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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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ist sowieso nicht mehr genug übrig, um … Ramses, was hast du uns zu erzählen?«
    »Eine ganze Menge, Papa«, erwiderte Ramses.
    »Das habe ich mir gedacht. Nun?«
    Ramses holte tief Luft. »Zuerst einmal kann ich mich überhaupt nicht daran erinnern, daß ich mein Zelt verlassen habe. Ich habe weder eine geheimnisvolle, dunkle Gestalt noch einen Kampf gesehen.«
    »Ha!« rief Emerson aus. »Dann hat Forthright gelogen.«
    »Das muß nicht sein, Papa. Vielleicht hat er die Heftigkeit des Kampfes übertrieben; ich habe festgestellt, daß Männer zu vielem fähig sind, wenn sie ihren Mut beweisen wollen. Ich wurde von etwas geweckt, was ich für einen Schrei hielt – eine Stimme, die verzweifelt nach mir rief. Ich hielt sie für Mamas Stimme und antwortete. Aber an das, was danach geschah, kann ich mich nur noch undeutlich erinnern. Ich weiß nichts weiter, als daß Mama mich bei den Schultern packte und mich schüttelte.«
    Wir hatten unser Zelt erreicht. Ich holte die überzähligen Decken heraus und machte für Ramses eine Art Nest neben unseren Schlafmatten zurecht. Ich wollte ihn schon einhüllen, aber er sträubte sich. »Noch etwas, Mama. Als du mich am Boden herumsuchen sahst …«
    »Wahrscheinlich hast du Detektiv gespielt. Eine sehr alberne Angewohnheit, Ramses. Du bist schließlich noch ein kleiner Junge. Du hättest das Mama und Papa überlassen sollen.«
    »Mir ist nur eingefallen, daß der Täter, falls er ein Indiz hinterlassen hat, möglicherweise vor Tagesanbruch zurückkommt, um es zu entfernen«, meinte Ramses.
    »Verbrecher sind nicht so unvorsichtig, Gegenstände, die den Verdacht auf sie lenken könnten, herumliegen zu lassen, Ramses. Du hast zu viele Romane gelesen.«
    »Bestimmt trifft das in den meisten Fällen zu, Mama. Aber dieser Verbrecher hat ein Beweisstück verloren. Ich nehme an, es wurde ihm während des Kampfes vom Kopf gerissen.«
    Aus den Falten seines weiten, weißen Nachthemds zog er einen Gegenstand, den er mir zur Überprüfung hinhielt. Es handelte sich um eine Mütze von mir wohlbekannter Machart, nur, daß dieses Exemplar um einiges sauberer war als diejenigen, die ich auf den Köpfen von Ägyptern gesehen hatte. In Nubien war diese Kopfbedeckung nicht so beliebt, denn hier bevorzugten die meisten Männer den Turban.
    »Hmmm«, brummte Emerson, während er die Mütze betrachtete. »Das Muster ähnelt dem, das ich in Luxor gesehen habe. Kann Forthright von seinem eigenen Diener angegriffen worden sein? Er ist ein unverschämter Bursche.«
    »Reggie hätte ihn sicherlich erkannt«, wandte ich kopfschüttelnd ein. »Von unseren Männern trägt keiner so ein Ding, doch ein schlauer Verbrecher könnte eine solche Kopfbedeckung als Verkleidung aufsetzen oder …«
    An dieser Stelle hielt ich inne und sah meinen Sohn argwöhnisch an. Dieser erwiderte meinen Blick mit einem so treuen und unschuldigen Augenaufschlag, daß es fast einem Geständnis gleichkam. Die Kunst der Verkleidung war eines von Ramses’ Steckenpferden. Zwar war er in der Praxis ein wenig eingeschränkt, da er sich aufgrund seiner Körpergröße mit jugendlichen Rollen begnügen mußte, doch ich hatte das unangenehme Gefühl, daß seine Fähigkeiten mit seiner Gestalt wachsen würden.
    »Ramses«, fing ich an, doch ehe ich weitersprechen konnte, zog Ramses einen weiteren eigenartigen Gegenstand hervor.
    »Das habe ich auch am Tatort gefunden, Mama. Meiner Ansicht nach ist es aufschlußreicher als die Mütze.«
    Emerson stieß einen erstickten Schrei aus und riß dem Knaben den Gegenstand aus der Hand. Auf den ersten Blick konnte ich nicht feststellen, warum er ihn so eindringlich musterte. Es handelte sich um einen Stiel, offenbar aus Schilf und nur wenige Zentimeter lang. Das schartige Ende wies darauf hin, daß man ihn von einem längeren Objekt abgebrochen hatte. Sein anderes Ende lief in ein Holzstückchen aus, in das ein stumpfer, abgerundeter Stein in der Form einer winzigen Keule eingelassen war. Wo das Holz am Schilf befestigt war, schmückte eine gelochte Bordüre den Schaft und hielt offenbar die beiden Teile zusammen.
    »Was zum Teufel …«, rief ich aus.
    Emerson schüttelte den Kopf, nicht verneinend, sondern erstaunt und ungläubig. »Es ist ein Pfeil oder vielmehr der Teil von einem.«
    »Aber er hat keine Spitze«, widersprach ich.
    »Das hier ist die Spitze.« Mit dem Fingernagel schnippte Emerson gegen den abgerundeten Stein. »Sie ist an diesem Stück Holz befestigt, und dieses wiederum

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