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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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bog sofort in die Straße ein. Als ich ins Dorf hinunterblickte, bildete ich mir ein, es selbst aus dieser Entfernung riechen zu können. »Was hast du vor, Emerson? Wir haben kein Wort von … du-weißt-schon-wem gehört. Wenn Reggie wirklich eine … du-weißt-schon-was in die Wege leiten kann, sollten wir … äh … du weißt schon.«
    »Ich sehe nicht, wie wir das jetzt schon entscheiden sollen«, meinte Emerson. »Die Gleichung hat noch zu viele Unbekannte.«
    »Dann sollten wir sie lösen, Emerson.«
    »Genau das werde ich jetzt tun, Peabody.«
    »Und wohin gehen wir?«
    Emerson verlangsamte seinen Schritt und nahm meinen Arm. »Du klingst ein wenig außer Atem, meine Liebe. Bin ich zu schnell gelaufen? Wir werden Willie Forths Grab suchen.«
     
    Beim Weitergehen erklärte mir Emerson, was er von Murtek über die hiesigen Begräbnissitten erfahren hatte. Die Gräber waren alle in den Stein gehauen, da es wegen des Mangels an bebaubarem Land unpraktisch gewesen wäre, Pyramiden zu errichten. »Ein Wunder, daß diese Klippen noch nicht zusammengebrochen sind«, sagte Emerson. »Sie sind mit Gräbern, Tempeln und Lagerräumen durchlöchert wie ein Schweizer Käse. Die Friedhöfe sind natürlich den Königen und Adligen vorbehalten.«
    »Wie beerdigen die rekkit …«
    »Frag lieber nicht, Peabody.«
    »Oh.«
    »Es gibt einige dieser Friedhöfe«, fuhr Emerson fort. »Vor vielen Generationen legte man einen neuen auf dieser Seite des Tals an. Wenn Forth hier begraben ist, muß er dort bestattet sein. Als Ratgeber des Königs stand ihm wahrscheinlich ein recht ansehnliches Grabmal zu. Wenn wir es nicht finden, haben wir allen Grund, die Glaubwürdigkeit unserer Informanten in Frage zu stellen.«
    »Sehr klug, Emerson«, lobte ich. »Und während wir nach dem fraglichen Grab suchen, können wir Beobachtungen über die Begräbnissitten anstellen. Glücklicherweise habe ich Notizbuch und Bleistift mitgebracht.«
    Den Eingang zum Friedhof zu finden, war nicht schwer, denn er bestand aus dem riesigen, von Säulen gestützten Tor, das mir auf dem Weg zum Tempel aufgefallen war. In die abgeschrägten Seiten und die flache Schwelle waren Abbildungen der Begräbnisgottheiten eingehauen – Anubis, der schakalköpfige Gott der Friedhöfe, Osiris, der Herrscher des Totenreiches, und Ma’at, die Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit, gegen deren Feder das Herz des Verstorbenen beim Jüngsten Gericht aufgewogen wird. Zwar hatte man sich genau, ja sogar übertrieben an die traditionellen Vorgaben gehalten, aber die grobe Bildhauerarbeit bewies, daß von den künstlerischen Fähigkeiten des Altertums nicht mehr viel übriggeblieben war.
    Während wir die Reliefs betrachteten und erörterten, stand unsere Eskorte dabei und beobachtete uns mit unbehaglicher Miene. Allerdings behinderte uns niemand, bis wir uns anschickten, die Stufen hinter den Säulen hinaufzusteigen. Der junge Hauptmann sprang vor und versperrte uns den Weg. Aufgeregt redete er auf uns ein, und ich konnte die Wörter »verboten« und »heilig« verstehen. Emerson löste das Problem, indem er ihn beiseite schob und weiterging. Als ich mich umsah, entdeckte ich, daß sich die vier Männer wie schutzsuchend zusammendrängten. Sie blickten uns ängstlich nach und fuchtelten mit den Händen.
    Trotz des hellen Sonnenlichts und der brütenden Hitze herrschte eine düstere Atmosphäre. Wir begegneten keiner Menschenseele, bis wir eine gepflasterte Plattform erreichten, von der ab gewundene Pfade in alle Richtungen in die Klippen führten.
    Das Klappern unserer Stiefelabsätze auf der steinernen Treppe hatte den wachhabenden Priester wahrscheinlich an seinem Gehör zweifeln lassen. Eilig kam er aus dem kleinen Schrein am hinteren Ende der Plattform gestolpert. Bei unserem Anblick riß er die Augen auf, und der Mund blieb ihm offenstehen. Wahrscheinlich hatten wir ihn beim Gebet gestört, denn sein langes, weißes Gewand war zerknittert und staubig. Als sich das Sonnenlicht in den grauen Stoppeln seines kahlrasierten Schädels fing, leuchteten sie, als hätte er einen Heiligenschein.
    Emerson ließ ihm keine Zeit, sich von seiner Überraschung zu erholen. »Gut, daß Ihr hier seid«, verkündete er. »Wir sind gekommen, um unserem Freund und Landsmann, dem königlichen Ratgeber Forth, die letzte Ehre zu erweisen (wörtlich: Opfergaben darzubringen). Wo ist sein Grab (wörtlich: Haus der Ewigkeit)?«
    »Gut gemacht, Liebling«, meinte ich, als wir dem Pfad folgten, den

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