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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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läuft ständig hinter Nefret her und meint, sie solle sich anders kleiden und sich das Haar in Locken legen.
    Wilkins (unser früherer Butler, der nun bei Evelyn und Walter angestellt ist) fühlt sich seit unserer Ankunft nicht wohl. Er wirkt sehr nervös. Bei der kleinsten Kleinigkeit erschrickt er sich zu Tode. Als ich gestern den Löwen aus dem Käfig ließ …«
    Ich rutschte in der Wanne aus und geriet mit dem Kopf unter Wasser. Als ich prustend und nach Luft ringend wieder auftauchte, hatte Emerson bereits weitergelesen.
    »… keine Gefahr, denn wie ihr wißt, kenne ich den Löwen, seit er ein Junges war, und habe mich stets bemüht, mit ihm auf vertrautem Fuß zu bleiben, wann immer dies möglich war. Onkel Walter war nicht nervös, doch seine Bemerkungen waren äußerst herabsetzend, und er brummte mir zehn Seiten zusätzliche Übersetzung von Cäsar auf. Außerdem meinte er, er bedauere, daß ich für eine Tracht Prügel bereits zu alt sei. Er hat sich einverstanden erklärt, für den Löwen einen größeren Käfig bauen zu lassen.«
    Ich werde meinem geneigten Leser die ausführlichen Erörterungen von Ramses über das Wohlbefinden und die Gewohnheiten der übrigen Dienstboten ersparen (von der Vorliebe der Köchin für Gin wußte ich ebensowenig wie – so vermute ich – Evelyn). SIE hatte er sich für den Schluß aufgespart.
    »Ich glaube, seit unserer Ankunft hier hat sich ihre Gesundheit und auch ihre Stimmung gebessert, obgleich sie meines Dafürhaltens nach (wie ich später herausfand, hatte Ramses die letzten drei Worte ausgestrichen, doch Emerson las sie trotzdem mit) ihren Studien zuviel Zeit widmet. Inzwischen schließe ich mich Eurer Meinung an, daß mens sana in corpore sano eine gute Regel ist, und habe sie mir zu eigen gemacht. Zu diesem Zweck habe ich mit dem Bogenschießen angefangen, einer Sportart, die auch junge Damen betreiben können. Tante Evelyn hat mir zugestimmt, und Onkel Walter, der sehr entgegenkommend sein kann, wenn er will, hat die Zielscheiben für uns aufgestellt. Ich fand heraus, daß Nefret mit diesem Sport bereits vertraut ist. Sie hat sich bereit erklärt, ihn mir beizubringen. Als Gegenleistung bringe ich ihr Reiten und Fechten bei.«
    »Er kann ja gar nicht fechten«, rief ich entrüstet aus. »Ähem«, meinte Emerson nur.
    Ich beschloß, dieses Thema nicht weiter zu verfolgen.
    Ich hatte immer schon vermutet, daß Emerson heimlich Fechtstunden nahm, doch er gibt nie gern zu, daß er auf irgendeinem Gebiet Unterricht braucht. Sein ursprünglicher Beweggrund, diesen Sport zu erlernen, gereichte ihm nicht gerade zur Ehre, denn es war Eifersucht auf eine Person, die ihm nicht den geringsten Anlaß dazu bot. Allerdings muß ich gestehen, daß sich seine Fechtkünste später bei mehreren Gelegenheiten als nützlich erwiesen haben. Offenbar hatte er Ramses erlaubt, ebenfalls Unterricht zu nehmen. Er wußte, daß ich das nicht gebilligt hätte, denn die Vorstellung, daß Ramses mit einem langen, biegsamen und scharfen Gegenstand herumfuchtelte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.
    In zwei weiteren Absätzen schilderte Ramses weit ausführlicher als nötig, welchen Beschäftigungen Nefret nachging. Nachdem Emerson zu Ende vorgelesen hatte, meinte er mit törichtem, väterlichem Stolz: »Wie gut er schreibt. Ziemlich literarisch, wenn du mich fragst.«
    »Es klingt, als ob alles in Ordnung wäre«, erwiderte ich.
    »Reich’ mir doch bitte das Handtuch, Emerson.«
    Emerson reichte mir das Handtuch. Dann ging er wieder ins Wohnzimmer, um die übrige Post zu lesen.
    *
    »Also, wohin als nächstes?« wollte Emerson wissen, als wir abends beim Essen saßen. »Nach Luxor oder nach Amarna?«
    »Hast du Meidum schon gestrichen?«
    »Nein, überhaupt nicht. Aber ich glaube, wir sollten uns erst die anderen Möglichkeiten gründlich ansehen, ehe wir uns entscheiden.«
    »Sehr gut.«
    »Welchen Ort bevorzugst du?«
    »Das ist mir vollkommen gleichgültig.«
    Emerson starrte mich über den Rand der verzierten Speisekarte an, die der Ober ihm gereicht hatte. »Hast du dich über irgend etwas geärgert, Peabody? Über den Brief von Ramses vielleicht? Du hast kaum ein Wort zu mir gesagt, seit ich ihn vorgelesen habe.«
    »Welchen Grund könnte ich denn haben, um verärgert zu sein?«
    »Ich kann mir keinen denken.« Er wartete einen Augenblick. Als ich nicht antwortete, zuckte er die Schultern – es war eine dieser ärgerlichen männlichen Gesten, die das Verhalten einer Frau als

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