Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
aller Deutlichkeit sagen, Herr Professor, daß Sie mir in einigen Dingen noch eine Erklärung schuldig sind. Meine Karte war fehlerhaft, Ihre korrekt; ich wurde gefangengenommen und gequält, Sie wurden gerettet und gut behandelt. Ich habe die letzten Wochen in einer finsteren, feuchten Zelle verbracht, während Sie in diesen luxuriösen Räumen lebten, mit Speisen, Wein, schönen Kleidern und Dienern, die Ihnen jeden Wunsch von den Augen ablesen …«
    »Genug!« rief ich aus. »Ich verstehe Ihre Zweifel, Reggie. Sie haben uns im Verdacht, aber Sie irren sich, mein armer Junge. Warum man uns so unterschiedlich behandelt hat, kann ich mir nicht erklären, doch ich würde nie einen Landsmann oder eine Landsmännin verraten. Wenn Ihr Onkel und Ihre Tante noch am Leben sind, werden wir dieses Tal nicht ohne sie verlassen.«
    »Ich – ich bitte Sie um Verzeihung«, flüsterte Reggie.
    »Sie sei Ihnen gewährt«, erwiderte ich gnädig.
    »Einen Augenblick«, schaltete sich Emerson ein. Er raufte sich die Haare. »Ich glaube, ich habe den roten Faden verloren. Soll das heißen, Mr. Forthright, daß Ihr Onkel und Ihre Tante Ihrer Ansicht nach immer noch am Leben sind? Auch uns hat man erzählt, sie wären verstorben … allerdings nicht unter den grausigen Umständen, die Sie uns geschildert haben.«
    »Ich glaube nicht, daß sie noch leben«, sagte Reggie. »Ich wollte nur fragen … vorschlagen … ich weiß nicht, was ich eigentlich wollte.«
    »Das passiert häufig, wenn man sich mit Mrs. Emerson unterhält«, meinte mein Gatte beruhigend. »Reißen Sie sich zusammen, Forthright, und benutzen Sie Ihren Verstand. Ich verstehe Ihr Problem, aber Sie können doch nicht ernsthaft annehmen, daß wir den Rest unseres Lebens in diesem Palast herumsitzen wollen.«
    »Dann – dann denken Sie also an Flucht?«
    »Wir wollen fort, das ist richtig. Früher oder später, auf irgendeinem Weg. Vielleicht«, fügte Emerson nachdenklich hinzu, »brauchen wir ja nur zu fragen. Das haben wir noch gar nicht versucht.«
    Reggie schüttelte den Kopf. »Keiner verläßt den Heiligen Berg. Wie sonst, glauben Sie, ist er all die Jahre lang ein Geheimnis geblieben? Wir sind nicht die ersten Wanderer, die zufällig darauf gestoßen sind oder von den Soldaten gefangengenommen wurden, die die Wege hierher bewachen. Auf Flucht steht sowohl für Einheimische als auch für Fremde die Todesstrafe.«
    »Aha.« Emerson schob seinen Stuhl zurück und musterte den jungen Mann eindringlich. »Sie wissen mehr, als Sie uns vorhin verraten haben.«
    »Natürlich. Wie Sie sich sicher erinnern, wurden wir unterbrochen.«
    »Dann fahren Sie bitte an der Stelle fort, wo man uns gestört hat. Das heißt, falls Sie beschlossen haben, uns zu vertrauen.«
    »Ich weiß nicht, was in mich gefahren war«, nuschelte Reggie.
    »Ich bitte um Entschuldigung. Aber wenn Sie wüßten, was ich durchgemacht habe …«
    »Wir glauben Ihnen Ihre Leiden aufs Wort«, meinte Emerson trocken. »Sprechen Sie weiter«
    »Nun denn. Zuerst einmal sollten Sie wissen, daß wir mitten in einen Machtkampf geraten sind …«
    Er erzählte uns zum Großteil nichts Neues – der Tod des Königs, der Kampf der beiden Erben um den Thron –, und ich hätte ihn auch darauf hingewiesen, hätte Emerson mich nicht mit einer abwehrenden Geste daran gehindert. Und in der Tat erhielten wir von Reggie eine neue und ganz andere Deutung der Tatsachen. »Kemit – oder Tarek, wie ich ihn nennen sollte – hat mehr oder weniger zugegeben, daß sein Bruder der rechtmäßige Thronfolger ist. Er bezog sich dabei auf ein Gerücht, daß seine Mutter … daß sein Vater in Wirklichkeit … daß er nicht …«
    »Ja, ja, das alte Gerücht, der Erbe könne ein Bastard sein«, meinte Emerson. »Bei europäischen Thronräubern sehr beliebt. Und Tarek meinte, es entspräche der Wahrheit?«
    »Nein, nicht im eigentlichen Sinne. Er hat es als üble Verleumdung bezeichnet. Allerdings hat er es ein wenig zu heftig abgestritten. Und warum sollte er die Hilfe von Fremden brauchen, wenn er wirklich der Thronerbe ist?«
    »Hat er Sie um Hilfe gebeten?« fragte Emerson. »Einen Mann in einen finsteren, feuchten Kerker – so haben Sie sich doch ausgedrückt – einzusperren ist eine eigenartige Methode, ihn für sich zu gewinnen.«
    »Das mit dem Kerker kam erst später, nachdem ich mich geweigert hatte«, antwortete Reggie bedrückt. »Er wollte, daß ich seinen Bruder ermorde. Ich mußte mich weigern. Was hätte ich sonst tun

Weitere Kostenlose Bücher