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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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aufzuheben. Es war bereits dunkel, doch nach unseren Maßstäben noch früh. Wie alle Menschen, die nicht über ausreichende Lichtquellen verfügen, begaben sich die Bewohner des Heiligen Berges früh zu Bett und standen bei Sonnenaufgang auf. Da ich ein wenig müde war, war ich froh, mich hinlegen zu können. Emerson schob sich einen Stuhl heran, und Ramses kuschelte sich ans Fußende des Bettes, räusperte sich und begann:
    »Mrs. Forth ist bald nach ihrer Ankunft hier gestorben. >Sie ging zum Gott<, wie Tarek es meiner Ansicht nach recht zartfühlend ausdrückte. Mr. Forth lebte noch viele Jahre lang. Tarek versicherte mir, daß er sich hier glücklich gefühlt und nicht fortgewollt habe.«
    »Ha!« rief ich aus. »Diese Aussage ist meiner Meinung nach mit Vorsicht zu genießen!«
    »Nicht unbedingt«, widersprach Ramses. »Möglicherweise schrieb er seinen Hilferuf am Anfang seiner Gefangenschaft.«
    »Und dann dauerte es ein Jahrzehnt, bis er weitergeleitet wurde?«
    »Es sind schon viel merkwürdigere Dinge geschehen«, meinte Emerson nachdenklich. »Die Nachricht muß geschrieben worden sein, als Mrs. Forth noch lebte. Vielleicht hat Forth später seine Meinung geändert.«
    »Das hat er«, antwortete Ramses. »Wenn ich bitte weitererzählen darf …«
    »Wie ist Mrs. Forth gestorben?« fragte ich.
    Die Worte sprudelten aus Ramses heraus: »Eines natürlichen Todes, wenn man Tarek glauben kann, und ich sehe keinen Grund, an seinen Worten zu zweifeln, denn er erzählte mir außerdem, Mr. Forth sei in den Rang eines Lehrers der königlichen Kinder erhoben worden. Von ihm haben Tarek und einige andere Englisch gelernt. Tarek sprach mit großer Zuneigung und sehr respektvoll von ihm.«
    Er hielt inne und holte tief Luft.
    »Das erklärt weder die Nachricht noch die Karte«, wandte ich ein. »Oder warum Tarek sich bei uns als Arbeiter verdingt hat. Was waren seine Gründe dafür, und weshalb brachte er uns hierher?«
    In gespielter Verzweiflung verdrehte Ramses die Augen. »Tarek konnte nicht frei sprechen. Nicht alle Anwesenden heute abend waren ihm treu ergeben. Er warnte mich aufzupassen, was wir sagen, und zitierte das Sprichwort: >Seine Zunge kann einen Mann ins Verderben bringen …<«
    »Ach – der Papyrus von Ani!« rief Emerson aus. »Wenn man sich vorstellt, daß dieses alte Buch der Weisheit so lange überlebt hat. Die Amonpriester, die am Ende der Zweiundzwanzigsten Dynastie aus Theben flohen, müssen es nach Kusch mitgebracht haben. Peabody, du kennst doch noch den Rest des Absatzes: >Öffne nie einem Fremden dein Herz …<«
    »Ich erinnere mich sehr gut daran. Ein ausgezeichneter Rat, aber ich glaube, Ramses gibt seiner theatralischen Neigung nach, wenn er das als Warnung auslegt.«
    Ramses machte ein entrüstetes Gesicht, doch ehe er widersprechen konnte, sprang sein Vater für ihn in die Bresche: »Meiner Meinung nach war der Satz so gemeint, wie Ramses ihn verstanden hat, Peabody. Wir sind mitten in einen politischen Machtkampf geraten. Tarek und sein Bruder streiten um den Thron …«
    »Der Gott wird entscheiden«, unterbrach ich. »Bestimmt hast du mitbekommen, was Murtek mir gesagt hat; du hast doch gehört, daß die Zeremonie bald stattfinden wird.«
    »Ja. Aber hoffentlich bist du nicht so naiv zu glauben, daß der Gott nicht bestechlich ist. Hinter den frommen Platitüden der Inschriften wie der von Thutmoses dem Dritten steckt die gleiche häßliche Wahrheit, die auch heute noch den Kampf um Macht und Ansehen bestimmt. In Ägypten waren die Hohepriester Amons die grauen Eminenzen hinter dem Thron, und irgendwann rissen sie die Macht an sich.«
    »Dann glaubst du …«
    »Ich glaube, daß Nastasen und Tarek beide König werden wollen«, sagte Emerson. »Und daß der Hohepriester des Aminreh …« Mit einem unterdrückten Fluch hielt er inne, als die Magd in der offenen Tür erschien.
    »Verdammt was will sie? Schick sie weg.«
    »Ich glaube, sie will mich ins Bett stecken«, antwortete ich, wobei ich ein Gähnen unterdrückte. »Schick du sie doch weg.«
    »Schon gut.« Emerson erhob sich seufzend. »Du mußt müde sein, Peabody. Es war ein interessanter Tag.«
    » So müde bin ich nun auch wieder nicht«, widersprach ich und sah ihm in die Augen.
    »Oh? Ja, aber …« Emerson räusperte sich. »Nun, äh – komm, Ramses. Gute Nacht, Peabody.«
    » Au revoir ,mein lieber Emerson.«
    Ich war zwar doch ein wenig müde, wollte aber noch nicht schlafen. Mein Gehirn arbeitete fieberhaft, und

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