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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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für gewöhnliche Menschen nicht nachvollziehbar ist, aber nun verstehe auch ich ihn nicht mehr. Er führt etwas im Schilde – aber was?«
    Ich führte kein Selbstgespräch, sondern unterhielt mich mit Cyrus. Er hatte darauf bestanden, mich sofort nach dem Abendessen in meine Kabine zu begleiten. Da es keine weiteren Freiwilligen gab, nahm ich sein Angebot an, weil ich mich nicht ganz auf der Höhe fühlte.
    Er antwortete nicht sofort, weil er gerade damit beschäftigt war, die Tür zu öffnen, während er mich mit beiden Händen stützte.
    »Wenn Sie erlauben«, sagte ich und griff zum Türknauf. Cyrus’ tüchtiger Steward hatte die Kabine aufgeräumt und eine Lampe brennen lassen. Erst als Cyrus mich auf dem Bett absetzen wollte, entdeckte ich etwas, das mich aufschreien ließ. »Verdammt! Jemand hat meine Papiere durchwühlt!«
    Cyrus blickte sich in der Kabine um. Weil er ein Mann war, fiel ihm nichts Außergewöhnliches auf. »Der Steward …«, fing er an.
    »Er hätte keine Grund gehabt, die Schachtel zu öffnen, in der ich Briefe und persönliche Dokumente aufbewahre. Sehen Sie, dort an der Ecke ragt ein Stück Papier heraus. Ich hoffe, Sie würden mich nicht für so unordentlich halten! Reichen Sie mir bitte die Schachtel!«
    Es handelte sich um eine Kassette aus Metall, wie Anwälte sie benutzen. Ich hatte sie nicht abgeschlossen, weil sie zur Zeit nichts weiter als Briefe und meine Aufzeichnungen zum »Märchen vom Verwunschenen Prinzen« enthielt. Die Reibedrucke, die ich im Königsgrab angefertigt hatte, und meine Notizen zur Ausgrabung befanden sich in einer anderen Mappe.
    Rasch durchstöberte ich den Stapel Papiere. »Kein Zweifel«, sagte ich finster. »Er hat sich nicht einmal darum geschert, sie in der ursprünglichen Reihenfolge zurückzulegen. Entweder hat er keine Erfahrung als Einbrecher, oder es hat ihn nicht gekümmert, ob ich seine Tat entdecke.«
    »Fehlt etwas?« wollte Cyrus wissen.
    »Hiervon nicht. Äh … Cyrus, würde es Ihnen etwas ausmachen, sich kurz umzudrehen?«
    Er sah mich gekränkt und verwundert an, aber kam meinem Wunsch auf der Stelle nach. Das Rascheln der Bettlaken muß ihn vor Neugier ganz verrückt gemacht haben, denn seine Schultern zuckten unablässig. Als echter Gentleman verharrte er jedoch abgewandt, bis ich ihn bat, sich wieder umzudrehen.
    »Das ist noch merkwürdiger«, sagte ich stirnrunzelnd. »Es fehlt überhaupt nichts. Man könnte meinen …«
    »… daß ein erfahrener Dieb zuerst unter der Matratze nachsehen würde?« meinte Cyrus mit hochgezogenen Augenbrauen. »Ich will Sie nicht fragen, was Sie dort aufbewahren, Amelia, aber Sie könnten sicher ein besseres Versteck dafür finden. Machen Sie sich keine Sorgen. Beweist nicht der Umstand, daß Ihr Schatz, was immer das auch sein mag, nicht gestohlen wurde, daß es nur ein neugieriger Diener war, der Ihre Papiere durchwühlt hat?«
    »Es beweist mir nur, daß der Schurke noch finsterere Pläne hat, als ich mir gedacht habe; denn ich kann mir einfach nicht vorstellen, worauf er es abgesehen hat.« »Oh«, meinte Cyrus und kratzte sich am Kinn. Seine muskulöse Gestalt und die kantigen, männlichen Züge wirkten in diesem hübschen luxuriösen Raum gänzlich fehl am Platze. Ich bat ihn, sich zu setzen, und er ließ sich in unbequemer Haltung auf den Rand eines zerbrechlichen Stuhls nieder.
    »Es ist kein Wunder, daß Sie sich erbärmlich fühlen, meine Liebe«, sagte er. »Die meisten Männer wären nach einem solchen Erlebnis außer Gefecht gesetzt. Ich wünschte, Sie würden sich mehr schonen.«
    Ich überhörte diesen lächerlichen Vorschlag. »Da müßige Spekulationen über die Motive des Schurken nur Zeitverschwendung sind, lassen Sie mich auf das Thema Emerson zurückkommen. Er ist unglaublich selbstzufrieden, Cyrus. Und das ist ein schlechtes Zeichen. Das kann nur bedeuten, daß er einen Hinweis darauf hat, wer unser Feind ist oder wo er sich aufhält – und er muß es bereits gewußt haben, sonst hätte er nicht ausgerufen. ›Was bin ich doch für ein Narr!‹ Was kann das für ein Hinweis sein? Wenn Emerson darauf gekommen ist, müßte mir das auch möglich sein. Er sprach davon, mich nach Kairo zu bringen … Fremde im Zug … ärztliche Versorgung … Natürlich! Was bin ich doch für eine Närrin!«
    Der zierliche Stuhl ächzte bedenklich, als Cyrus seine Sitzhaltung änderte. Ich war zu aufgeregt, um dieses Anzeichen seines Unbehagens zu bemerken. »Jetzt denken Sie einmal mit, Cyrus!«

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