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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Vorgehen gewarnt. Offensichtlich hatte der Arzt recht behalten.
    Als ich dann weiter über den Vorfall nachdachte, meinte ich, darin doch Grund zur Hoffnung zu erkennen. Vielleicht konnte man ihn als entscheidenden Fortschritt der Beziehung deuten, um deren Wiederherstellung ich mich – entsprechend der ärztlichen Anweisungen – bemühte. Inzwischen war Emerson mir gegenüber nicht mehr gleichgültig eingestellt – ich machte ihn wütend. Und nun nahm er mich zumindest soweit wahr, als er mir folgte und Risiken auf sich nahm, um mich zu retten. Daß er das gleiche für Abdullah oder jeden anderen der Männer getan hätte, räumte ich gern ein. Jedoch hätte ihn keine Erleichterung und kein Zorn der Welt dazu gebracht, sich Abdullah gegenüber so zu verhalten, wie er es bei mir getan hatte.
    Wie dem auch sei, der Kuß hatte vielleicht weniger zu bedeuten, als ich gehofft hatte. Wie ich sehr wohl wußte, ist Emerson ein heißblütiger Mensch. Die bloße Anwesenheit eines weiblichen Wesens, das zwar nicht unwiderstehlich schön zu nennen ist, aber immerhin von einigen Menschen als der Bewunderung wert befunden wurde, hatte vielleicht genügt, um bei einem Mann, der schließlich unter erheblicher, gefühlsmäßiger Anspannung stand, eine solche Reaktion auszulösen.
    Darf ich es wagen, die Wahrheit zu gestehen? Ich sehe keinen Grund, der dagegen spräche, denn diese Aufzeichnungen wird niemand zu Gesicht bekommen, bis ich einen dafür würdigen Verleger finde (ein Unterfangen, das sich als unerwartet schwierig erweist), und auch dann erst nach einer gründlichen Überarbeitung. Ich hoffte und betete, Emerson möge sein Gedächtnis wiederfinden, doch was ich in Wirklichkeit zurückhaben wollte, war seine Liebe zu mir, ganz gleich, ob auf dem Wege der Erinnerung oder dadurch, daß ich sie von neuem entfachte. Die Verschmelzung zweier aufrichtiger Seelen auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens und Achtung vor dem anderen (und auch einer weiteren Anziehungskraft, deren Bedeutung ich keineswegs leugnen möchte) waren für mich das wichtigste im Leben. Ich würde einen Weg finden, diese Liebe wiederzuerlangen, und mir war jedes Mittel recht. Möglicherweise würde es ein wenig schwierig werden, einem Mann, der einem vermeintlich zum erstenmal einen Heiratsantrag machte, zu erklären, daß er bereits einen elfjährigen Sohn hatte. Allerdings würde es einen noch größeren Schock für ihn bedeuten, Ramses ohne Vorwarnung gegenüberzutreten, anstatt sich nach und nach an ihn zu gewöhnen. Aber ich war bereit, mit noch größeren Schwierigkeiten als diesen fertig zu werden, wenn nur …
    So schwangen meine Empfindungen hin und her wie das Pendel einer Uhr, mal nach oben, dann wieder nach unten. Ich war so in meinen Gedanken und die Betrachtung von Emersons herrlich finsterer Miene versunken, daß ich Cyrus erst bemerkte, als ein sanftes Hüsteln mich aufblicken ließ.
    »Einen Penny für Ihre Gedanken«, sagte er. »Oder wieviel Sie dafür wollen. Ihrem Gesichtsausdruck nach scheinen Sie Kummer zu haben.«
    »Ich bin nur etwas durcheinander«, erwiderte ich.
    »Aber keine Sorge, Cyrus, ich sage Ihnen, was mir im Kopf herumgeht. Sobald Mohammed wieder sprechen kann, sind wir der Lösung unserer gegenwärtigen Schwierigkeiten vielleicht einen Schritt näher. Es ist schade, daß Nase und Mund die volle Wucht des Tritts abbekommen haben.«
    Emerson, der das Gespräch unverhohlen belauscht hatte, faßte das als weiteren, eindeutigen Vorwurf auf. Er blickte noch finsterer drein, erhob sich und stapfte davon.
    »Bleiben Sie in der Nähe«, rief ich. »Das Essen wird gleich aufgetragen.«
    Es folgte keine Antwort, nicht einmal ein Grunzen.
    »Ich habe etwas, das Sie vielleicht aufmuntert«, sagte Cyrus. »Mein Diener hat wie üblich die Post abgeholt und heute abend die eben eingetroffenen Briefe mitgebracht.«
    »Den ganzen weiten Weg?« Ich nahm das Päckchen, das er mir reichte. »Cyrus, Sie sind der fürsorglichste Mann, den es gibt.«
    »Nun, ich dachte, Sie sind vermutlich ganz versessen darauf, zu erfahren, was sich im guten alten England tut. Und ich selbst bin auch ein wenig neugierig, also …«
    »Natürlich habe ich keine Geheimnisse vor Ihnen, Cyrus. Aber das Abendessen wartet. Ich glaube, ich werde den Brief erst danach lesen, denn er scheint recht lang zu sein. Und außerdem fürchte ich, daß er mir den Appetit verderben könnte.«
    Aus Cyrus’ verwundertem Blick schloß ich, daß er dies für ein Beispiel

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