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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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absichtlich getäuscht, obwohl ich mir dafür noch keinen Grund denken konnte.
    Nachdem ich diese Theorien im Geiste durchgegangen war, fühlte ich mich um einiges besser.
    Unserem Gast zu Ehren beschloß ich, statt meiner Hosen ein Gewand anzulegen. Ich hatte mein Bad gerade beendet, und die Damen trockneten mich ab, als Emerson den Kopf durch die Tür steckte. Seine finstere Miene erhellte sich beim Anblick dessen, was da vor sich ging.
    »Schick sie weg«, sagte er.
    »Aber Emerson, sie sind …«
    »Ich sehe, was sie tun.« Er bellte einen Befehl, der die Damen aus dem Raum stieben ließ, und griff nach einem frischen Leinenhandtuch.
    »Ich muß schon sagen, Peabody«, bemerkte er im Laufe der nun folgenden Aktivitäten, »du wirst mit der Zeit richtiggehend genußsüchtig. Soll ich dir ein paar Sklavinnen besorgen, wenn wir wieder in Kent sind?«
    »Im Augenblick kann ich über die Bedienung nicht klagen«, witzelte ich.
    »Das will ich hoffen«, murmelte Emerson. »Warum geraten wir immer in solche Situationen? Warum gelingt es mir nicht, einfach eine ganz gewöhnliche Ausgrabung durchzuführen?«
    »Mir kannst du unsere Lage nicht zum Vorwurf machen, Emerson. Und außerdem ist diesmal alles ganz anders als sonst.«
    »Es gibt aber einige Gemeinsamkeiten«, widersprach Emerson. »Zum Beispiel hast du die unselige Angewohnheit, Mitglieder des Adels anzulocken, nur daß es sich hier nicht um britische Aristokraten handelt.«
    Da er mich gleichzeitig mit Zärtlichkeitsbeweisen überschüttete, konnte ich ihm wegen seiner Rüge nicht böse sein. »Wenigstens ist diesmal kein junges Liebespärchen mit von der Partie, mein Schatz«, antwortete ich vergnügt.
    »Da muß ich dir recht geben«, meinte Emerson, »das ist auf jeden Fall ein Vorteil, Peabody, und ich bin auch sehr dankbar dafür. Außerdem hoffe ich, daß du das hier zu schätzen weißt …«
    Ich bestätigte ihm das auf angemessene Weise, doch schließlich mußte ich widerstrebend sagen: »Mein Liebling, ich glaube, ich sollte mich jetzt anziehen. Wir haben einen Gast. Hoffentlich hast du ein angemessenes Quartier für ihn aufgetan.«
    »Ich fand es angemessen«, erwiderte Emerson geheimnisvoll. »Was hältst du von seiner Geschichte?«
    Da ich annahm, daß er damit Reggies schockierende Aussage über Tarek meinte, erläuterte ich meine Theorien.
    »Hmmm«, brummte Emerson noch geheimnisvoller. »Wenn ich du wäre, würde ich Forthright gegenüber nicht so offen sein, Peabody. Erzähle ihm nichts von deinem mitternächtlichen Besucher und verteidige nicht Tareks Tugend.«
    Jetzt war mir alles klar. »Du hast Reggie von Anfang an nicht gemocht«, sagte ich, während ich Emerson gestattete, mich in mein Gewand zu hüllen und mir die Schärpe zu binden.
    »Das tut nichts zur Sache«, erwiderte Emerson. »Jedenfalls ist er mir noch eine Erklärung schuldig.«
    Wie sich herausstellte, verhielt es sich umgekehrt ebenso. Als Reggie sich zu uns in den Empfangssalon gesellte, stellte ich auf den ersten Blick fest, daß sich sein Äußeres zum Vorteil verändert hatte. Seine gebräunte Haut und sein flammend rotes Haar hoben sich von dem schneeweißen Gewand ab, und man hatte seinen Bart gewaschen, bis er leuchtete wie die untergehende Sonne. Allerdings machte sein sonst so offenes Gesicht einen verspannten Eindruck, und anstatt mit seinem Bericht fortzufahren, plauderte er über die Speisen und die Gegenstände auf dem Tisch wie ein neugieriger Tourist. Da mir einfiel, daß ihm die Anwesenheit der Diener vielleicht unangenehm war, schickte ich sie hinaus.
    »Nun können Sie ungehindert sprechen«, forderte ich ihn auf. »Aber Sie hatten recht mit Ihrer Vorsicht. Ich glaube, wir haben uns schon so an die Diener gewöhnt, daß wir sie kaum noch bemerken.«
    »Das habe ich auch schon festgestellt«, antwortete Reggie, wobei er meinem Blick auswich. »Sie scheinen sich hier ganz wie zu Hause und sehr wohl zu fühlen.«
    Emerson, der einen sechsten Sinn für mögliche Beleidigungen hat, verstand die Anspielung, bevor ich es tat. Klappernd ließ er den geschnitzten Hornlöffel fallen und fauchte: »Worauf wollen Sie hinaus, Mr. Forthright?«
    »Sie wünschen, daß ich offen spreche?« Die Wangen des jungen Mannes röteten sich. »Das werde ich tun, denn die hohe Kunst der Intrige habe ich nie gelernt. Vor lauter Freude über meine Freilassung und unser Wiedersehen bin ich unvorsichtig geworden. Doch inzwischen hatte ich Zeit, alles zu überdenken, und ich muß Ihnen in

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