden Emerson und ich Sie beschatten. Ist er Ihr Geliebter? Die Liebe ist vergänglich wie eine Blume, Sitt Ayesha. Die Männer trampeln darauf herum, sobald der kalte Hauch der Gefahr ihre Blütenblätter streift.«
    »Alle Männer, Sitt? Auch Ihrer?« zischte sie.
    »Also wirklich«, begann ich, »Sie mißverstehen meine –«
    »Mißverstehen! Sie erfinden alberne Märchen von einem mordenden englischen Lord – zweifellos eine unterhaltsame Geschichte, Sitt Hakim, aber nicht deshalb haben Sie mich aufgesucht. Sie kamen, um mich zu fragen, ob Effendi Emerson treulos ist. Wer könnte Sie besser durchschauen als ich?«
    »Eine ganze Menge Leute, denke ich«, erwiderte ich frostig. »Schauen Sie mich an, Ayesha. Wenn Sie mich durchschauen könnten, dann würden Sie begreifen, daß ich nicht eine Sekunde lang an Emerson zweifle. Wir sind eins, und so wird es immer sein.«
    »Aber ich kannte ihn gut«, schnurrte sie. »Ich erfuhr die Kraft seiner starken Arme, die Berührung seiner Lippen, seine Zärtlichkeiten. Ist er immer noch …«
    Ich hoffe und glaube, daß weder mein Blick noch irgendeine Regung die in mir brodelnden Gefühle preisgab – Gefühle, die genausowenig erwähnenswert sind wie die von Ayesha im weiteren geäußerten Bemerkungen, die von veranschaulichenden Gesten ihrer schlanken, braunen Hände und ihres geschmeidigen Körpers begleitet wurden. Es gelang ihr jedoch nicht, mich verletzend zu treffen; und (wie es die Moralisten zutreffend anmerken) Hochmut kommt vor dem Fall. In ihrer Erregung beugte sie sich so weit vor, daß sich ihr Gesicht fast frontal vor mir befand, und das Licht der Öllampe erhellte zum ersten Mal ihre Gesichtszüge. Weder der durchsichtige Schleier noch die dick aufgetragene Schicht Make-up konnten die gräßliche Verletzung verbergen, die ihre zarte Wangenhaut bis auf den Knochen durchbohrt und eine dunkelrote Narbe hinterlassen hatte.
    Zu spät erkannte sie ihr Mißgeschick. Seufzend brach sie ab und ließ sich zurück ins Dunkel sinken.
    Einen Moment lang war ich sprachlos. Zorn, Abneigung und – ja – Mitleid hatten mich übermannt. Ich verdrängte diese Gefühle mit der mir eigenen Konsequenz und räusperte mich.
    »Sie müssen verzeihen, wenn ich Ihre Freimütigkeit an dieser Stelle nicht teile, Madam. Was die Beziehung zwischen meinem Gatten und mir anbelangt, so ist das eine reine Privatangelegenheit. Ich versichere Ihnen jedoch, daß ich mich in diesem Punkt – wie auch in allen anderen – nicht beklagen kann und daß Emerson meine Gefühle teilt.«
    Eine ihrer Hände schoß vor und packte mich am Handgelenk, ihre langen, lackierten Fingernägel bohrten sich schmerzhaft in meine Haut.
    »Gibt es denn nichts, was Sie trifft, Sie unterkühltes englisches Ungeheuer? Womit kann ich Sie verletzen? Sie sind ein Eisblock, gefühllos wie ein Stein! Welche magischen Kräfte besitzen Sie, daß Sie einen solchen Mann für sich gewinnen und an sich binden konnten?«
    »Ich habe keine Ahnung«, gestand ich. »Allerdings gibt es eine ganze Reihe von anderen Attributen als der optischen Schönheit, die Menschen füreinander anziehend machen und das Band ehelicher Zuneigung knüpfen. Eines Tages haben Sie vielleicht das Glück, das zu entdecken. Das hoffe ich wirklich für Sie. Was mich erneut auf das Thema mit dem englischen Lord bringt.«
    »Welchen englischen Lord? Es gibt keinen solchen Mann.« Sie stieß meine Hand von sich. »Gehen Sie, Sitt Hakim. Ich kann Sie nicht verletzen. Ich bin nicht einmal in der Lage, Sie mit den gleichen Waffen zu schlagen, da Sie mir überlegen sind. Gehen Sie.«
    »Also gut.« Ich erhob mich – ohne ihre Anmut vermutlich, aber keinesfalls ungeschickt

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