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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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sollen?«
    »Sie hätten zustimmen und Nastasen warnen können«, erwiderte Emerson. »Ehrlichkeit ist nicht immer der beste Weg.«
    »Warum ausgerechnet Sie?« fragte ich. »Es standen ihm doch so viele Möglichkeiten offen, sich seines Konkurrenten zu entledigen. Und er hat viele treue Gefolgsleute …«
    »Schon, aber sein Bruder hat ebenfalls viele treue Gefolgsleute. Mordanschläge haben hier Tradition. Die Adligen beschäftigen Vorkoster und Leibwächter. Ich bin ein guter Schütze und hätte Nastasen aus jeder Entfernung getroffen.«
    Obwohl es mir widerstrebte, meine gute Meinung von Tarek ändern zu müssen, ergab Reggies Geschichte leider einen Sinn. »Was sollen wir tun?« murmelte ich. »Wie sollen wir nur herausfinden, wem wir vertrauen können?«
    Reggie rutschte mit seinem Stuhl nah an mich heran und flüsterte: »Wir müssen fliehen, und zwar bald. Das Fest des Gottes rückt näher. Wenn Tarek den Thron erringen will, muß er seinen Bruder vorher ermorden, denn der Gott wird sich für den wahren Erben entscheiden. Falls wir dann noch hier sind, werden wir die schreckliche Entscheidung treffen müssen, entweder zum Mörder zu werden oder zu sterben.«
    »Eine Entscheidung kann man das nicht gerade nennen«, brummte Emerson. »Denn ich bezweifle, daß dem Attentäter ein langes Leben vergönnt sein dürfte. Sie sind gut informiert, Forthright, und Tarek scheint unglaublich geschwätzig zu sein. Hat er Ihnen all das verraten?«
    Im Westen ging die Sonne unter; ein weiches, dämmriges Licht wärmte das Zimmer. Reggies Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Nein. Meine Informationen habe ich von einer anderen Person. Ohne ihre aufopferungsvolle Pflege wäre ich wohl meinen Wunden erlegen. Wenn wir fliehen, wird sie uns begleiten, denn ich werde nie eine andere lieben.«
    Krachend schlug Emersons Faust auf den Tisch, daß das Geschirr klapperte. »Zum Teufel! Ich wußte es! Schon wieder ein verdammtes junges Liebespärchen!«
     
    Nachdem Emerson sich wieder beruhigt hatte, fuhr Reggie mit seiner Geschichte fort – und sie ging ans Herz. Offenbar hatte man ihn zu Anfang ähnlich behandelt wie uns. Er war in einem sauberen, gut gelüfteten und sonnigen Zimmer erwacht und von einer der weißgewandeten Mägde gepflegt worden, die, wie ich schon sagte, in dieser Gesellschaft die Pflichten eines Arztes versahen. Frauen sind sehr empfänglich für gutaussehende, verwundete junge Männer. Also dauerte es nicht lange, bis die Dame sich überreden ließ, den Schleier abzulegen. Und wie Reggie es ausdrückte, genügte ihr bloßer Anblick, um sich in sie zu verlieben. Sprachliche Verständigungsschwierigkeiten haben für Liebende noch nie ein Hindernis dargestellt, und außerdem sprach die Magd ein wenig Englisch – genug, um ihn vor der Gefahr zu warnen, in der er schwebte, und um ihm seine verzweifelte Lage klarzumachen. »Sie hat ihr Leben riskiert, indem sie mir alles erzählte«, flüsterte Reggie, und Tränen traten in seine Augen. »Und sie hätte noch mehr für mich getan. Doch kurz darauf hatte ich meine letzte Auseinandersetzung mit dem Prinzen, und er befahl, mich in den Kerker werfen zu lassen. Nun, da ich frei bin …« Mit einem Zischlaut hielt er inne, als eine weißverhüllte Gestalt aus dem Schatten trat.
    »Ist das nicht Ihre Freundin?« fragte Emerson, wandte sich um und musterte das Mädchen neugierig.
    Reggie schüttelte den Kopf.
    »Zum Teufel, wenn man sie nur auseinanderhalten könnte«, meinte Emerson. »Aber sie sind von Kopf bis Fuß vermummt.«
    »Liebende Augen durchdringen die dichtesten Schleier, Emerson«, merkte ich an.
    Reggie versuchte, uns zum Schweigen zu bringen. »In Gegenwart der Mägde müssen Sie aufpassen, was Sie sagen. Viele von ihnen verstehen Englisch, und wenn sie vom Verrat meiner Liebsten erführen … es würde ihren Tod bedeuten. Nicht zu vergessen, auch den unsrigen.«
    »Die Mägde würden doch gewiß nicht eine Freundin, eine Schwester, anschwärzen«, flüsterte ich.
    »Sie begreifen nicht, was Aberglaube in den Köpfen primitiver Menschen anrichten kann«, sagte Reggie, was ihm ein verächtliches Schnauben von Emerson einbrachte. »Diese Mädchen wurden von Kindheit an im Glauben an ihre heidnischen Götter und für ihre Aufgabe erzogen. Sie sind Jungfrauen …«
    Er brach ab, als Mentarit (ich erkannte sie an ihrem Gang) näherkam, um die Lampen anzuzünden. Nachdem sie hinausgegangen war, fuhr Reggie fort. »Die Mägde sind alle von hoher Geburt; einige

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