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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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– das kultivierte Land im Osten war natürlich für Gräber ungeeignet. Hilfskräfte hatten wir in Hülle und Fülle. Ich hatte niemals ernsthaft erwartet, mit Emerson allein zu sein; die Anwesenheit von Fremden lockt stets die Einheimischen an, die um Bakschisch bitten, Arbeit suchen oder einfach ihre Neugier befriedigen wollen. Als wir am ersten Tag beim Frühstück saßen, strömten sie herbei, und nachdem Emerson kurz mit ihnen gesprochen hatte, stellte er ein paar von ihnen ein. Sie sollten unter Abdullahs Anleitung arbeiten.
    Wie ich immer sage, kommt ein schönes tiefes Grab in meiner Wertschätzung gleich nach einer Pyramide. Im Umfeld sämtlicher Pyramiden gab es Friedhöfe – Gräber von Höflingen und Prinzen, Adeligen und hohen Beamten, die das Privileg erhalten hatten, die Ewigkeit in unmittelbarer Nähe zum Gottkönig verbringen zu dürfen, dem sie im Leben gedient hatten. Die Gräber aus dem Alten Königreich nannte man Mastabas – Bänke –, weil ihr Oberbau an die abgeflachten Bänke mit den schräg anstehenden Seiten erinnert, die man vor modernen ägyptischen Häusern findet. Die besagten Oberbauten, die aus Steinen oder Lehmziegeln bestanden, waren oftmals nicht mehr vorhanden oder zu formlosen Schutthaufen eingestürzt; doch an ihnen war ich sowieso nicht interessiert. Unter den Mastabas lagen Schächte und Treppen, die tief in das darunterliegende Felsgestein hinab zu der eigentlichen Grabkammer führten. Einige der reicheren Gräber verfügten über ein System von Gängen, das fast so herrlich dunkel, verschlungen und so voller Fledermäuse war wie in einer Pyramide.
    Emerson in seiner Güte erlaubte mir, in eines dieser Gräber hinabzusteigen (weil er wußte, daß ich es auf jeden Fall getan hätte). Die steile Eingangsrampe war mit Schutt übersät und nur einen Meter zwanzig hoch. Sie endete in einem Schacht, den ich nur mit Hilfe eines Seils hinabklettern konnte, das Selim hielt, der mir auf Emersons Drängen hin gefolgt war. Für gewöhnlich übertrage ich Selim solche Aufgaben, da er der jüngste und schlankste der von uns angelernten Männer war; man stieß stets auf Öffnungen, die zu eng für einen beleibten Menschen waren, und natürlich stellten die niedrigen Decken für hochgewachsene Zeitgenossen ein Problem dar. Emerson war nicht besonders angetan von Gräbern wie diesem; ständig stieß er sich den Kopf an und blieb in Öffnungen stecken.
    Doch ich darf mich von meiner Begeisterung nicht zu eingehenden Schilderungen hinreißen lassen, die die weniger Gebildeten unter meinen Lesern langweilen könnten und für die Geschichte, die ich erzählen will, eigentlich nicht von Bedeutung sind. Es genügt, wenn ich sage, daß ich kaum meine Begeisterung zügeln konnte, als ich schwer atmend (in den untersten Teilen eines solchen Grabes ist die Luft äußerst heiß und stickig) und übersät mit einer Art Paste aus Schweiß, Steinstaub und Fledermauskot wieder zum Vorschein kam.
    »Es war herrlich, Emerson! Sicher, die Wandgemälde sind von minderer Qualität, doch ich habe zwischen dem Schutt in der Grabkammer Reste von Holz und leinernen Wickeltüchern entdeckt. Ich bin sicher, wir sollten …« Emerson hatte am Eingang gewartet, um mich herauszuziehen. Nachdem er das getan hatte, wich er rasch und mit gerümpfter Nase zurück.
    »Nicht jetzt, Peabody. Diese Reise war nur zu Erkundungszwecken gedacht; wir haben weder die Mannschaft noch die Zeit für eine Ausgrabung. Warum amüsierst du dich nicht mit der Pyramide?«
    Das tat ich auch. Auf ihre Art war sie eine ganz hübsche Pyramide, auch wenn die Durchgänge nicht so weitläufig oder interessant waren wie die in den Monumenten von Gizeh und Dahshoor. Wie diese war sie von früheren Entdeckern geöffnet worden, die feststellten, daß man sämtliche Antiquitäten bereits geplündert hatte.
    Am Nachmittag des zweiten Tages bekam das, was sich allmählich zu einem kleinen Volksauflauf entwickelt hatte, zusätzliche Verstärkung – durch zwei, wie Emerson sie nennt, verfluchte Touristen. Er wurde jedoch ein wenig gnädiger, als einer der beiden sich als Herr Eberfeit vorstellte, ein deutscher Gelehrter, mit dem Emerson schon korrespondiert hatte. Eberfeit war die wandelnde Karikatur eines Preußen, er trug ein Monokel, war steif wie ein Brett und sehr förmlich in seinen Manieren. Herr Schmidt, der junge Mann, der ihn begleitete, war einer seiner Studenten – ein pummeliger, angenehmer Bursche, der ohne die häßliche Duellnarbe, die

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