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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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»Stört es dich, wenn ich rauche, Peabody?«
    Eigentlich war ich keine Freundin von Tabakrauch, aber das sanfte Mondlicht und der Geruch riefen in mir liebevolle Erinnerungen an die Tage unseres Kennenlernens wach. Damals, als wir in den verlassenen Gräbern von Amarna mit der gespenstischen Mumie gekämpft hatten. »Nein, es stört mich nicht. Weißt du noch, damals in Amarna …?«
    »Als ich mich fast selbst in Brand gesetzt habe, weil ich vergaß, die Pfeife auszuklopfen, ehe ich sie in die Tasche steckte? Und du hast seelenruhig zugesehen, obwohl du genau wußtest …« Emerson fing an zu lachen. »Erinnerst du dich noch, als ich dich zum erstenmal geküßt habe? Flach auf dem Boden in diesem verdammten Grab, während ein Verrückter auf uns schoß? Nur die Erwartung, daß ich bald sterben müßte, gab mir den Mut, es zu tun. Ich dachte, daß du mich verabscheust.«
    »Ich erinnere mich an diesen Augenblick und an viele andere«, antwortete ich äußerst gerührt. »Glaube mir, Emerson, mein Liebling, ich bin mir vollauf bewußt, welch großes Glück ich gehabt habe. Von Anfang an bis jetzt war es traumhaft.«
    »Und das Beste kommt erst noch, meine liebe Peabody.«
    Seine kräftige, gebräunte Hand schloß sich um meine. Schweigend saßen wir da und betrachteten die silbrigen Wellen, die das Mondlicht auf die dunkle Wasserfläche des Flusses zauberte. So hell und klar war das Licht, daß man ziemlich weit sehen konnte. »Die Felsenformationen sind außergewöhnlich regelmäßig«, stellte ich fest. »Man könnte fast glauben, daß es sich um die Ruinen antiker Bauten handelt.«
    »Das ist durchaus möglich, Peabody. Was Ausgrabungen betrifft, ist so wenig geschehen, und es bleibt noch so viel zu tun … Meine Kollegen – zum Teufel mit ihnen – interessieren sich nur für Mumien, Schätze und eindrucksvolle Bauwerke. Der lange und mühsame Prozeß des Wissenserwerbs ist ihre Sache nicht. Und doch ist diese Gegend von großer Bedeutung für das Verständnis der ägyptischen Kultur. Nicht weit von hier befinden sich die Überreste einer Anlage, die einmal eine Festung oder ein Handelsposten oder beides gewesen sein muß; innerhalb ihrer gewaltigen Mauern wurden die exotischen Schätze aufbewahrt, die das ägyptische Imperium dem Pharao als Tribut zollte – Gold, Straußenfedern, Kristalle, Elfenbein und Leopardenfelle.« Mit dem Mundstück seiner Pfeife wies er auf das Mondlicht, das wie ein weißer Pfad den Fluß entlang quer über den Sand lief. »Dorthin reisten die Karawanen, Peabody: in die westliche Wüste, durch die Oasen zu einem Land, das in den alten Quellen Yam heißt. Eine dieser Karawanenstraßen ist möglicherweise von Elephantin – heute Assuan – nach Westen verlaufen. Von hier aus erstreckt sich auch eine Reihe von Wadis westwärts. Heute sind sie nichts weiter als ausgetrocknete Schluchten, aber sie wurden einst vom Wasser in den Boden gegraben. Vor dreitausend Jahren …«
    Er schwieg. Beim Anblick seines strengen, markanten Profils konnte ich auf einmal seine Begeisterung teilen. Denn er schien nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich gesehen in die Ferne zu blicken. Kein Wunder, daß er mit den tapferen Männern, die vor vielen Jahrhunderten der Wildnis getrotzt hatten, eine Seelenverwandtschaft empfand. Auch er besaß die so selten anzutreffende Mischung aus Mut und Vorstellungsgabe, die die edelsten Söhne (und Töchter) der Menschheit dazu bewegt, nur um des Wissens willen alles aufs Spiel zu setzen.
    Mit aller gebotenen Bescheidenheit kann ich meiner Meinung nach von mir behaupten, daß auch ich über diese Eigenschaften verfüge. Das Band der Liebe, das mich und meinen Gatten miteinander verbindet, verriet mir, woran er jetzt dachte: In jenen Fernen, so trügerisch kühl und silbrig, waren Willoughby Forth und seine schöne junge Braut auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
    Allerdings besitze ich neben Mut, Vorstellungsgabe und noch vielem mehr eine gehörige Portion gesunden Menschenverstand. Eine Zeitlang hatte auch ich – wie ich zugeben muß – mit dem romantischen Gedanken gespielt, mich auf die Suche nach dem verschollenen Entdecker zu begeben. Doch inzwischen hatte ich mit eigenen Augen gesehen, wie grauenhaft karg die westliche Wüste war. Ich hatte die sengende Hitze des Tages und die eisige Kälte der Nacht gespürt. Kein Mensch hätte in dieser verdorrten Einöde vierzehn Jahre lang überleben können. Willoughby Forth und seine Frau waren tot, und ich hatte weder die

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