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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Springbrunnen, den er erwähnt hat. Die erste Straße links einbiegen.«
    Wir waren noch nicht weit gekommen, als die Gasse so eng wurde, daß man kaum noch nebeneinander gehen konnte. Es war, als würde man durch einen Tunnel laufen, denn die hohen, geheimnisvollen Fassaden der alten Häuser ragten zu beiden Seiten steil empor, und ihre vorspringenden Balkone berührten sich fast über unseren Köpfen. Mir war unbehaglich zumute. »Das kann nicht richtig sein, Emerson. Es ist hier sehr finster und schmutzig, und ich habe seit dem Springbrunnen keine Menschenseele mehr gesehen. Mr. McKenzie wohnt doch sicherlich nicht in einem solchen Elendsviertel.«
    »Es gibt hier keine architektonischen Klassenunterschiede; die Herrschaftshäuser der Reichen grenzen direkt an die Behausungen der Armen.« Doch in Emersons Stimme schwangen meine eigenen Zweifel mit. Er blieb stehen. »Laß uns umkehren. In der Nähe des Springbrunnens gab es ein Café, wir werden dort nach dem richtigen Weg fragen.«
    Es war zu spät. Die enge Gasse wurde nur durch eine Laterne erhellt, die ein Hausbesitzer in weiser Voraussicht über eine Tür gehängt hatte, die ein paar Schritte hinter uns lag; doch diese Laterne spendete genügend Licht, um im Schatten vor uns die bedrohlichen Schatten mehrerer Männer erkennen zu können. Ihre Turbane leuchteten fahl in der Dunkelheit.
    »Verdammt«, sagte Emerson ruhig. »Stell’ dich hinter mich, Peabody.«
    »Rücken an Rücken«, stimmte ich zu und nahm diese Stellung ein. »Zum Teufel, warum habe ich bloß meinen Gürtel mit den Werkzeugen nicht mitgenommen?«
    »Versuch’ mal, ob die Tür offen ist«, sagte Emerson.
    »Abgesperrt. Dort vorne sind noch mehr Männer«, fügte ich hinzu. »Mindestens zwei. Und ich habe nur einen zerbrechlichen Ausgehschirm für den Abend, der zu meinem Kleid paßt, nicht meinen gewöhnlichen.«
    »Du meine Güte!« rief Emerson aus. »Ohne deinen Schirm können wir uns ihnen auf offener Straße nicht stellen. Ein strategischer Rückzug wäre wohl angebracht.« Ganz unvermittelt schnellte er herum und trat mit dem Fuß gegen die Tür, die ich zu öffnen versucht hatte. Das Schloß gab krachend nach, und die Tür sprang auf; Emerson packte mich an der Taille und stieß mich hinein.
    Mein plötzliches Erscheinen löste erschreckte Schreie und Tumult aus. Die beiden Männer, die sich in dem Raum aufhielten, flohen und ließen ihre sanft vor sich hinblubbernde Wasserpfeife zurück. Emerson folgte mir und schlug die Tür hinter sich zu. »Die wird sie nicht lange aufhalten«, meinte er. »Das Türschloß ist zerbrochen, und es gibt hier kein Möbelstück, das schwer genug wäre, um es als Barrikade zu verwenden.«
    »Bestimmt ist hier noch ein anderer Ausgang.« Ich deutete auf die hinter einem Vorhang verborgene Tür, durch die die beiden Männer verschwunden waren.
    »Das werden wir überprüfen, wenn es nötig wird.« Mit beiden Schultern stemmte sich Emerson gegen die Tür. »Ich habe keine Lust auf weitere dunkle Gassen, obwohl ich mich auch nicht gern auf die Freundlichkeit von Fremden verlassen würde – insbesondere der Art von Fremden, die in einem Loch wie diesem hier leben. Laß uns überlegen, welche Möglichkeiten uns sonst noch bleiben, jetzt, wo wir eine Verschnaufpause …«
    Er hielt mitten im Satz inne, weil von draußen ein Laut durch die dünnen Bretter der Tür drang. Ich zuckte zusammen und Emerson fluchte. »Da hat eine Frau geschrien – oder schlimmer noch, ein Kind.«
    Ich klammerte mich an ihn. »Nein, Emerson! Geh nicht hinaus! Das könnte ein Trick sein.«
    Erneut war der Schrei zu hören – hoch, schrill, zitternd. Er steigerte sich zu einem falsettartigen Kreischen und verstummte dann schlagartig. Emerson versuchte sich aus meinem Griff zu befreien. Ich hielt ihn mit aller Kraft fest und warf mich mit meinem ganzen Gewicht gegen ihn.
    »Das ist ein Trick, glaube mir doch! Sie kennen dich, sie kennen deinen ritterlichen Charakter! Weil sie nicht wagen anzugreifen, wollen sie dich aus deinem Versteck locken. Das ist kein einfacher Raubüberfall; wir wurden absichtlich in die Irre geführt.«
    In Wirklichkeit klangen meine Worte nicht so gemessen, denn Emerson hatte mich grob an beiden Händen gepackt und versuchte unter Einsatz beträchtlicher Gewalt, sich von mir freizumachen. Erst als ich einen Schmerzensschrei ausstieß, ließ er locker.
    »Das Unglück, was immer es auch war, ist schon geschehen«, sagte er atemlos. »Sie ist jetzt still …

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