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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Absicht, ihrem Beispiel zu folgen, noch wollte ich Emerson die Erlaubnis dazu geben.
    Ein Schauder durchfuhr mich. Die Nachtluft war kalt, und unsere Zuschauer waren lautlos wie Schatten verschwunden. »Es ist spät«, sagte ich leise. »Sollen wir …«
    »Auf jeden Fall.« Emerson sprang auf.
    In diesem Augenblick durchschnitt ein merkwürdiges Jaulen die Stille. Ich fuhr zusammen. Emerson nahm lachend meine Hand. »Nur ein Schakal, Peabody. Beeil dich, ich habe ein plötzliches, dringendes Bedürfnis nach etwas, was ich nur von dir bekommen kann.«
    »Ach, Emerson«, fing ich an – aber zu mehr kam ich nicht, denn er zog mich in solcher Geschwindigkeit hinter sich her, daß mir die Luft wegblieb.
    Unsere Zelte standen in einem kleinen Tamariskenhain. Rundherum aufgestapelt lagen unsere Kisten und Taschen; Diebstahl ist bei diesen sogenannten primitiven Völkern so gut wie unbekannt, und zudem schreckte Emersons Ruf auch den hartgesottensten Langfinger ab. Deshalb war ich überrascht, als ich sah, daß sich etwas bewegte. Eine zierliche, weiße Gestalt schlüpfte mit unangenehm verstohlenen Bewegungen durch die Bäume.
    Emersons Augen sind nachts nicht so gut wie meine. Und vielleicht war er in Gedanken auch bei dem Thema, das er zuvor angesprochen hatte. Erst als ich: »Halt! Wer da?« oder etwas Ähnliches rief, entdeckte auch er den Geist – denn genau so sah die Gestalt aus, die so bleich und lautlos dahinglitt. Wie ein Mann (natürlich nur bildlich gesprochen) stürzten wir uns auf sie und warfen sie nieder.
    Eine nur allzu vertraute Stimme stieß einen Klagelaut aus. Laut fluchend erhob sich Emerson und stellte die Gestalt auf die Füße. Es war Ramses, der in dem weißen einheimischen Gewand, das er als Nachthemd trug, ziemlich gespenstisch wirkte.
    »Bist du verletzt, mein Junge?« fragte Emerson mit zitternder Stimme. »Habe ich dir weh getan?«
    Ramses blinzelte ihn an. »Ich bin mir sicher, daß es keine Absicht war, Papa. Darf ich fragen, warum du und Mama mich zu Boden geworfen habt?«
    »Eine vernünftige Frage«, gab Emerson zu. »Warum, Peabody?«
    Da mir beim Sturz die Luft weggeblieben war, konnte ich nicht sofort antworten. Emerson bemerkte meinen Zustand und half mir beim Aufstehen. Doch er nützte sofort aus, daß ich zum Schweigen gezwungen war, und fuhr fort: »Hoffentlich faßt du die Frage nicht als Kritik auf, Peabody, denn es ist nur die reine Neugier. Ich reagierte instinktiv, wie ich es immer tun werde, mein Liebling, wenn du meine Hilfe brauchst. Hast du etwas gesehen oder gehört, das meiner Aufmerksamkeit entgangen ist und ein so überstürztes Handeln notwendig machte?«
    Normalerweise hätte ich ihn für diesen feigen Versuch, mir die Schuld in die Schuhe zu schieben (das ist so typisch für das männliche Geschlecht, von Adam bis heute), getadelt. Doch um ehrlich zu sein, war ich genauso perplex wie er. »Nein, Emerson, das habe ich zugegebenermaßen nicht. Ich habe auch instinktiv reagiert, und ich kann nicht erklären, warum. Ich hatte ein sehr eigenartiges Gefühl – ich ahnte Gefahr …«
    »Schon gut«, sagte Emerson rasch. »Ich kenne deine Vorahnungen, Peabody, und ich ziehe es – bei allem Respekt – vor, nicht darüber zu reden.«
    »Aber es ist doch nur natürlich, daß ich mit dem Schlimmsten rechnete, als ich sah, wie sich jemand bei unseren Vorräten herumdrückte. Ramses hätte im Bett sein sollen. Ramses, was hattest du … Oh.«
    Die Antwort schien eindeutig. Ramses überraschte mich jedoch: »Du hast mich gerufen, Mama. Du hast gerufen, ich solle kommen, und ich habe selbstverständlich gehorcht.«
    »Ich habe dich nicht gerufen, Ramses.«
    »Aber ich habe doch deine Stimme gehört …«
    »Du hast geträumt«, sagte Emerson. »Ist das nicht rührend, Peabody? Er träumt von seiner Mama und gehorcht sogar im Schlaf ihren Anweisungen. Komm, mein Junge, ich bringe dich ins Bett.«
    Mit einem vielsagenden Blick auf mich schob er Ramses ins Zelt und folgte ihm. Ich wußte, er würde neben dem Jungen sitzen bleiben, bis er eingeschlafen war. Der Gedanke, jemand – besonders Ramses – könne uns hören, wenn wir einander tätlich unsere tiefe Liebe beweisen, wirkt hemmend auf Emerson. Anstatt mich zurückzuziehen und die diesbezüglichen Vorbereitungen zu treffen, blieb ich im Schatten der Bäume stehen und sah mich um. Das Mondlicht drang durch die Blätter und zeichnete silbrige Hieroglyphen auf den Boden. Die Nacht war nicht still, denn von der Garnison her

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